Das Geflecht
beobachten und nach Abzweigungen Ausschau zu halten.
«Seltsam ist es schon, dass diese beiden Männer einfach so verschwunden sind», meinte Traveen nachdenklich. «Glauben Sie wirklich, dass sie den Nebenstollen suchen gegangen sind?»
Carolin zuckte die Achseln. «Ich kann es mir anders nicht erklären. Was glauben Sie denn?»
Traveen schwieg eine Weile. «Ich weiß nicht. Ich werde das Gefühl nicht los, dass an der Sache etwas faul ist.»
«Inwiefern?»
«Nun ja … auch ich habe nicht die feine Nase meiner Tochter, aber dafür Augen im Kopf. Ich habe die beiden Kerle beobachtet. Ist Ihnen aufgefallen, wie nervös der Ingenieur war?»
«Na ja – sein Sohn ist dort unten in der Höhle, und als Aufseher des Bergwerks fühlt er sich für das Unglück verantwortlich», meinte Carolin.
«Aber dieser Böttcher war keine Spur nervös! Im Gegenteil: Er hat die meiste Zeit geschwiegen, aber den Ingenieur ständig im Auge gehabt. Es war fast … wie soll ich sagen … als würde er ihn bewachen. Merkwürdiger Mensch.»
«Sie mögen ihn nicht?»
«Irgendwie war mir der Mann unheimlich. Dieser kalte Blick … und überhaupt: Was hat er mit der ganzen Sache zu schaffen? Warum war er überhaupt dort?»
«Sagte er nicht, er sei ein Freund der Familie?»
«Auf mich wirkte er nicht so, als ob er
irgendjemandes
Freund wäre.»
Carolin stoppte, denn eben glaubte sie den Forstweg zu erkennen, an dem sie bereits auf der Herfahrt vorbeigekommen war. Im Licht der Scheinwerfer blitzte ein verwittertes Schild auf: «Wanderweg Duwengrund».
«Na bitte!», triumphierte sie und bog auf den Weg ein, der kaum mehr als eine Schneise zwischen dichten Bäumen war.
«Vorsicht! Das wird eng!», warnte Traveen.
Er hatte völlig recht: Der Weg war eindeutig nicht für motorisierte Fahrzeuge geschlagen, und so holperten sie eine Weile dahin, während Buschwerk und tiefhängende Zweige über die Seitenfester streiften. Die Pistenpartie endete abrupt, als sie einen offenen Platz erreichten. Carolin stoppte gerade noch rechtzeitig, als im Scheinwerferlicht ein hölzerner Tisch mit Sitzbänken erschien, der den Ort als Rastplatz auswies.
«Wir sind da.»
Traveen seufzte erlöst. «Jetzt hätte ich nichts dagegen, ein paar Schritte zu Fuß zu gehen.»
«Wunderbar.» Carolin griff ins Handschuhfach und förderte die Taschenlampe zutage, die sie seit einer nächtlichen Reifenpanne stets im Wagen mitführte. Als sie ausstieg und die Lampe anknipste, musste sie allerdings feststellen, dass die Batterie bereits sehr schwach war und der schmale Lichtkegel kaum mehr zwei Meter weit reichte.
«Herr Bringshaus? Hallo?»
«Scheint niemand hier zu sein», meinte Traveen, der sich auf dem dunklen Platz umblickte. «Wo geht’s lang?»
«Irgendwo da drüben muss ein Fußweg sein.» Carolin tastete sich zum Rand der Lichtung und fand einen schmalen Trampelpfad, dem sie vorsichtig folgten. Er führte auf eine grasbewachsene Ebene hinaus, die in einiger Entfernung von einer meterhohen Felswand begrenzt wurde.
«Hallo?», rief Carolin erneut.
Niemand antwortete.
«Und jetzt?» Traveen kratzte sich am Kopf. «Die beiden sind offenbar nicht hier – und den Stolleneingang finden wir mit dem bisschen Licht niemals.»
«Lassen Sie es uns wenigstens versuchen!», bat Carolin und pirschte durch das hohe Gras zur Felswand.
••• 04 : 02 ••• JUSTIN •••
Justin spürte kaum, wie man ihn unter den Armen packte und in die Höhe zog. Widerwillig wie jemand, der aus tiefem Schlaf geweckt wird, bewegte er seine Füße, wobei er bemerkte, dass die Koordination seiner Muskeln ihm Schwierigkeiten bereitete. Immerhin gelang es ihm, sich auf den Beinen zu halten und an Danas Seite vorwärtszustolpern, die ihn am Arm führte.
«Wir haben es bald geschafft», redete sie beständig auf ihn ein. «Du musst nur noch ein wenig durchhalten.»
Vage wunderte er sich, wie ungewohnt diese Worte für ihn klangen. Normalerweise war
er
es, der Dana Mut zusprach, und dieser Rollentausch berührte ihn selbst in seinem benebelten Zustand eigenartig.
Allerdings verstand er nur phasenweise, was Dana sagte. Ein Teil seines Geistes wusste, was vor sich ging: dass sie sich immer noch in der Höhle befanden und nach dem Ausgang suchten. Jedes Mal, wenn es eine Felsstufe oder eine andere Unebenheit zu überqueren galt, war er für Sekunden etwas wacher und schaffte es sogar, seine Füße mit Bedacht zu setzen. Ging es jedoch längere Zeit ohne
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