Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
Wasser.
Plötzlich versteifte sie sich. Was war das für ein Geräusch von unten? Sie drehte die Wasserhähne zu und lauschte mit geneigtem Kopf. Wahrscheinlich die Wasserrohre. Sie drehte das Wasser wieder auf und schnalzte ärgerlich mit der Zunge wegen ihrer Nervosität.
Gerade als sie in die Wanne steigen wollte, vernahm sie es erneut.
Sie streifte sich den Bademantel über, knotete den Gürtel zu und schlich durch das Schlafzimmer nach draußen auf den Treppenabsatz. Dort verharrte sie reglos und mit gerunzelter Stirn.
Nichts.
Aber sie hatte definitiv etwas gehört. Leise nahm sie die ägyptische Bronzestatue des Anubis von ihrem Holzsockel auf dem Treppenabsatz. Sie wog die schwere Nachbildung des schakalköpfigen Gottes wie einen Schläger in der Hand, während sie mit nackten Füßen die Treppe hinuntertappte. Ihr Atem ging schneller. Ihre Knöchel waren weiß, so fest hielt sie die Bronzestatue gepackt. Die dunkle Halle unten erschien mit jedem Schritt bedrohlicher. Wenn es ihr gelang, den Lichtschalter zu erreichen …
Da war es wieder. Das gleiche Geräusch.
«Wer ist da?» Sie hatte stark und selbstbewusst klingen wollen, doch es kam heraus wie ein zittriges Piepsen.
Das laute Klopfen an der Haustür ließ sie zusammenfahren. Sie ächzte, und das Herz hämmerte ihr bis zum Hals. «Wer ist da?»
«Anna?», sagte eine Stimme draußen vor der Tür. «Ich bin es, Édouard.»
Fast wurde ihr schwindlig vor Erleichterung. Ihre Schultern sackten herab, und die Hand mit der Anubisstatue hing schlaff an ihrer Seite. Sie rannte zur Tür und ließ Legrand herein.
Édouard Legrand hatte kein derart freundliches Willkommen erwartet, nachdem sie ihn am Telefon mehrmals glatt abgewürgt hatte. Er war angenehm überrascht, als sie ihn ins Haus bat.
«Was wollen Sie mit diesem Ding?», fragte er lächelnd und deutete auf die Statue in ihrer Hand.
Plötzlich fühlte sie sich verlegen, und sie stellte die Statue hastig auf einen Tisch. «Ich hatte mich furchtbar erschreckt», antwortete sie, legte die Hand auf ihr immer noch wild schlagendes Herz und schloss die Augen. «Ich hatte merkwürdige Geräusche gehört.»
Er lachte. «Ah, diese alten Häuser sind voller merkwürdiger Geräusche. Bei mir ist es ganz genauso. Wahrscheinlich war es nur eine Maus. Es ist erstaunlich, welchen Lärm so ein winziges Tier machen kann.»
«Nein, ich hatte Sie gehört», widersprach sie. «Bitte verzeihen Sie, wenn ich ein wenig fassungslos erscheine.»
«Nein, bitte verzeihen Sie mir, Anna. Ich wollte Sie nicht erschrecken.» Er blickte auf ihren Morgenmantel und fügte hinzu: «Ich hoffe doch, Sie haben noch nicht geschlafen?»
Sie lächelte und entspannte sich ein wenig. «Offen gestanden wollte ich soeben ein Bad nehmen. Vielleicht machen Sie sich einen Drink, und ich bin in fünf Minuten unten bei Ihnen.»
«Bitte, nur keine Hektik. Ich kann auch länger warten.»
Verdammt , dachte sie auf dem Rückweg in ihr dampfendes Badezimmer. So, wie sie ihn hereingebeten hatte, machte er sich am Ende wieder falsche Hoffnungen. So viel zum Thema zweideutige Signale.
Es war nicht so, dass sie Édouard Legrand nicht mochte. Er war nicht völlig uncharmant. Er sah auch nicht schlecht aus, ganz und gar nicht. Trotzdem, nicht in einer Million Jahren hätte sie die Gefühle erwidern können, die er ihr offensichtlich entgegenbrachte. Er hatte etwas an sich, das sie nicht in Worte fassen konnte, etwas, das Unbehagen in ihr weckte, wenn er in ihrer Nähe war. Sie musste ihn so behutsam wie möglich loswerden, aber auch rasch und entschlossen, bevor er auf falsche Gedanken kam. Der arme Édouard. Schuldgefühle stiegen in ihr auf.
Unten im Wohnzimmer marschierte Édouard auf und ab und ging die Ansprache durch, die er vorbereitet hatte. Dann fielen ihm der Champagner und die Blumen ein, die er im Wagen gelassen hatte, um nicht zu aufdringlich an der Tür zu erscheinen, wie ein liebeskranker Freier voller Erwartungen. Doch da sie ihn ohne Protest eingelassen hatte und sich offensichtlich an seiner Gesellschaft erfreute, war der Zeitpunkt gekommen, beides zu präsentieren. Wo war die Küche? Vielleicht blieb ihm genügend Zeit, um die Flasche ein paar Minuten ins Eisfach zu legen und zu kühlen, während sie badete. Oh, es würde ein perfekter Abend werden. Und wer konnte schon sagen, wohin er führte? Édouard zitterte vor Aufregung, als er nach draußen zum Wagen ging.
Anna stieg aus der Badewanne, trocknete sich ab und schlüpfte in
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