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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Geschäftszwecken gedient hatte als dem Bestreben, diesem
bedrückenden Haushalt zu entkommen und sich ein paar Drinks mit Dan Kessell und
Gage Renshaw zu genehmigen. Ich konnte es ihm nicht verdenken; es war gewiss
nicht leicht, sich mit den entfesselten Emotionen von Leuten herumzuschlagen,
die man nur oberflächlich kannte. Und ich musste außerdem zugeben, dass ich
meine Gefühle auch nicht besonders unter Kontrolle gehalten hatte, schon gar
nicht, wenn wir allein gewesen waren. Dennoch, ich hatte ihn vermisst, und es
kam mir jetzt komisch vor, dass er mich nicht geweckt hatte, als er zurückgekommen
war.
    Gott, hoffentlich trieb dieser
Job nicht noch einen Keil zwischen uns beide!
    Ich hatte plötzlich Angst und
streckte die Hand aus, um sein Haar zu berühren. Die Liebe war so fragil und
oft so schnell vorbei.
    Ich legte mich wieder hin und
schmiegte mich trosthalber an seinen warmen Rücken. Ich dachte an Rae, allein
mit Ricky, dort in der Sonora-Wüste. Ich dachte an Charlene, allein in dem
Schlafzimmer, das sie und Ricky einst geteilt hatten, aber geborgen in ihrer
Liebe zu Vic. Ich dachte an Chris, Jamie und Mick, deren Leben sich für immer
verändert hatte. Und an Brian, Molly und Lisa, die nicht ahnten, dass ihre
Familie zerbrochen war.
    Alles änderte sich. Alles.
    Eine der einschneidendsten Veränderungen
war offensichtlich mit Rae vor sich gegangen. Um halb zwölf empfing sie mich an
der Tür einer Suite im Sorrento, einem exklusiven kleinen Strandhotel, das
einem Freund von Ricky gehörte, der ihm Ungestörtheit und Anonymität
zugesichert hatte. Als sie mich in das hübsche blaue Wohnzimmer führte, wirkte
sie so in sich ruhend, wie ich sie noch nie erlebt hatte, wenn auch ein wenig
müde. Ihr blaues T-Shirt passte exakt zu den Blumen des Sofabezugs; ihre Augen
hatten das Blau des Meers.
    »Wie geht’s?«, fragte ich.
    »Gut. So gut wie lange nicht.«
    Zimmer und Balkon waren leer.
»Wo ist Ricky?«
    »Im Schlafzimmer, telefoniert
mit deiner Schwester.« Sie zeigte auf eine geschlossene Tür.
    Ich sah sie fragend an.
    »Es gibt alles Mögliche zu
regeln«, sagte sie. »Er hatte ein bisschen Schiss anzurufen, aber ich hab ihm
gesagt, er soll in den sauren Apfel beißen und es hinter sich bringen. Er kann
nicht einfach weglaufen und seine ganze Familie im Ungewissen lassen.«
    Ich setzte mich aufs Sofa. »Ist
er okay?«
    »Wird schon werden. Im Moment
bin ich okay genug für uns beide.«
    »Ist er auf irgendwas? Koks zum
Beispiel?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Er
hat sogar auf der Fahrt hierher ein bisschen geschlafen. Ich glaube nicht, dass
er viel Schlaf gekriegt hat, seit deine Schwester ihm das mit Vic erzählt hat.«
    Ich nickte, und Schweigen
machte sich zwischen uns breit. Ich guckte überallhin, nur nicht auf Rae, tat
so, als studierte ich ein Bild an der Wand, das Meerespanorama jenseits des
Balkons. Noch nie hatte ich eine solche Entfremdung zwischen uns gespürt, nicht
einmal in den schwierigsten Phasen unserer langen Freundschaft. »Schau mal«,
sagte ich.
    »Hör mal«, sagte sie.
    Wir lächelten beide unsicher.
    »Ich weiß, das ist schwer für
dich«, fuhr sie fort. »Für mich ist es auch schwer. Aber ich will, dass du
weißt, dass mir Ricky sehr viel bedeutet; das letzte Nacht war für keinen von
uns nur ein beiläufiges Abenteuer.«
    »Rae —«
    »Ich weiß, du willst sagen, was
du gestern schon gesagt hast: dass das fürchterlich riskant für mich ist; dass
er sein Leben lang Herzen gebrochen hat.«
    »Das war nicht abfällig
gemeint, ich kenne ihn nur einfach schon so lange. Er ist ein Bühnenmensch; die
neigen zu dramatischen Überhöhungen. Er glaubt ja, was er in einem bestimmten
Moment sagt oder tut, aber das heißt noch nicht, dass es wirklich so ist. Was
er jetzt zu wollen glaubt, muss nicht unbedingt —«
    »Meinst du, das weiß ich
nicht?«
    »Aber warum —«
    »Weil es vielleicht Zeit ist,
nicht immer nur auf Nummer Sicher zu gehen, sondern etwas zu wagen. Wenn ich das
Risiko eingehe, habe ich am Ende vielleicht alles, vielleicht auch gar nichts.
Aber wenn ich’s nicht eingehe, habe ich mit Sicherheit gar nichts.« Dagegen
konnte ich nichts sagen; das war mehr oder minder meine eigene Lebensmaxime.
Ich schob meine Bedenken lange genug beiseite, um zu sagen: »Dann geh’s ein.«
    Die Schlafzimmertür ging auf,
und Ricky kam herein. Er sah schon etwas erholter aus, aber es würde mehr
brauchen als nur ein paar Stündchen Schlaf in einem engen Auto, um die Schäden
des

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