Das Geflecht
bringen!»
Karin seufzte ungläubig. «Und was
ist
das für ein Geschäft?»
«Das kann ich dir im Moment nicht erklären.»
«Hoffentlich nichts, was du zusammen mit diesem Böttcher ausgeheckt hast!»
Erschrocken blickte Bringshaus auf. «Wie kommst du denn darauf?»
«Glaub ja nicht, dass ich weghöre, wenn du telefonierst! Ich weiß genau, dass du ihm Geld gegeben hast, damit er jemanden bei der Stadtverwaltung schmiert, der euch beiden Aufträge zuschanzt. Für ihn mag sich das rentieren, aber ich wette, dass er dich dabei übers Ohr haut. Der Kerl ist ein Gauner, Jörn! Dass du das nicht begreifst, nur weil du mit ihm zur Schule gegangen bist, zeigt deinen Mangel an Instinkt.» Sie schüttelte den Kopf. «Falls dieses ‹große Geschäft› dir den Hals bricht, werde ich jedenfalls nicht mehr da sein, um mir dein Gejammer anzuhören. Ich werde ausziehen – gleich morgen. Und Justin nehme ich mit.»
Ein schwarzer Fleck erschien auf der Leinwand seiner Erinnerungen, breitete sich aus und verzehrte sie wie ein Brandloch mit schwelenden Rändern. Zurück blieb tiefe Dunkelheit. Für einen Moment kehrte Bringshaus widerstrebend in seinen Körper zurück. Er wurde sich bewusst, wo er war, spürte seinen schmerzhaft verkrampften Arm, die Taubheit in den Beinen, das eisige Wasser und die pochende Schwellung seiner Haut unter dem pelzigen Belag, der begonnen hatte, sein Gesicht zu überwuchern. Offenbar blieb es ihm verwehrt, einfach wegzudämmern, wie er gehofft hatte. War dies die Strafe für seine Schuld? Sein persönliches Fegefeuer?
Der größte Fehler meines Lebens, dachte er mit jäher Klarheit. Und wohin hat er mich gebracht? In ein Schlammloch voller Kadaver, irgendwo unter der Erde. Ich werde langsam erfrieren, von diesem Morast verschluckt und in meine Bestandteile aufgelöst werden … lebendig verdaut … und vielleicht geschieht es mir recht.
••• 03 : 52 ••• TIA •••
Zum elften Mal tauchte Tia aus dem Syphon auf, kroch an Land und hatte eben noch genug Kraft, um Leon hinter sich herzuziehen.
Dann rollte sie sich auf den Rücken und streckte alle Viere von sich. Sie fühlte sich so erschöpft wie noch nie.
Ein Gutes hat die Sache, dachte sie. Falls wir noch schädliche Partikel auf der Haut hatten, sind sie jetzt gründlich abgewaschen.
«Haben Sie ihn?», rief Dana, die sofort an ihre Seite eilte.
«Ich bin hier», brachte Leon zwischen zwei krampfhaften Atemzügen hervor.
«Oh Gott sei Dank … Gott sei Dank …» Es klang, als kämpfte Dana mit Tränen der Erleichterung. «Wie geht es Ihnen?»
«Ganz okay», keuchte Leon.
«Nur kalt», flüsterte Tia und kreuzte zitternd die Arme vor der Brust.
«Soll ich Sie wärmen?», bot Dana an.
«Lieber nicht.» Tia wusste, dass die beiden jungen Leute sich inzwischen wieder angezogen hatten. «Ihre Kleidung muss um jeden Preis trocken bleiben. Und auch wir dürfen unsere nicht anziehen, solange wir pitschnass sind.»
Ihr fiel auf, dass sie keinen Laut von Justin hörte, der irgendwo in der Nähe am Boden kauern musste. Schon vor ihrem letzten Tauchgang war er schweigsam gewesen, und Leons Rettung schien er kaum zur Kenntnis genommen zu haben.
«Geht es Ihnen beiden gut?»
Dana antwortete nicht sofort. «Nun sagen Sie schon!»
«Na ja», druckste Dana. «Justin …»
«Was ist mit ihm?»
«Er ist … so seltsam. Er reagiert kaum, wenn ich mit ihm rede. Ich musste ihm helfen, sich anzuziehen, weil er sich irgendwie nicht richtig bewegen kann.»
Tia vergaß augenblicklich die Kälte, setzte sich auf, tastete nach dem jungen Mann und bekam seine Knie zu fassen. Er saß zusammengekauert an der Rückwand der Höhle, schwer atmend und mit gesenktem Kopf.
«Was ist los mit Ihnen, Justin?»
Es dauerte eine Weile, bis er antwortete, als würden ihre Worte nur langsam zu ihm durchdringen. Seine Stimme klang undeutlich.
«Nichts … Ich bin nur … müde.»
Tia legte eine Hand auf seine Wange und horchte auf seinen Atem.
«Was ist mit ihm?», fragte Leon, der an ihre Seite gekrochen war.
«Ich bin mir nicht sicher.» Tia zählte Justins Herzschläge, zwei Fingerkuppen auf seine Halsschlagader gelegt. «Sehr langsamer Puls, unter sechzig.»
«Er friert», meinte Dana mitfühlend.
Tia schüttelte den Kopf. «Dann müsste der Puls erhöht sein. Justin, haben Sie sich irgendwo verletzt? Denken Sie nach!»
Wieder brauchte Justin einige Zeit, um artikuliert zu antworten. «Nur dieser Kratzer
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