Das ganze gleich nochmal
heimzahlen, den Sie Witt zugefügt haben. Also, bewegen Sie sich lieber nicht!”
Carley holte tief Atem und seufzte. Die letzten vierundzwanzig Stunden waren die reinste Tortur gewesen. Sie war kaum zur Ruhe gekommen und hatte so viele Fragen von Reid, Gabe und den anderen auf der Ranch beantwortet, dass ihr die Kehle und der Kopf schmerzten.
Carley war jetzt in ihrem Zimmer im ersten Stock und hätte sich am liebsten aufs Bett fallen lassen. Sie musste packen und mit Cami die Ranch verlassen.
Noch schlimmer war, dass sie noch keine Gelegenheit gehabt hatte, mit Houston zu sprechen.
Nein, sie musste daran denken, dass er nicht mehr Houston war. Nie wieder konnte sie mit Houston Smith sprechen. Man hatte Witt Davidson zur Beobachtung ins nächste psychiatrische Krankenhaus gebracht.
Wegen der Gesundheit machte Carley sich um Witt keine Sorgen. Sie wusste, dass er hart im Nehmen war. Sie zermarterte sich allerdings den Kopf, wie sie mit ihm sprechen sollte, nachdem er zu seinem früheren Ich zurückgefunden hatte.
Sie fühlte sich absolut elend. Sie und Houston waren bereits einer Beziehung, für die sie alles aufgegeben hätte, nahe gewesen. Jetzt bekam sie keine Chance mehr, ihm zu sagen, dass sie ihn liebte. Diesen Mann gab es nicht mehr.
Carley seufzte tief und nahm sich zusammen, um nicht hemmungslos zu weinen. Houston war für immer fort. Nie wieder würde er die Arme um sie legen. Für immer verloren war auch das herrliche Gefühl, wie ein kostbares Juwel behandelt zu werden.
Sie strich sich über die feuchten Wangen und erinnerte sich daran, wie vorsichtig er sie beim ersten Zusammentreffen betrachtet hatte. Andere Bilder von ihnen beiden tauchten gegen ihren Willen auf, Bilder von Houston, wie er Cami auf der Stute festhielt, wie er sich über sie, Carley, schob und ihre nackte Haut streichelte.
Wie sollte sie Witt das alles bloß erklären?
“Mom.” Cami tappte wackelig auf sie zu und hielt sich an ihrem Bein fest. “Besser?”
Carley drückte ihre Tochter fest an sich. “Es kommt alles in Ordnung, Cami. Deine Mom steht das durch. Für dich.” Kopfschüttelnd öffnete sie eine Schublade der Kommode und holte eine von Camis Lieblingspuppen heraus. “Hier, mein Schatz. Spiel mit Samantha, während Mommy schon packt.”
Sie reichte der Kleinen die Puppe sowie Puppenkleider, schniefte betrübt und hoffte, Cami würde spielen und sie arbeiten lassen, damit sie morgen nicht mehr so viel zu tun hatte.
Während sie den Koffer aus dem Schrank holte, schwor sie sich, Witt sofort bei seiner Rückkehr die Wahrheit über Cami zu sagen. Da er nun wieder er selbst war, wollte er wahrscheinlich keine Verantwortung für ein Kind übernehmen. Außerdem konnte sie nicht mit einem Mann zusammenleben, den sie nicht liebte.
Bei der Ankunft auf der Ranch war sie überzeugt gewesen, Witt zu lieben. Sie hatte geglaubt, ihn dazu bringen zu können, sich an alles zu erinnern und sie auch zu lieben. Dabei hatte sie gar nicht gewusst, was wahre Liebe war, bis sie Houston näher kennengelernt hatte. Liebe, die einen ganz erfüllt und die ewig andauert.
Witt war allerdings ein anständiger Mann. Bestimmt würde er seine Tochter finanziell unterstützen, bis sie erwachsen war, und sie regelmäßig besuchen.
Sie wischte sich über die Augen, weil sie doch nicht alle Tränen unterdrücken konnte. Houston fehlte ihr schon jetzt. Er hatte einen festen Platz in ihrem Herzen, und sie wollte keinen anderen. Nie wieder würde sie sich damit zufriedengeben, von einem Mann dermaßen oberflächlich behandelt zu werden wie von Witt Davidson.
Sie wollte nicht mehr so leben wie vor seinem Verschwinden, auch wenn das bedeutete, dass Cami und sie allein bleiben würden. Sie war froh, Cami zu haben. Ihre Tochter war nun der einzige Grund für sie, weiterzuleben.
Sie öffnete den Koffer, legte ihn aufs Bett und warf wahllos Unterwäsche hinein. Reid hatte verlangt, dass sie sich am Montag in Houston wieder zur Arbeit meldete. Zwei Mitarbeiter der Jugendfürsorge und ein neuer Psychologe sollten auf die Ranch kommen und sich mit den vernachlässigten Unterlagen des Kinderheims befassen.
Das FBI fahndete gegenwärtig nach Dan Lattimer, dem ehemaligen Psychologen der Ranch. Man wollte diesem Mann zahlreiche Fragen stellen. Dank der schlampigen Führung der Akten war es Miss Fabrizio möglich gewesen, die Ranch als Zwischenstation bei illegalen Adoptionen zu benutzen. Sie gehörte zu den wichtigsten Personen des internationalen Rings
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