Das ganze gleich nochmal
strahlenden Lächeln, das sie jeder einzelnen schenkte, verkrampfte er sich innerlich.
Und dann waren da noch die Männer. Gabe war beim Friseur gewesen und trug ein blütenweißes Hemd, und er hatte Carley den Stuhl zurechtgerückt. Frank Silva, der Psychologe, ergatterte den Stuhl neben ihr und berührte jedes Mal ihre Hände, wenn Essen weitergereicht wurde. Und Lloyd, der alte Koch mit den gelben Zähnen, servierte ihr zuerst und blieb dann fasziniert neben ihr stehen, bis alle zu lachen begannen.
Houston lagen der Jalapeño-Salat und der Ärger über seine unerklärlichen Gefühle für Carley so schwer im Magen, dass er überlegte, ob er gehen sollte. Vielleicht war es besser, er zog sich zurück und überdachte die Ereignisse des Tages und ihre Auswirkungen auf ihn.
“Das Essen war großartig, Lloyd”, lobte Carley, während der Koch eine Schale mit Pfirsicheiscreme vor ihr auf den Tisch stellte, wie ein Jugendlicher grinste und sich die Hände an der Schürze abwischte.
Sie reagierte mit einem niedlichen Augenaufschlag. “Welches Gewürz haben Sie eigentlich für das gebratene Huhn verwendet? Es hat herrlich geschmeckt.”
“Ach, das war nur mein Rosmarinhühnchen. Freut mich, dass es Ihnen geschmeckt hat. Vielleicht koche ich morgen Abend für Sie was wirklich Besonderes.”
“Meine Mutter sagte stets”, bemerkte Gabe, “dass Rosmarin ein Symbol für Erinnerung und Treue ist.”
Carley lächelte auch ihm zu, sah dann Houston an und wurde sofort traurig.
Das baute ihn nun wirklich nicht auf.
Frank Silva, der sich mit über vierzig zum Narren machte, winkte ab, als Lloyd ihm Nachtisch anbot, und bemühte sich stattdessen um Carley. “Wie ist denn Ihr erster Tag im Rio Grande Valley gelaufen? Glauben Sie, dass Sie sich bei uns eingewöhnen werden?”
“So eine Landschaft wie hier habe ich noch nie gesehen. Alles ist flach. Gibt es denn gar keine Berge?”
Frank, der sein Haar über die kahle Stelle am Kopf gekämmt hatte, lächelte. “Nein. Früher war diese Gegend Überschwemmungsgebiet für den Rio Grande. Durch die Dämme flussaufwärts wurde er allerdings gezähmt.” Frank drückte Carley die Hand. “Mal abgesehen von der Landschaft – wie finden Sie die Menschen? Gibt es jemanden, den Sie gern näher kennenlernen würden?”
Houston wäre aufgesprungen, hätte er sich nicht gewaltig zusammengenommen und hätte Carley ihre Hand nicht zurückgezogen.
“Alle waren sehr nett zu uns. Allerdings verstehe ich nicht alles. Bisher habe ich es nicht erlebt, dass sogar Amerikaner einen Satz auf Spanisch anfangen.”
Die Leute am Tisch lachten und nickten ihrer neuen Kollegin zu. Houston konnte nur auf den obersten Knopf ihrer weißen Bluse starren. Er war nicht geschlossen, und die Haut an Carleys Hals zog seinen Blick magisch an.
“Das nennt man Tex-Mex, Carley”, erwiderte Gabe amüsiert. “Bei uns an der Grenze ist vieles anders als anderswo.”
“Entschuldigung.” Rosie war mit Carleys Kind auf den Armen in der Tür erschienen und zögerte, zu den Erwachsenen hereinzukommen.
Carley sprang sofort auf und nahm dem Mädchen das Kind ab. “Ist alles in Ordnung?”
“Aber ja, Ma’am”, versicherte Rosie. “Es ist nur schon ziemlich spät, und ich wollte fragen, ob ich Cami schlafen legen soll.”
Carley drehte sich mit der Kleinen zu den Leuten am Tisch um. “Für alle, die sie noch nicht kennen – das ist meine Tochter Cami.”
Die Kleine lachte fröhlich den Erwachsenen zu, die sie eingehend musterten.
“Entschuldigt uns einen Moment. Ich bringe nur Cami ins Bett und gebe Rosie einige Tipps.” Carley verließ mit dem Mädchen und ihrem Kind den Raum.
Houston starrte auf seine Schale mit Eiscreme. Der Appetit war ihm gründlich vergangen. Als er den Löffel aus der Hand legte, war es eindeutig zu still im Raum. Er blickte hoch und fand sämtliche Blicke auf sich gerichtet.
“Was ist?”, fragte er betroffen. “Habe ich etwas falsch gemacht?”
Gabe räusperte sich. “Nein, mein Sohn, Sie haben nichts falsch gemacht. Es ist schon spät.” Er stand auf. “Und ich möchte noch kurz mit Carley sprechen, bevor ich mich hinlege. Das Essen war wirklich großartig, Lloyd”, sagte er zum Koch.
Die anderen richteten sich nach dem Heimleiter, bedankten sich bei Lloyd und wünschten einander eine gute Nacht. Houston war neugierig, was eben los gewesen war. Andererseits war er froh, endlich allein zu sein und nicht mehr angestarrt zu werden. Er stand auf, streckte sich und
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