Das gebrochene Versprechen
Partei ergreifen können?
Veränderung. In letzter Zeit
hatte es in meinem Leben zu viele Veränderungen gegeben. Der Zerfall von All
Souls, die neuen Büroräume, die immer engere Bindung an Hy, die dennoch nicht
die Sicherheit einer verbindlichen Beziehung bedeutete. Wie sollte ich es
verkraften, wenn sich noch eine der Konstanten meines Lebens in Luft auf löste?
Schließlich beschloss ich, das
Thema erst mal wegzuschieben. Ich saß schweigend da, beobachtete das
Luftballett der Raubvögel, die in der abendlichen Thermik kreisten, und
lauschte Hys und Rickys Unterhaltung.
»Die durchschnittliche
Country-Music-Karriere erreicht in höchstens fünf Jahren ihren Gipfelpunkt«,
sagte Ricky auf eine Frage von Hy. »Das habe ich schon übertroffen, aber ich
bin nicht so dumm mir einzubilden, dass es ewig weitergeht, jedenfalls nicht
auf diesem Level. Außerdem weiß ich nicht, ob ich das will. Mit der Zeit
zermürbt einen die Tourerei. So viel unterwegs zu sein ist, ehrlich gesagt,
ganz schön nervig.«
»Das heißt, deine Beteiligung
an der Plattenfirma ist für dich ein Weg, weiter in der Branche mitzumischen,
ohne den Stress, permanent ganz oben bleiben zu müssen.«
»Ja, und auch mein
Einkommensniveau zu halten, wenn meine Auftrittsgagen irgendwann sinken. Ich
habe von Anfang an nach Möglichkeiten gesucht, das zu erreichen.«
»Was hast du noch getan — Geld
angelegt?«
»In gewisser Weise. Die Rechte
an den eigenen Songs selbst zu halten, ist so was wie eine Dauerrente, deshalb
habe ich so bald wie möglich meinen eigenen Musikverlag gegründet, einen
Top-Profi auf diesem Gebiet durch eine prozentuale Beteiligung als
Geschäftsführer gewonnen und alles, was ich an Geld übrig hatte, in den Erwerb
der Rechte an viel versprechenden Sachen von anderen Leuten gesteckt. Und dann
ist da Little Savages: Mir ein eigenes Studio hinzustellen, war zwar ein teures
Unterfangen, aber allmählich rentiert es sich. Die letzten drei Jahre habe ich
all meine Sachen dort aufgenommen, sodass ich keine Studiomiete zahlen musste.
Einer der besten Toningenieure der Branche, Miguel Taylor, wohnt auf dem
Gelände und arbeitet billig für mich, weil er die Wüste liebt. Und ich vermiete
an andere Musiker, die ungestört arbeiten und sich dabei auch noch ein bisschen
erholen wollen. Das Studio hat allen Komfort, Gästehäuser, Pool, Tennisplätze.
Ich fühle mich dort, ehrlich gesagt, wesentlich wohler als in L.A. oder in dem
neuen Haus in San Diego.«
»Bist du viel dort?«
»Ziemlich. Per Flugzeug ist man
schnell da, und es gibt eine Landebahn. Bevor diese ganze Misere mit Charly
anfing, habe ich erwogen, den Flugschein zu machen und mir ein Flugzeug zu
kaufen. Aber jetzt... na ja, solange das und die Sache mit den Briefen nicht
geklärt ist, hab ich dazu nicht den Nerv.«
»McCone und ich beraten dich
gern in Sachen Fliegerei, wenn es je so weit ist.«
»Danke, ich komme drauf
zurück.«
Ich sagte: »Aber ansonsten
enthalten wir uns aller Ratschläge. Außer, du bittest uns drum.«
Ricky sah mich an, überrascht,
dass ich auch mal was sagte. »Weiß ich zu schätzen, Sister Sharon.«
Wir waren bisher einer langen
Schlange von Rücklichtern gefolgt; jetzt begannen vor uns links die Blinker aufzuleuchten.
Unser Fahrer setzte seinen ebenfalls, und der Wagen bog ab, auf eine schlecht
asphaltierte, schmale Straße, gesäumt von offenem Weideland. Der Pick-up hinter
uns klebte an unserer Stoßstange.
Ich sagte stirnrunzelnd: »Ganz
schön viel Verkehr für — Oh! Sag nicht, die wollen alle zum Konzert?«
Ricky nickte. »Mein
Road-Manager hat mir gesagt, laut Einlasszählung seien es schon fast
fünfundzwanzigtausend. Sie kommen aus ganz Nordkalifornien, nicht nur hier aus
der Gegend. Was du hier siehst, sind nur die Nachzügler.«
Der Fahrer öffnete die
Trennscheibe und sagte: »Noch etwa eine Meile, Mr. Savage.«
»Danke. Habe ich Ihnen den
Geländepass gegeben?«
»Hab ich hier.«
Ricky beugte sich ans
Seitenfenster: »Das Veranstaltungsgelände ist eine große Milchviehranch, gehört
einem Typen, der der Oberorganisator der hiesigen Opferschutzbewegung ist.
Seine Frau und seine Tochter wurden vor ein paar Jahren von zwei Landstreichern
ermordet. Die Täter wurden wegen eines Verfahrensfehlers freigesprochen, kamen
wieder hier in die Gegend zurück und brachten ein kleines Mädchen um. Hat ihnen
im zweiten Anlauf tatsächlich die Todesstrafe eingebracht, was aber weder das
Mädchen noch die Familie des Ranchers
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