Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
und – am aufregendsten von allem – nackte Frauen. Doch es war nicht die Nacktheit an sich, die atemlose Anwallungen von Lust in ihm auslöste. Bei einer Frau waren beispielsweise die Arme hinter den Rücken gefesselt, und nur eine schwarze Kröte, auf ihre Genitalien geklatscht, bedeckte ihre Scham. Sie war eine Hexe und würde bald brennen. Bilder wie diese waren es, die diese intensive, beinahe unerträgliche Aufregung in ihm auslösten.
Franco brachte alles in Erfahrung über den historischen Hintergrund von Boschs Gemälden. Über den wütenden Weiberhass der katholischen Kirche während des fünfzehnten Jahrhunderts. Über die Hexenbulle Papst Innozenz’ VIII., das Dokument von allerhöchster Stelle, das die Verfolgung, Folterung und Ermordung von Frauen billigte, die auch nur entfernt verdächtig waren, mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Er studierte den Malleus Malificarum, den Hexenhammer, das offizielle Folterhandbuch der Inquisition und die Bibel derer, die Gott dadurch dienten, dass sie in Blut badeten. Es erzeugte in dem jungen Franco den gleichen namenlosen Horror vor der weiblichen Sexualität, der den gesamten mittelalterlichen Christusglauben durchdrungen hatte. Eine Frau, die sich dem Sex hingab, die ihn genoss und die nicht einfach nur dalag, musste mit dem Teufel im Bunde sein. Was bedeutete, dass sie sterben musste. Auf grauenvolle Weise. Und das war der Teil, der ihm am besten gefiel.
Franco wurde zum Experten für die gesamte blutige Vergangenheit der katholischen Inquisition und der Kirche, die sie hervorgebracht hatte. Während andere die prachtvollen, von der Kirche in Auftrag gegebenen Kunstwerke eines Botticelli oder Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle bewunderten, weidete sich Franco an der Tatsache, dass die Kirche in der gleichen Zeit mit päpstlichem Segen in Europa unzählige Frauen auf den Scheiterhaufen verbrannt hatte.
Je mehr er herausfand, desto überzeugter war er, dass der katholische Glaube bedeutete, stillschweigend oder offen für Jahrhunderte systematischer und hemmungsloser Massenmorde, der Kriege, der Unterdrückung, Folter und Korruption einzutreten. Franco hatte seine spirituelle Berufung gefunden, und er war überglücklich ob dieser Tatsache.
Dann, im Jahre 1977, kam die Zeit für Franco, die ihm versprochene Frau zu ehelichen, eine Tochter des einheimischen Waffenschmieds. Er willigte nur zögernd in die Hochzeit mit Maria ein und tat es auch nur, um seine Eltern zufriedenzustellen.
In seiner Hochzeitsnacht fand er heraus, dass er vollkommen impotent war. Damals hatte ihm das kein Kopfzerbrechen bereitet. Es hatte ihn nie gekümmert, dass er noch jungfräulich war, weil er bereits wusste, dass ihm nur eine Sache wirkliche Freude bereitete – anderen mit seinem Messer Schmerz zuzufügen. Das war es, was ihn antrieb und ihm das Gefühl von Macht verschuf. Weibliches Fleisch vermochte ihn nicht zu locken.
Doch als die Wochen zu Monaten wurden und er weiterhin kein Interesse an Maria zeigte, begann sie, ihn zu verspotten. Eines Nachts ging sie zu weit. «Ich gehe jetzt aus und suche mir einen richtigen Mann!», schrie sie ihn an. «Und dann werden alle erfahren, dass mein Ehemann nichts weiter ist als ein nutzloser Castrato !»
Franco war schon mit zwanzig Jahren sehr muskulös gewesen. Wutentbrannt packte er Maria bei den Haaren und zerrte sie ins Schlafzimmer, wo er sie brutal auf das Bett stieß, sie halb bewusstlos prügelte und sich dann mit dem Messer an ihr vergnügte.
In jener Nacht machte Franco eine Entdeckung, die sein Leben veränderte: dass der Leib einer Frau ihm doch Erregung verschaffen konnte. Er selbst rührte Maria nicht an. Nur die Klinge tat ihr Werk. Er ließ Maria an das Bett gefesselt liegen, verstümmelt und für immer entstellt. Noch in der gleichen Nacht floh er aus seinem Dorf. Marias Vater und ihre Brüder schworen ihm Rache und machten sich an die Verfolgung.
Franco war noch nie im Leben weiter als ein paar Kilometer aus seinem Dorf herausgekommen. Es dauerte nicht lange, bis er sich völlig verirrt hatte. Er war irgendwo in Sardinien, völlig mittellos und hungrig, auf dem Lande gestrandet. Es kam, wie es kommen musste: Eines Nachts fand ihn Marias älterer Bruder Salvatore. Er sah, wie Franco vor einer Bar in der Nähe von Cagliari um Essen bettelte. Er schlich sich von hinten an den Ahnungslosen heran und stach ihm ein Messer in den Hals.
Ein schwächerer Mann wäre daraufhin zusammengebrochen und gestorben,
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