Das ganze gleich nochmal
für Kinderhandel.
“Darf ich hereinkommen?” Witt trat ein, bevor sie antwortete. Als er den offenen Koffer auf dem Bett sah, schloss er leise hinter sich die Tür. “Willst du fort?” Er konnte sie nicht gehen lassen. Dafür war noch viel zu viel zu sagen.
“Cami und ich fahren übermorgen nach Houston. Kehrst du auch sofort zurück, oder nimmst du dir eine Weile frei?”, fragte Carley und verstaute weiterhin Kleidungsstücke im Koffer.
Witt zögerte. Offenbar war sie nur aus beruflichen Gründen auf die Ranch gekommen. Es war ihr Auftrag gewesen, ihn zu finden. Seine Chance bei ihr hatte er schon vor langer Zeit verspielt. Trotzdem musste er ihr sagen, was ihn bewegte. “Könntest du bitte für einen Moment dein Packen unterbrechen und mir zuhören?”
Sie drehte sich zu ihm um. “Zuerst muss ich dir etwas sagen.”
“Kann das nicht warten? Ich muss jetzt gleich loswerden, was mir am Herzen liegt.” Betont sanft fügte er hinzu: “Bitte.” Mit Befehlen erreichte er bei ihr nichts.
Ein Teil der Spannung fiel von ihr ab, und als sie ihn mit ihren schönen grünen Augen ansah, musste er sich gewaltig zusammennehmen, um sie nicht an sich zu ziehen.
“Du musst die ganze Wahrheit über die Nacht erfahren, in der ich während des Einsatzes verschwunden bin.” Plötzlich war er so nervös, dass er sie nicht länger ansehen konnte. Normalerweise sprach er nie über seine Gedanken und Gefühle. “Ich entdeckte Fabrizios Wagen im Wald. Anstatt Verstärkung zu rufen, schmuggelte ich mich auf die Ladefläche.”
Seine Hände zitterten so heftig, dass er sie in die Taschen der Jeans schob.
“Ich redete mir ein, ich würde nur so ungewöhnlich handeln, weil Fabrizio etwas gemerkt hatte und fliehen wollte.” Er musste über seine eigene Dummheit lachen. “Dabei wusste ich, warum ich es wirklich tat. Ich brauchte einen Vorwand, um für eine Weile von dir wegzukommen.”
Carley schloss die Augen und hielt den Atem an. Witt zog die Hände aus den Taschen und wollte nach ihr greifen, hielt sich jedoch gerade noch rechtzeitig zurück.
“Ich …” Er räusperte sich und versuchte es erneut. “Ich möchte dir nicht noch mehr wehtun, als ich das ohnedies schon getan habe. Aber ich muss dir jetzt die ganze Wahrheit sagen. An diesem letzten Abend hast du mir Todesangst eingejagt, Carley. Du hast vom Heiraten geredet, und du hattest einen ganz bestimmten Ausdruck in den Augen … Jedenfalls hat es mich geschafft. Ich sehnte mich nach dir, aber Liebe hat mir in der Vergangenheit stets nur Schmerz eingebracht. Dieses Risiko konnte ich nicht wieder eingehen.”
Sie sah ihn mit Tränen in den Augen an. Er tat ihr auch jetzt weh, doch er konnte es nicht verhindern. Er musste alles sagen, damit er wenigstens ein einziges Mal im Leben etwas richtig machte.
“Fabrizio und ihr Komplize fuhren direkt ins Rio Grande Valley. Sechs Stunden lag ich auf der Ladefläche und wartete auf eine Gelegenheit, um mich heimlich davonzustehlen und Verstärkung anzufordern. Als sie zum Tanken hielten, war es fast schon taghell. Sie entdeckten mich und schlugen mich bewusstlos, bevor ich fliehen konnte. Danach erinnere ich mich an nichts. Zwei Wochen später wurde ich bei Doc Luisa wach. Die Ärzte glaubten, dass ich mich nie an die Ereignisse jener Nacht erinnern würde.”
“Witt …”
“Nein, ich bin noch nicht fertig”, wehrte er ab und fuhr leise fort: “Als ich ohne Gedächtnis, ohne Vergangenheit und ohne wie immer gearteten Ballast aufwachte, traf ich eine ganz bewusste Entscheidung. Ich wollte der beste Mensch werden, der ich überhaupt sein kann. Mit Doc Luisas Hilfe habe ich mich völlig verwandelt. Ich habe mich um all jene Eigenschaften bemüht, die ich vermutlich unterbewusst schon immer bewundert hatte. Ich wurde ein guter Mann, ein Mann, der Liebe geben kann.”
“Witt, du warst immer ein guter Mann”, fiel Carley ihm ins Wort. “Bitte, ich muss dir jetzt sofort etwas sagen.”
Er winkte jedoch erneut ab. “Nur noch etwas.” Innerlich wappnete er sich gegen den Schmerz, der unweigerlich kommen musste und den er verdiente. “Ich erinnere mich an alles, und ich möchte mich nicht in den Mann zurückverwandeln, der vor dir geflohen ist. Das kann ich nicht. Ich kann nicht wieder der Witt sein, in den du dich verliebt hast, nicht einmal, wenn ich deshalb auf dich verzichten muss.”
Kaum hatte er zu Ende gesprochen, als er in ihren Augen die Bestätigung dessen fand, was er gefürchtet hatte. Carley hatte
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