Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
ist, dass dieses Zimmer benutzt wurde, um einen Kranken zu beherbergen. Es sind sicher fünf oder sechs Jahre her, seit die letzte verwundete Seele sich in unsere Gemeinde verirrt hat.»
«Sie sprechen von Klaus Rheinfeld, habe ich recht?»
Vater Pascal erstarrte mitten in der Bewegung und musterte Roberta mit einem durchdringenden Blick.
«Er schläft», murmelte der Geistliche, als er die Treppe heruntergekommen war. «Wir lassen ihn für eine Weile in Ruhe.»
Roberta hatte gebadet und fühlte sich erfrischt. Sie trug die Sachen, die Marie-Claire ihr gegeben hatte. «Ich danke Ihnen nochmals für Ihre Hilfe», sagte sie. «Ich weiß nicht, was wir ohne Sie getan hätten …»
Der alte Priester lächelte. «Du musst dich nicht bedanken, meine Tochter. Komm, lass uns etwas essen. Du musst halb verhungert sein.»
Marie-Claire hatte eine einfache Mahlzeit zubereitet – Suppe, Brot, ein Glas Wein, den sie selbst anbauten. Sie aßen schweigend; die einzigen Geräusche waren das Zirpen der Grillen draußen auf den Feldern und das Bellen eines Hundes in der Ferne. Von Zeit zu Zeit erhob sich der Priester und warf ein neues Scheit auf das Feuer im Kamin.
Nachdem sie alle fertig waren, räumte Marie-Claire den Tisch ab. Dann wünschte sie ihnen eine gute Nacht, bevor sie sich in ihr eigenes Haus auf der anderen Seite der Straße zurückzog. Der Priester schaltete die Deckenlampe aus, sodass das warme, flackernde Licht des Kaminfeuers die einzige Beleuchtung war. Er lud Roberta ein, auf einem Lehnsessel neben dem Kamin Platz zu nehmen, setzte sich selbst in einen Schaukelstuhl ihr gegenüber und steckte sich eine langstielige Pfeife an. «Ich denke, es gibt einige Dinge, über die wir reden sollten, meine Tochter.»
«Es ist eine lange und sehr merkwürdige Geschichte, Pater, und ich weiß nicht einmal genau, was dahintersteckt. Aber ich will versuchen, Ihnen die Situation zu erklären, so gut ich kann.»
Sie berichtete ihm, was sie über Bens Auftrag wusste, von der Gefahr, in der er seither schwebte, von den Dingen, die ihnen widerfahren waren, und von ihren Ängsten. Ihre Schilderung war stockend und zusammenhanglos. Sie war furchtbar müde, und ihr tat jeder einzelne Knochen weh.
«Jetzt verstehe ich auch euer Zögern, einen Arzt aufzusuchen», sagte der Priester. «Ihr fürchtet, man könnte euch verraten und fälschlicherweise dieser Verbrechen anklagen.» Er warf einen Blick auf die Wanduhr. «Mein Kind, es ist spät. Du bist erschöpft und solltest dich ausruhen. Du wirst hier auf dem Sofa schlafen. Es ist sehr bequem. Ich habe dir Bettzeug nach unten gebracht.»
«Danke sehr, Pater. Ich bin wirklich erschöpft. Aber wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich lieber oben bei Ben sitzen.»
Er berührte ihre Schulter. «Du bist eine loyale Gefährtin, meine Tochter. Du magst ihn sehr.»
Sie schwieg. Die Worte hatten sie eigenartig berührt.
«Aber ich werde oben bei ihm sitzen und wachen, während du dich ausruhst», fuhr der Priester fort. «Ich habe heute nicht viel getan – nur meine Hühner versorgt, Arabelle gemolken, Gott segne die liebe Kreatur, und mir zwei Beichten angehört.» Er lächelte sie an.
Pascal Cambriel saß bis tief in die Nacht am Bett des Kranken und las im Kerzenlicht in seiner Bibel, während sich Ben unruhig hin und her warf. Einmal, gegen vier Uhr morgens, schrak er aus dem Schlaf hoch. «Wo bin ich?»
«Bei Freunden, Benedict», antwortete der Priester. Er streichelte Bens kalte Stirn und drückte ihn behutsam zurück ins Bett. «Schlaf, mein Sohn. Du bist in Sicherheit. Ich werde für dich beten.»
Kapitel 35
Ben versuchte, die Beine aus dem Bett zu schwingen. Er hatte lange genug gelegen.
Es war ein schwieriges Unterfangen, es gelang ihm nur Zentimeter um Zentimeter. Die verletzten Muskeln schmerzten beinahe unerträglich. Er biss die Zähne zusammen, als er behutsam die Füße auf den Boden stellte und sich erhob. Sein Hemd war gewaschen worden und hing ordentlich über einem Stuhl. Er benötigte lange Zeit, um sich anzuziehen.
Durch das Fenster sah er die Dächer des Dorfes und die Hügel und Berge dahinter, die sich in den klaren blauen Himmel erhoben. Er verfluchte sich innerlich dafür, dass er sich in diese Situation hatte treiben lassen. Er hatte die Gefahr unterschätzt, die mit dem Auftrag verbunden war, gleich von Anfang an. Und jetzt steckte er hier fest, in diesem abgelegenen Dorf. Er war kaum imstande, sich zu rühren oder irgendetwas Sinnvolles
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