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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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miteinander fühlten.
Ich wartete, auf eine Ablehnung gefasst. Hy mochte meinen großen, exzentrischen
Clan, aber er hatte selbst keine Familie und liebte die Freiheit, die diese
Ungebundenheit bedeutete. Ich konnte es ihm nicht verübeln, wenn er Nein sagte;
routinemäßige Security-Arbeit hatte wenig mit den hochriskanten Einsätzen
gemein, die seine Spezialität waren. Aber andererseits wollte ich ihn in dieser
mir so hochriskant erscheinenden Sache hinter mir wissen.
    Er schien es zu spüren, denn er
sagte: »Klar. Ich kontaktiere sofort unseren besten Privatschutzmann und
bestelle ihn in das Haus in San Diego, das dauert etwa...«, er sah auf die Uhr,
»...zwei Stunden, höchstens. Zum Glück gehört er zu unserer Zentrale in La
Jolla, also hat er’s nicht weit.«
    Ricky wollte protestieren.
    »Nein«, erklärte ich, »lass Hy
das auf seine Art machen.«
    Hy nahm sich noch ein Bier aus
der Bordbar, beugte sich vor und drehte die Flasche zwischen seinen langen
Fingern hin und her. »Rick, jede Minute, die meine Leute später dort
eintreffen, bedeutet potenziell Gefahr für deine Familie. Du musst eure
Sicherheit in unsere Hände legen. Unser Mann wird heute Abend noch dort sein,
die Situation einschätzen und ein paar grundlegende Verhaltensregeln
aufstellen. Morgen früh wird er dann so viele Leute herbeischaffen, wie er für
nötig hält, und ich werde selbst runterfliegen und mich mit ihm beraten. Dann
werde ich meine Empfehlungen geben.«
    »Beispielsweise?«
    »Wir werden vermutlich ein paar
Wachleute postieren, mit deiner Familie und deinem Personal bestimmte
Routineverhaltensregeln einüben. Und wir werden uns mit deinen Bewegungsmustern
befassen müssen — wann du wo bist. Zwei Dinge machen mir Sorge: die
bevorstehende Tournee und das Aufnahmestudio in Arizona.«
    »Auf der Tournee stellen die
Veranstalter die Security. Und Aufnahmepläne habe ich, jedenfalls für die
nächsten zwei Monate, nicht.«
    »Dann können wir Arizona erst
mal streichen. Aber Standard-Security bei den Konzerten reicht womöglich
nicht.« Hy griff nach dem Telefon auf der Heckablage. Binnen Minuten hatte er
alles veranlasst. Er drückte Ricky das Telefon in die Hand und sagte: »Ruf
Charlene an und erklär ihr, was Sache ist.«
    Ricky guckte benommen, als
hätten wir, indem wir ihm die Kontrolle aus der Hand genommen hatten, an den
Grundfesten seines täglichen Lebens gerüttelt. Hy hatte mir von ähnlichen
Reaktionen anderer RKI-Klienten erzählt. Als mein Schwager seine Privatnummer
wählte, war mir schon wohler; die RKI -Leute
waren die Besten in ihrer Branche.
    Nach außen hin war RKI einfach nur eine Firma, die darauf
spezialisiert war, sensible Unternehmensbereiche und besonders gefährdete
Personen zu schützen, wobei es hauptsächlich um Terrorismusabwehr ging. Hy war
Teilhaber, aber nur locker in den Normalbetrieb eingebunden. Er nutzte die
Ressourcen der Firma vor allem für seinen Ein-Mann-Menschenrechtsfeldzug, den
er im letzten Jahr gestartet hatte, nachdem ihn schreckliche Umstände gezwungen
hatten, sein Leben zu überdenken und neu zu ordnen. Doch er und ich — die ich
zweimal mit ihm zusammengearbeitet hatte — waren keine naiven Außenstehenden,
was die Methoden von RKI anging,
und wussten nur zu genau, dass sich hinter dem glänzenden Image dunklere
Realitäten verbargen.
    Hochriskante Vorgehensweisen
und halblegale Praktiken waren in dieser Firma an der Tagesordnung. Die zweifelhafte
Vergangenheit vieler Mitarbeiter und sämtlicher Teilhaber — einschließlich
meines Liebsten — waren intern ein offenes Geheimnis. Die verdeckten
Aktivitäten, die von den über dreißig Niederlassungen in aller Welt aus
gesteuert wurden, hätten die CIA vor Neid erblassen lassen. Innerhalb der
Unternehmenssicherheitsbranche blühten die Gerüchte über RKI, doch niemand hatte irgendwelche
Beweise, was jene verhältnismäßig wenigen, aber tragischen Fälle betraf, in
denen sich die Hochrisikostrategie nicht bewährt hatte. Ich allerdings hatte
genug gehört, um lieber Distanz halten zu wollen.
    In letzter Zeit hatte ich
jedoch das Gefühl, dass die Distanz schrumpfte, als ob ich auf einem Kliff
stünde und der Boden unter meinen Füßen einbrach, sodass ich immer noch einen
Schritt vortreten musste. Ich hatte mich immer mehr auf ihre
Computerrecherchen-Abteilung verlassen, wenn ich Informationen brauchte, an die
ich auf legalem Weg nicht herankam. Ich hatte einen ihrer Leute für einen
extrem heiklen Job angeheuert und

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