Das gebrochene Versprechen
konnte, tat
es Charlene. Zusammen waren sie so gewieft wie ein Team von Betriebswirten. Und
tatsächlich hatte meine Schwester vor kurzem einen Abschluss in
Finanzwissenschaft gemacht.
»Na, jedenfalls«, fuhr er fort,
»wir sitzen bei diesem Meeting mit den Winterland-Typen, und alle reden und
reden, aber ich bin irgendwie zerstreut und nicht ganz bei der Sache. Doch dann
fällt plötzlich ein Wort, das mich aufhorchen lässt, und ich kapiere, dass mein
Anwalt, dieser Arsch, allen Ernstes vorhat, Ricky-Savage-Kondome zu
lizenzieren.«
»Nein!«, riefen Hy und ich wie
aus einem Mund.
»Doch, könnt ihr euch so was
vorstellen? Oh, ich weiß, viele Rockgruppen lassen das zu — Kondome mit ihrem
Konterfei oder dem Titel ihres neuen Albums drauf. Ich sagte ja schon, Fans
kaufen alles. Aber, du lieber Gott, ich dachte nur, wie ich mich fühlen würde,
wenn eins meiner Kinder so was in die Finger kriegt, ein Kondom mit ihrem ollen
Dad drauf!« Rickys Nasenflügel blähten sich vor Entrüstung.
Hy guckte entsetzt. »Ist ja
schrecklich.«
Absurde Bilder flackerten durch
meinen Kopf. Ich kämpfte ein Gickeln nieder und bemühte mich, angemessen empört
dreinzuschauen.
»Allerdings.« Ricky nickte.
»Natürlich habe ich Nein gesagt. Klipp und klar. Und da fängt mein Anwalt doch
an, auf mich einzuargumentieren. Denk doch an den Profit, sagt er. Profit!
Alles, woran ich denken konnte, war mein Gesicht auf... na ja, ihr versteht
schon.«
Ich sagte: »Ich weiß nicht. Wie
wäre das als Slogan? ›Sie haben’s gern eine Nummer wilder? Versuchen Sie’s mal
mit Savage-Sex!‹« Hy und Ricky starrten mich an.
Ich versuchte, das Lachen zu
unterdrücken, aber es drängte mit Macht empor. Ich schlug mir die Hand vor den
Mund; was herauskam war ein Schnarchlaut — und noch einer.
Die beiden sahen sich an.
»Also wirklich«, sagte ich zu
Ricky, »wenn die Kinder an solche Kondome kämen, würde ihnen doch alles
vergehen. Stell dir mal vor! Du bist total scharf, und plötzlich starrt dich
das Gesicht deines Vaters an... O Gott, entschuldige!« Ich produzierte noch
einen Schnarcher.
»Willst du ein Bier?«, fragte
Ricky Hy.
»Ja, danke.«
Ricky zog ein Beck’s aus der
Bordbar und reichte es ihm, nahm sich dann selbst auch eins. »Ich habe
Champagner für sie geordert«, sagte er, »aber ich weiß nicht, ob sie welchen
kriegen sollte. Sie benimmt sich so schon seltsam genug.«
»Ach, mach nur. Vielleicht
sediert der Champagner sie ja.«
Ich genehmigte mir einen
letzten Schnarcher. »Ich werde brav sein, ich versprech’s. Aber was ist bloß
mit euch Männern? Seht ihr denn die Komik des Ganzen nicht?«
Ricky ließ den Korken einer
Flasche Korbel ploppen. »Du fändest es bestimmt nicht so komisch, wenn’s dein
Gesicht wäre —« Worauf er seinerseits ein paar absurde Bilder vor sich zu sehen
schien. Ich sah zu Hy hinüber; sein Schnauzbart zuckte.
Ricky lachte los, so heftig,
dass er sich Champagner über die Finger goss.
Ich befreite ihn von dem Glas.
»Ich nehme an, du hast es verhütet?«
»Klar hab ich... Oh, verdammt!«
Noch immer lachend, lehnte er sich zurück und schloss die Augen. »Anwälte!«,
sagte er. »Himmel, hilf!«
Ich trank Champagner und
schaute durch die getönten Scheiben nach draußen, während wir mit dem
Berufsverkehr auf der Golden Gate Bridge verschmolzen. Keiner von uns sagte
etwas, bis zur Ausfahrt Sausalito, wo ich an Arletta James denken musste und
wieder zur Sache kam.
»Ricky, jetzt, wo wir wissen,
woher der Wortlaut dieser Briefe höchstwahrscheinlich stammt, würdest du nicht
auch sagen, dass die Situation potenziell gefährlich ist?«
»Doch. Klar.«
»Dann halte ich es für das
Beste, Hys Firma zu beauftragen, für eure Sicherheit zu sorgen und dir und
deiner Familie einen Crash-Kurs in Sachen Präventivmaßnahmen zu geben.« Ich
erklärte Hy das Problem. »Meinst du, du könntest dich persönlich drum kümmern?«
Er zögerte. Zwei Wochen hatte
er in der RKI-Niederlassung hier in San Francisco an einem speziellen Projekt
gearbeitet — was es uns ermöglicht hatte, viel Zeit miteinander zu verbringen
aber heute hatte er die Sache abgeschlossen, und jetzt konnte er es kaum
erwarten, wieder auf seine Ranch in der Nähe des Lake Tufa zurückzukommen. Er
wollte Sonntagabend hinfliegen, ein paar Wochen dort bleiben und mich dann in
unserem gemeinsamen Häuschen an der Küste von Mendocino treffen — an dem Ort,
wo wir uns immer so gut entspannen konnten und uns so wohl
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