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Das Gebot der Rache

Das Gebot der Rache

Titel: Das Gebot der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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auf die andere, um ihn umzukippen – in der Hoffnung, er könnte zerbrechen. Die hölzernen Beine kratzten über den Zement.
    Sofort hörte ich Schritte auf dem Holzboden direkt über uns.
    Der Schweiß löste allmählich das getrocknete Blut auf meinem Gesicht. Keuchend blickte ich zur Treppe hinüber, wobei ich auf der Werkbank etwas sah, was mir bisher noch nicht aufgefallen war. Etwas, das ich nicht mehr gesehen hatte, seit Walt noch ganz klein gewesen war: ein Babyfon aus grünem und weißem Plastik, an dem ein leuchtendes, rotes LED-Lämpchen anzeigte, dass das Gerät eingeschaltet war. Dann knarrte eine Tür über uns. Ein breiter werdender Lichtstreif fiel auf die Treppe, und schwere Stiefel stapften über die Bohlen.
    »Na sieh mal an, wer da aufgewacht ist!«
    Gill Docherty trug Jeans und einen weiten, cremefarbenen Pullover. Sie hätte wie jede leger gekleidete ältere Dame ausgesehen, wären da nicht der Blutstriemen auf ihrem Pullover und das Schlachtermesser in ihrer Hand gewesen.
    Sie legte das Messer auf den Küchentisch, zog Walt in die Höhe und hievte ihn auf den zweiten Stuhl, wobei sie sein Gezappel und die stummen Schreie geflissentlich ignorierte. Während sie ihn festband, summte sie ein kleines Liedchen vor sich hin. Ich brüllte derweil in das Klebeband, gab halb erstickte, flehentliche Laute von mir. Als sie mit Walt fertig war, kam sie zu mir herüber. Mit dem Klebeband riss sie mir die Haut von der Lippe.
    »Bitte, bitte, lassen Sie ihn gehen. Ich flehe Sie an, Ire…«
    Sie zog eine Augenbraue hoch.
    »Mrs. Docherty, bitte …«
    »Wir sind doch jetzt alle erwachsen, William. Du kannst mich Gill nennen.«
    »Bitte. Es ist Walt. Sie kennen ihn doch. Sie werden ihm doch sicherlich nicht wehtun wollen.«
    Sie ignorierte mich und lehnte sich mit dem Po gegen den Küchentisch. »Erst einmal wirst du deinem Sohn erzählen, wer du wirklich bist.«
    Walt sah mich an, seine Nasenflügel bebten, sein Atem ging keuchend. Er musste schreckliche Angst haben.
    »Ich … o Gott. Es ist so lange her.«
    Sie nahm das Messer, hielt es an Walts Wange, packte ihn an den Haaren und zog seinen Kopf zurück. Walt heulte vergeblich in sein Klebeband. »Bitte«, sagte sie.
    »William. Mein Name ist William Anderson.« Ich sprach den Namen zum ersten Mal seit zwanzig Jahren laut aus und musste mich sehr zusammenreißen, um nicht loszuheulen. »Bitte, tun Sie ihm nicht weh.«
    »Und jetzt möchte ich, dass du ihm erzählst, was du getan hast.«
    »Ich war nicht der Schlimmste von allen«, sagte ich und wusste sofort, dass ich damit nichts erreichen würde.
    »Aber du bist derjenige, den ich gefunden habe.«
    »Ich war doch nur … nur ein kleiner Junge …« Ich brach nun doch in Tränen aus, und Walt fing ebenfalls an zu weinen. Sie ließ ihn los, stellte sich hinter den Küchentisch, griff in ihre Tasche und holte etwas heraus. »Wie haben Sie mich gefunden?«, fragte ich.
    »Alles zu seiner Zeit.«
    Sie drapierte verschiedene Gegenstände vor uns auf der Tischplatte.
    Eine Bogensäge.
    Ein silbernes Skalpell.
    Ein riesiges Jagdmesser mit schrecklich langen Zähnen.
    Eine Autobatterie.
    Einen Meißel.
    Ich drehte durch. Schreiend, kreischend und heulend wackelte ich wie verrückt mit dem Stuhl hin und her.
    »Schone deine Kräfte, William.«
    »Es werden bald Leute kommen. Die Polizei. Sammys Eltern.«
    »Nicht vor morgen früh. Wir haben die ganze Nacht für uns allein. Eine ganze Nacht für einen hübschen Ausflug in die Vergangenheit. Na los, erzähl deinem Sohn die ganze Geschichte.«
    Schluchzend ließ ich den Kopf hängen. »Ich kann mich nicht erinnern.« Ich hörte sie seufzen, dann ergriff sie das Messer und machte einen Schritt auf Walt zu.
    Ich begann zu reden.

26
    Es war ein sonniger, klarer Samstagmorgen in der ersten Maiwoche des Jahres 1982. Wir hingen am Fluss rum, oben an der Eisenbahnbrücke, in der Biegung, wo der Irvine Richtung Ardeer fließt. Wir saßen auf der Betonmauer am Wehr – unsere Beine baumelten über dem braunen, schaumigen Wasser – und zielten mit Steinen auf eine leere Cola-Dose, die wir vorher hineingeworfen hatten. Wer sie als Erster versenkte, hatte gewonnen. Wir sprachen über den im Juni anstehenden Schottland-Besuch des Papstes.
    »Wenn dieses Katholikenschwein sich hierhertraut«, sagte Banny, »dann bekommt er einen kräftigen Tritt in die Nüsse.«
    Tommy lachte. »Aye, und was für einen. Stellt euch das mal vor. Einfach hinzugehen und dem Wichser in die Eier zu

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