Das gefrorene Lachen
Vorbereitungen für das Festmahl, die Gästeliste ist so lang, dass sie einmal um das ganze Schloss reicht. Sie haben ein halbes Dutzend neue Dienstmädchen eingestellt, die Jüngste meiner Schwester ist auch dabei, und es soll ein Feuerwerk geplant sein.«
»Ja, und es wird eine Theateraufführung geben, etwas ganz Besonderes. Und Turridu spielt auf!«, mischte sich Jasper ein, der am Nebentisch vor seinem dritten Krug Bier saß. »Ein Fest ist nur dann ein gutes Fest, wenn Turridu und seine munteren Gesellen aufspielen. Das ist meine Meinung, jawohl!«
Der Lehrer legte seufzend seine Zeitung beiseite. An eine geruhsame Lektüre war allem Anschein nach für die nächsten Minuten nicht mehr zu denken. »Meine Frauhat erzählt, dass die Köchin gekündigt hat«, verpasste er der allgemeinen Euphorie einen Dämpfer.
»Ach was«, die Wirtin nahm seinen Wortbeitrag als Einladung und zog sich einen Stuhl heran. »Mathilde will schon in den Ruhestand gehen, seit ihre Tochter drüben in Wiesenau ihr drittes Kind bekommen hat. Die Schlossküche ist nichts, wenn man nicht mehr gut stehen kann. Es soll schon jemand gefunden sein, der den Posten übernimmt. Jemand mit einer sehr guten Reputation!« Sie beugte sich vor und tippte auf die Zeitung des Lehrers. »Die Anzeigen waren überall zu lesen.«
»Hm«, machte der Lehrer, der keine Anzeigen zu lesen pflegte.
»Unser guter König Ferdinand hat drei Tage Freibier für alle ausgerufen«, rief Jasper und leerte seinen Humpen mit seliger Miene. »Drei Tage Freibier. Ist das nicht großzügig von ihm?«
»Da wird deine Frau sich aber freuen«, murmelte der Wirt, der gerade ein neues Fass hereinrollte. »Ja, er ist sehr großzügig, unser guter König.« Er wuchtete das Fass in seine Halterung und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Die Tür flog auf und knallte gegen die Wand. Ein Windstoß fegte Staub von der Straße in die Wirtsstube. Einen Atemzug lang herrschte erschreckte Stille.
»Entschuldigung«, sagte der Gendarm und nahm seinen Helm ab. »Ist mir aus der Hand gerutscht, die Tür. Gustav, ich habe schrecklichen Durst.« Er ging zur Theke und lehnte sich dagegen. »Warm ist es«, fügte er hinzu.
»Sehr warm«, pflichtete ihm der Krämer bei, der gerade seinen Teller mit einer Scheibe Brot auswischte. Er knöpfte seine Weste ein Stück weiter auf und ächzte. »Ich muss gleich noch hinauf ins Schloss. Die Küche hat Spezereien bestellt und der Herr Hofzauberer Schokolade und eine Lieferung feinen drachenländischen Jasmintee für sein Fräulein Tochter. Das ist neuerdings ihr Leibgetränk.« Er zwinkerte bedeutungsvoll. »Den bekommt man nur bei mir«, setzte er hinzu. »Falls also jemand nach einem passenden Geschenk sucht …«
Die Tür flog wieder auf. »Onkel Gustav«, rief Lene und rückte das Wickelkind zurecht, das auf ihrer Hüfte saß, »ich brauche Hilfe mit dem Karren. Steckt mein Mann irgendwo bei euch?«
»Hubert ist hinten und repariert den Verschlag«, gab der Wirt zur Antwort. »Setz dich hin, iss etwas. Marthe macht dir ein Brot mit Ei.«
Die Wirtin stand auf und verschwand in der Küche. »Hat die kleine Philippa denn jetzt ihre Prüfung hinter sich?« rief sie von drinnen. Eine Pfanne schepperte auf dem Herd und ein Messer wurde gewetzt.
»Ja, vor einer Woche«, antwortete der Lehrer und griff erleichtert wieder nach seiner Zeitung. »Mit Auszeichnung«, fügte er hinzu und suchte nach der Stelle im Leitartikel, bei der er gestört worden war.
»Buckelhorn war es, nicht?« Die Wirtin gab nicht auf. Emsiges Rühren untermalte ihre Worte. »Ein schreckliches Instrument, nichts für ungut, Ludwig.«
Der Lehrer hob eine Braue. »Ein schwieriges Instrument, Marthe«, korrigierte er sie mild. »Aber nicht nurdas, sie ist nun Vollmagierin der ersten Stufe. Es gibt nicht viele Mädchen in diesem Beruf.«
»Das wäre nichts für mich«, murmelte Lene und wiegte ihren Säugling in den Armen. »Da muss man so unappetitliche Sachen machen. Dämonen bekämpfen und Geister vertreiben und Tränke aus Froschdärmen herstellen. Igitt.«
»Oder so eklige Sachen wie einen bösen König vertreiben und verzauberte Menschen befreien«, knurrte der Gendarm und funkelte sie wütend an. »Ohne das Fräulein Philippa wäre ich immer noch ein Tick-...«
»Mathis«, schrie die Wirtin auf, die mit einem Teller in der Hand aus der Küche kam. »Dieses Wort nicht in meiner Gaststube! Wir hatten uns doch darauf geeinigt, diese ganze Geschichte zu vergessen, ja?«
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