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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Charlotte mitnimmst. Ich habe mich nur gewundert.«
    »Na ja, das ist die Antwort auf
deine Frage, Maggie ist da, wo sie letzte Nacht auch war — bei der Arbeit in
diesem verflixten Pflegeheim. Ich hab sie gebeten, sich freizunehmen, aber
nein. Sie sagt, sie sind auf sie angewiesen, und sie will keine Extrawurst.«
Maggie Bridges, die Frau, mit der Mick zusammenlebte, war angehende
Medizinstudentin und neigte dazu, das Leben sehr ernst zu nehmen. Anfangs war
ich froh über diesen Wesenszug gewesen, weil ich gehofft hatte, sie würde
ausgleichend auf Mick wirken. Aber jetzt, da er sein Leben mehr oder minder im
Griff hatte, konnte ich verstehen, dass er ihre Strebsamkeit erstickend fand. »Na
ja, dann amüsier dich mal gut mit Charlotte«, sagte ich.
    »Das tue ich immer. Sie ist so
unkompliziert. Sie hat gern Spaß, und sie stellt keine Forderungen. Und sie
macht mir kein schlechtes Gewissen, wenn ich ab und zu mal einen draufmachen
will. Ich mag sie sehr.«
    »Ich auch. Ich hoffe sogar, sie
RKI eines Tages abspenstig machen zu können.«
    »Könnte klappen.« Er guckte zum
Vorderende des Piergebäudes. »Sollten wir nicht mal dort rausgehen?«
    Ich nickte, und wir gingen los
und verabschiedeten uns winkend von den anderen Mietern, die ins Wochenende
aufbrachen. Als wir auf den Bürgersteig hinaustraten, fuhr bei dem dort
versammelten Grüppchen gerade eine weiße Stretchlimousine vor. Jogger und
andere Passanten starrten herüber.
    Rae sagte: »Eine Limousine! In
so einer wollte ich immer schon mal fahren.« Hank meinte: »Ich glaube, jetzt
weiß ich, was Sache ist.« Anne Marie seufzte: »Hm.« Die neunjährige Habiba
vergaß, dass sie beschlossen hatte, erwachsen zu sein, und hüpfte aufgeregt
herum, während Jessie, Ted und Neal verdutzt guckten. Und Charlotte, die
Unnachahmliche, klatschte in die Hände und rief, mit dem texanischen Akzent,
den abzulegen sie sich so viele Jahre bemüht hatte: »Au, Mann!«
    Mick griente mich
selbstgefällig an. »Ich hab’s gewusst.«
    »Vermutet.«
    »Gewusst.«
    Ricky entstieg der Limousine
und kam auf uns zu.
    Rae rief entzückt »Mein Gott,
das ist ja Ricky Savage!«, und ließ den Colabecher auf ihren Fuß fallen.
    Und ich, die Urheberin des
Ganzen, grinste in die Runde. Manchmal lohnt sich die Folterqual, zwei Wochen
ein Geheimnis zu hüten.
    Während Rae — die sonst eine
überdurchschnittliche Klecker- und Drecktoleranz hat — mit hochrotem Kopf an
ihrem Schuh herumwischte, übernahm ich die Vorstellungsprozedur und erklärte,
dass wir alle als Rickys Gäste das Benefizkonzert im Two Rock Valley in Sonoma
County besuchen würden. Er schüttelte ringsum Hände — wobei er über Raes
klebrigen Händedruck lachte — , animierte alle, sich aus der Erfrischungsbar
der Limousine zu bedienen, und winkte die Gästeschar an Bord. Nach einiger
Konfusion und mehrfachem Plätzewechseln konnte der Chauffeur endlich die Tür
schließen, aber ehe er anfuhr, ließ Mick ein Fenster herunter und steckte den
Kopf heraus.
    »Hey, Dad«, rief er, »kommt ihr
nicht mit, Shar und du? Ich meine, sie hat das Ganze doch organisiert und du
bist schließlich so was wie die Hauptattraktion.«
    Ricky grinste. »Ich habe noch
einen Wagen bestellt. Shar, Hy und ich fahren zusammen hin.« Dann musterte er
seinen Sohn mit gespielter Strenge und setzte hinzu: »Tu nichts, was ich nicht
tun würde.«
    Mick signalisierte mit
erhobenem Daumen ein Okay. Noch ehe die undurchsichtige Scheibe wieder oben
war, hörte man das Knallen eines Champagnerkorkens, gefolgt von einem weiteren
texanisch gefärbten Juchzer.
    Mein Schwager starrte düster
auf die Limousine, die sich jetzt in den Verkehr einfädelte. »Wieso geht er
nicht mit der hin, die er Weihnachten mit zu uns gebracht hat?«, fragte er.
»Meines Wissens lebte er doch letzte Woche noch mit ihr zusammen.«
    »Tut er immer noch, aber mir
scheint, es könnte sich erschöpft haben.«
    Er gab einen Grunzlaut von
sich. »Ist die da nicht zu alt für ihn?«
    »Sie ist fünfundzwanzig, aber
dein Sohn macht, wie sie zu sagen pflegt, einen auf älter.«
    »Yeah, war bei mir auch so.« Er
wandte sich mir zu, Besorgnis in den Augen. »Warum läuft es mit Maggie nicht
mehr? Wir mochten sie alle.«
    »Sie will, dass er ein
geregeltes Leben führt, aber jetzt, wo er rausgefunden hat, wer er ist und was
er will, möchte er was vom Leben haben. Ich kann’s ihm nicht verdenken.«
    »Ich auch nicht.« Rickys Blick
wanderte von mir zu dem massiven Stützpfeiler der

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