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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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du dich wohl meinen Entscheidungen beugen.«
    Er wurde steif und ballte die
Fäuste. »Ach, Scheiß auf dich und den Job! Schmeiß mich doch raus. Nur zu —
schmeiß mich raus! Aber du kannst mich nicht davon abhalten, auf eigene Faust
zu ermitteln.«
    »Mick, du hast noch keine
Lizenz.«
    »Wo steht geschrieben, dass man
eine Lizenz braucht, um Computerrecherchen durchzuführen? Wo steht geschrieben,
dass man eine Lizenz braucht, um seinem eigenen Vater Fragen zu stellen? Und du
kannst Gift drauf nehmen, dass er sie mir beantworten wird, sobald ich ihm
klipp und klar gesagt habe, was er uns allen antut.« Das war nicht das, was
Ricky jetzt von seinem Sohn brauchte, und ich wollte auf keinen Fall, dass Mick
sich in unkontrollierbare eigene Ermittlungen stürzte. Wenn ich ihn vielleicht
in irgendeiner begrenzten Funktion...
    »Okay«, sagte ich, »du willst
bei den Ermittlungen mitmachen, also bitte. Ich kann ohnehin kaum auf deine
Fähigkeiten verzichten. Aber ich brauche erst das Okay deines Vaters.«
    »Wenn er’s dir nicht gibt,
werde ich ihn verflixt schnell dazu bringen.«
    »Er wird es mir geben.« Dafür
würde ich sorgen.
    »Also, wo soll ich anfangen?«
    »Im Moment gibt es wirklich
noch nichts zu tun. Ich treffe deinen Dad in zwei Stunden in La Jolla, und wenn
ich mit ihm geredet habe, ergibt sich vielleicht ein Ansatzpunkt. Kannst du in
der Zwischenzeit vielleicht Hy auftreiben? Er muss seine Leute von Little
Savages abziehen und dafür andere in das Hotel schicken, wo sich dein Dad
aufhalten will.«
    »Mit Rae?«
    »Ja.«
    Er presste die Lippen
aufeinander, ging hinaus und knallte die Tür zu.
    Ich setzte mich an den
Schreibtisch und legte den Kopf auf die Arme, unsicher, ob mir nach Heulen oder
nach Schreien war.
     
    Ich hatte den gestrigen
Nachmittag damit zugebracht, die Nachwirkungen der Explosion vom Vormittag
auffangen zu helfen. Zunächst war da die Band. Girdwood rief die Bandmitglieder
ins Büro und erklärte ihnen, Ricky sei weggefahren, um ungestört nachzudenken.
Sie waren verständlicherweise aufgebracht, bis ihnen der Manager sagte, sie
bekämen eine Zulage für die Zeit, die sie mit Warten verbrächten. Dadurch
aufgeheitert, machten sie Pläne: Pete wollte zurück nach Santa Monica zu seiner
schwangeren Frau, Norm ein paar ruhige Tage auf seiner Ranch bei Santa Barbara
verbringen; Forrest und Jerry wollten sich in Jerrys Apartment in Palm Springs
einquartieren und ein bisschen Golf spielen. Girdwood sah die drei Letzteren
an, als hielte er sie für verrückt; der Manager fühlte sich nur in den
Stahlbetonschluchten von Großstädten wohl und hatte mir anvertraut, Ricks Haus
nerve ihn wegen »dem ganzen Krabbelzeug und den übrigen Viechern, die sich in
dieser Wildnis da draußen tummeln«.
    Als die Band weg war, fuhren
auch Girdwood und Amory ab. Rattray erholte sich immer noch in einem der
Gästezimmer und war so jammerig und fordernd, dass ein grimmiger Ausdruck Nona
Davidsons sonst so freundliches Gesicht verdüsterte. Mrs. Davidson, die bei
ihrer Ankunft um zwölf das Wohnzimmer voller Glassscherben und Blutflecken und
die Fensterfront notdürftig mit Brettern vernagelt vorgefunden hatte, machte
sich still und effizient an die Arbeit — rief einen Reinigungsservice und einen
auch sonntags einsatzbereiten Glaser an und tischte beiden mit der
Glattzüngigkeit einer pathologischen Lügnerin Hys Märchen von der verirrten
Wildererkugel auf. Zwischendurch bereitete sie noch besondere Leckerbissen, um
uns zum Essen zu verführen, und sie schaffte es sogar, Jamie ein Lachen zu
entlocken.
    Mick kam am Nachmittag, und
Charlene bat mich, in Rickys Wohnzimmer zu kommen und dem Gespräch mit den drei
älteren Kindern beizuwohnen. Mick verhielt sich zuerst neutral, und Jamie und
Chris schienen erleichtert, dass endlich irgendetwas entschieden war. Doch als
Charlene ihnen dann genau erklärte, was zu den verschärften
Sicherheitsmaßnahmen geführt hatte, schlugen die Emotionen Wellen —
ausschließlich gegen Ricky. Meine Schwester hielt sich tapfer, weigerte sich,
irgendetwas Schlechtes über Ricky zu sagen, und als Mick eine bittere Bemerkung
über ihr zerschundenes Gesicht machte, sagte sie nicht ohne Humor: »Ihr hättet
mal sehen sollen, was ich mit ihm gemacht habe.«
    Als die drei schließlich
davonzockelten, blieben Charlene und ich noch ein Weilchen schweigend sitzen.
Dann stand sie auf, holte uns Wein von der Bar, setzte sich mit
untergeschlagenen Beinen in ihren großen Sessel und

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