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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Ohrringe klimperten wild. Ein
älteres Ehepaar am Nachbartisch starrte tadelnd herüber.
    Arletta James drehte sich um
und sah die beiden an. Ich machte mich auf eine Auseinandersetzung gefasst.
    »Entschuldigung«, sagte sie.
»Meine Mama hat mich eigentlich wirklich bessere Manieren gelehrt.«
    Sie nickten und lächelten, als
hätten sie’s mit einer ungezogenen, aber pfiffigen Fünfjährigen zu tun.
    »Tja, also«, sagte Letta, zu
mir gewandt, »das Studioinnere. Als ich Ms. Hirnlos endlich überzeugt habe,
dass ich wirklich die bin, für die ich mich ausgegeben habe, und sie dazu
kriege, mich durchzulassen, ist es da drin finster wie in der tiefsten Hölle.
Ich grabble ein Weilchen herum und laufe dann, krach, gegen einen der
Schallschlucker.«
    Ich hob eine Braue.
    »Oh, klar, können Sie ja nicht
wissen. Die Dinger sind wie riesige Kissen, dazu gedacht, den Schall zu
schlucken. Nicht dazu, meine Vorderfront zu schlucken. Und während ich noch
versuche, mich der Umarmung dieses Dings zu entwinden, geht das Licht an und
eine Stimme donnert vom Himmel runter.« Sie schob ihren Stuhl zurück, stand
halb auf und beugte sich dräuend über mich. »Ms. James«, imitierte sie eine
englisch gefärbte Bassstimme, »ist irgendwas?«
    Das ältere Ehepaar beobachtete
sie, nachsichtig lächelnd.
    Letta bemerkte es und setzte
sich errötend hin.
    »Also«, fuhr sie leise fort,
»schaue ich hoch, aber das Licht blendet. Ich sage: ›Wer, zum Teufel, will das
wissen?« Und er sagt: »Hier ist Rodney, Ihr Tonmeister.« Dann sehe ich
allmählich besser, und ich merke, bei Gott, die Stimme kommt echt vom Himmel.
Ich bin in einer verflixten Grube, wie eine Christin, die den Löwen vorgeworfen
werden soll, und der Regieraum ist fünf, sechs Meter über mir, und da sitzen
sie und glotzen runter wie Nero und Caligula, dieses Arschloch von Tonmeister —
das, wie sich später rausstellt, Zement in den Ohren hat — und mein
gottverdammter Produzent.« Während ich sagte: »Nicht gerade das ideale Setting,
nehme ich an«, kam der Kellner mit unseren Meeresfrüchtesalaten.
    »Das ist einschüchternd. Das
hemmt einen. Das ist ätzend!« Sie fuchtelte mit dem Arm und erwischte den
Kellner an der Schulter. Der eine Salat geriet ins Wanken, aber er rettete ihn
in letzter Sekunde.
    »O Gott, tut mir Leid!«, rief
Arletta James. »Also wirklich, mit mir kann man nirgends hingehen!«
    Der Kellner lächelte ebenfalls
nachsichtig, während er uns bediente. »Aber warum«, fragte ich, nachdem ich
mich vergewissert hatte, dass da niemand mehr war, den sie von den Beinen holen
konnte, »benutzen Sie dann gerade dieses Studio?«
    Arletta James signalisierte dem
Kellner, dass wir noch eine Runde Drinks wollten. »Testhalber. Ich will
ausprobieren, was es hier in der Bay-Area so gibt. Meine Freundin — sie macht
Focus-Gruppen für Werbeagenturen — hat ein tolles Angebot von einer
Top-Marktforschungsfirma in San Francisco. Wir wollen hier raufziehen, aber
bevor wir unsere Wohnung in L.A. verkaufen, will ich die hiesigen
Aufnahmestudios checken.« Ihre Miene verfinsterte sich. »Falls TriStar
irgendwie repräsentativ ist, werde ich die Wohnung wohl behalten müssen, damit
ich meine Aufnahmen weiter dort unten machen kann.«
    Zwei frische Drinks kamen.
Arletta James legte die Gabel weg und ergriff ihr Glas wie eine Rettungsleine.
»Ich glaube, ich werde den ganzen Nachmittag hier sitzen bleiben und diese
Dinger trinken und dann runtergehen und diesem verflixten Adam haarklein
erzählen, was ich von ihm halte.«
    »Adam?«
    »Mein Produzent. Er hat das
Studio gemietet.« Beim Gedanken an diese Szene hellte sich ihr Gesicht auf.
»So, dann erzählen Sie mal von Ricky. Wie geht’s ihm?«
    Ich hatte schon überlegt, wie
viel ich Arletta James über die derzeitige Situation sagen konnte. Möglichst
wenig, befand ich. Ricky mochte sie. Ich mochte sie. Aber sie hörte sich
schrecklich gern reden. Also lieferte ich ihr eine verkürzte Version, wobei ich
den Ernst der Lage herunterspielte und nichts von den neuesten Entwicklungen
sagte. »Sie müssen ihn doch schon ewig kennen«, schloss ich, »deshalb hatte ich
gehofft, Sie könnten vielleicht etwas Licht in die Sache bringen. Mir
beispielsweise sagen, ob je irgendjemand aus seinem Umfeld besonderes Interesse
an ›My Mendacious Minstrel‹ gezeigt hat?«
    Falls Arletta James irgendetwas
zu verbergen hatte, tat sie es extrem geschickt. Sie wurde still und
nachdenklich, lehnte sich zurück und drehte den

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