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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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und ist
damit im Gästezimmer verschwunden. Hinterher kam sie dann geistesabwesend und
irgendwie nervös wieder raus. Und gestern hat sie lange mit ihm geredet, ehe
sie ihn mir gegeben hat. Danach hat sie dann mehrere Telefonate geführt, und
ich hatte das Gefühl, sie geht mir aus dem Weg.« Er lachte bitter. »Kein
Wunder! Sie hatte Angst, ich würde dahinter kommen, dass sie mit meinem Vater
bumst.«
    »Ganz so war es nicht.«
    »Ach? Du hast sie Freitagabend
bei dem Konzert nicht gesehen. Gegen sie wirkte das aufgeheizteste Groupie wie
ein Klumpen Eis. Und als er ›The House Where Love Once Lived‹ gesungen und es
Mom gewidmet hat — nette Art übrigens, mich wissen zu lassen, dass sie sich
trennen wollen, oder? — , da kriegte sie diesen wohl bekannten Blick.«
    »Wohl bekannten Blick?«
    »Ach, Shar, stell dich nicht so
dumm — du musst doch mitgekriegt haben, wie ihn die Frauen angucken. Selbst
unsere Bedienung Donnerstagabend beim Essen. Nur, dass ich das nie von Rae
erwartet hätte. Aber als sie dann beschloss, euch wegen der Heimfahrt
anzuhauen, hätte ich draufkommen müssen.«
    »Sie hat nicht mit ihm
geschlafen, Mick. Sie haben nur geredet.«
    »Klar erzählt sie dir das.«
    »Ich weiß es sicher.« Ich
berichtete ihm von dem Vorfall auf der Speichertreppe in der Coso Street.
    Mick war so auf das Verhältnis
zwischen seinem Vater und Rae fixiert, dass er die Implikationen gar nicht zu
begreifen schien. Er sagte: »Okay, dann haben sie also am Freitag nicht
miteinander gevögelt, aber du kannst mir nicht weismachen, dass sie nur zum
Reden nach Little Savages geflogen ist.«
    »Es geht dich nichts an, warum
sie hingeflogen ist — und was sie getan haben.«
    »Das glaubst du doch selbst
nicht. Ich höre doch an deiner Stimme, dass es dich genauso aufregt wie mich.«
    »Glücklich bin ich darüber
nicht.« Ziemlich untertrieben, McCone.
    »Warum hast du sie dann nicht
davon abgehalten, zu ihm zu gehen?«
    »Wie, zum Teufel, hätte ich sie
davon abhalten sollen?«
    »Weiß nicht. Du bist ihr Boss,
er ist unser Klient. Du hättest irgendwas tun sollen!«
    Ich wusste, er war schockiert
und verletzt, aber plötzlich hatte ich genug von den internen Problemen der
Savages. Die äußeren waren schon mehr als genug. Schnippischer als
beabsichtigt, sagte ich: »Ich wusste gar nicht, dass ich eine Moralklausel in
eure Arbeitsverträge aufgenommen habe.«
    Langsam drehte er sich zu mir
um. »Sag nicht, du billigst, dass dieses kleine Monster unsere Familie
kaputtmacht.«
    »Ach, Herrgott! Eure Familie
war schon kaputt genug, bevor er sie auch nur zu Gesicht gekriegt hat!«
    »Du billigst es tatsächlich!«
    »Ich sagte schon, ich bin nicht
glücklich darüber. Aber es steht mir nicht zu, über sie zu urteilen, genauso
wenig wie über deine Mutter und Vic.«
    Rote Flecken erschienen auf
seinen Wangen. »Das kannst du nicht vergleichen. Mom wurde in die Sache mit Vic
getrieben.«
    »Niemand wird in eine Affäre
getrieben. Deine Mutter hat sich dafür entschieden, eine einzugehen. Genau wie
dein Vater.« Ich hielt kurz inne. »Und wie du, wenn du dich mit Charlotte
triffst, während Maggie arbeitet.«
    Mick sog Luft durch die Zähne
und drehte sich wieder zum Fenster. Er war jetzt stinksauer auf mich, das
merkte ich an seiner Haltung. Er brauchte ein Weilchen, um seinen Zorn zu
bezähmen. Schließlich sagte er: »Getroffen, Shar.«
    »Ins Schwarze, hm?«
    Wieder eine ausgedehnte
Schweigepause. »Okay, vielleicht bin ich ja in manchem der Sohn meines Vaters.«
    »In vielem. Du hast seine
Großzügigkeit und seinen gesunden Menschenverstand und seine Entschlossenheit
und seine Fähigkeit zu lieben. Du darfst all diese Eigenschaften an ihm nicht
aus dem Auge verlieren, nur weil er Fehler gemacht hat. So wenig, wie er sie an
dir aus dem Auge verlieren darf, wenn du Fehler machst.« Kurz darauf drehte er
sich um, den Mund zu einer schiefen Grimasse verzerrt. »Ich benehme mich wie
ein Arschloch, ist es das, was du sagen willst?«
    »Du hältst dich für schlimm? Du
hättest mich mal sehen sollen, als Ma mir gesagt hat, dass sie sich von Pa
trennen will. Ich, eine erwachsene Frau von Mitte dreißig, habe das so
persönlich genommen, dass ich mich im Bad eingeschlossen und geheult habe.«
    »Echt?« Er studierte mein
Gesicht, und schien eine ganz neue Seite von mir zu entdecken. »Okay«, sagte
er, »ich will versuchen, ihm ein bisschen Leine zu lassen. Aber Rae werde ich
nie verzeihen, was sie getan hat. Niemals.«
    Das

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