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Das Gebot der Rache

Das Gebot der Rache

Titel: Das Gebot der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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ein Bild auf der Mattscheibe.
    Sammy.
    Nackt, mit Klebeband an einen Stuhl gefesselt. Ihr Gesicht glänzte vor Blut und Schweiß. Sie weinte und schrie lautlos. Gill Docherty drehte die Lautstärke auf, bis Sammys Schreie die Küche erfüllten. »Oh, bitte, o Gott, o Gott, o nein, bitte aufhören!«, schrie sie. Am Bildrand sah ich erst den Kopf, dann den Ellbogen ihrer Peinigerin – in einer sägenden Bewegung.
    Ich schrie so laut, wie ich konnte, versuchte, den grausamen Bildern zu entkommen, indem ich die Augen schloss und den Kopf heftig hin und her schüttelte. Plötzlich fühlte ich ihre Arme um meinen Hals, ihren festen Griff, die Kaschmirwolle ihres Pullovers auf meiner Wange, roch ihr Parfüm. »Hör mir gut zu, William«, sagte sie ganz nah an meinem Ohr. Ihre Stimme klang beängstigend ruhig. »Mach die Augen auf. Ich will, dass du dir dieses Video ansiehst.« Ich spürte etwas Kaltes unter einem meiner Augen, und als ich sie öffnete, sah ich die Spitze eines Messers. »Wenn du die Augen noch einmal schließt, schneide ich dir die Lider ab. Hast du mich verstanden?« Ich nickte.
    Dank der Tränen sah ich den Bildschirm nur verschwommen. Aber meine Ohren konnte ich nicht verschließen. » OGOTTBITTENEINAUFHÖRENOGOTTOGOTT! « Sammys Flehen war endlos, ein niemals abreißender Strom – bis es plötzlich doch still wurde. Als ich blinzelte, konnte ich erkennen, dass Sammys Kopf vornüber gesackt und sie entweder tot oder bewusstlos war.
    Durch Schläuche war ihr Körper mit milchigen Plastikbeuteln verbunden, die wiederum an hohen, verchromten Ständern hingen. Kochsalz und Thiopental. Es hat den Anschein, als hätte sie jemand künstlich am Leben erhalten, um sie über einen längeren Zeitraum …
    »Dir ist klar, dass es bei dir um einiges schlimmer ausfallen wird, nicht wahr?« Sie holte einen Lappen und ein kleines, braunes Fläschchen aus ihrer Tasche und lächelte mich an.
    » ICH WAR NUR EIN KIND! «
    »Und er sucht heim die Missetat der Väter über die Kinder«, sagte sie, goss die Flüssigkeit auf das Tuch und trat auf mich zu, »auf Kinder und Kindeskinder bis ins dritte und vierte Glied.« Sie drückte mir den Lappen unter die Nase und über den Mund. Der strenge Geruch des Äthers überwältigte mich, mir wurde übel und schwindelig. Als die Dunkelheit über mich hereinbrach, hörte ich sie noch die Worte »Exodus 34« sagen.
    Dann hörte ich nichts mehr.

25
    Ich erwachte mit einem klopfenden Schmerz hinter meiner Stirn. Erst konnte ich die Augen gar nicht öffnen – blutverklebt, wie sie waren –, bis schließlich der Schorf riss und in dicken Brocken auf meinen schweren Lidern hing. Ich atmete durch die Nase, weil mein Mund mit einem Streifen Klebeband verschlossen war. In einer Ecke des Raums, neben einem alten Boiler, führte eine hölzerne Stiege nach oben.
    Ein Keller.
    Ich war an einen Stuhl gefesselt, jeweils Arme und Beine zusammengebunden. Die einzige Lichtquelle war eine alte Architektenleuchte auf einer Werkbank. Direkt vor mir standen ein hölzerner Küchentisch und ein weiterer Stuhl. Ich drehte den Kopf nach links, wobei mich erneut ein stechender Schmerz durchfuhr, und sah ein kleines Fenster auf Schulterhöhe, das sich nach draußen vermutlich ebenerdig öffnete. Als meine Augen sich an das schummrige Licht gewöhnt hatten, fiel mir auf, dass an sämtlichen Wänden alte Matratzen und Eierkartons befestigt worden waren. Mit einem Gefühl aufkommender Panik begriff ich, warum.
    Schallisolierung.
    Ich zog und zerrte an meinen Fesseln, als ich ein leises Stöhnen hörte. Ich blickte nach unten. Neben mir auf dem Betonfußboden lag Walt. Er war an Händen und Füßen gefesselt, und ein silberner Streifen Klebeband bedeckte seinen Mund. Mit einem Ruck kam er ebenfalls zu Bewusstsein, wie jemand, der aus einem schrecklichen Traum erwacht. Das Kinn knapp über dem rauen Betonboden, schaute er sich blinzelnd um und erkannte mich. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen, als er mein Gesicht sah, das von dem Pistolenhieb blutüberströmt war. Unsere Blicke trafen sich. Völlig hilflos versuchte ich, ihm meine Besorgnis und mein Bedauern zu signalisieren, ihm gleichzeitig zu sagen, wie leid es mir tat, ihn zu beruhigen und weiß der Himmel was sonst noch – alles nur mit den Augen. Mit den Armen zerrte ich verzweifelt an meinen Fesseln. Im Bemühen, sie zu lockern, kämpfte ich um ein klein wenig Spielraum. Nichts. Kein einziger Millimeter. Ich wackelte mit dem Stuhl von einer Seite

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