Das gefrorene Licht. Island-Krimi
ihn anstelle von Jónas zu verhören?«
»Das tun wir bereits«, sagte þórólfur und drehte geschickt einen Bleistift zwischen den Fingern. »Ungeachtet des Ergebnisses seines DNA -Tests, müssen wir auch deinen Mandanten einem solchen Test unterziehen.«
»Warum denn das?«, fragte Dóra. »Wenn das Sperma von dem Bauern stammt, kann es wohl kaum von Jónas sein?« þórólfur grinste fies, und bei Dóra fiel der Groschen. »In Birnas Vagina befand sich Sperma von zwei Männern?«
þórólfur hörte unvermittelt auf, mit dem Bleistift zu spielen. »Vielleicht«, antwortete er nach kurzem Zögern.
Dóra brauchte keine weiteren Beweise. Birna hatte am Tag ihres Todes mit zwei Männern geschlafen. Der eine war Jónas und der andere Bergur – oder der Mörder, oder es handelte sich dabei um ein und dieselbe Person. Dóra spürte, wie Jónas neben ihr erstarrte. Ihr war klar, worüber er sich Gedanken machte. Sie beugte sich zu ihm und flüsterte ihm ins Ohr, sodass die Polizisten es nicht hören konnten: »Du warst bestimmt der Erste.« Sie konnten es sich nicht leisten, dass Jónas noch nervöser wurde. Sie spürte, wie er sich ein wenig entspannte. »Mit einer Frau zu schlafen bedeutet nicht unbedingt, sie gleich umzubringen, oder?«, sagte sie zu þórólfur und fügte hinzu: »Jónas ist zum jetzigen Zeitpunkt nichts Derartiges nachzuweisen.«
»Nein, nicht unbedingt«, antwortete þórólfur. »Wenn aber die Ermordete Verletzungen an den inneren und äußeren Geschlechtsorganen hat, die darauf schließen lassen, dass sie vergewaltigt wurde, sieht die Sache ganz anders aus. Oder?«
Dóra beschloss, darauf nicht einzugehen. »Gibt es noch weitere unklare Punkte, oder ist Jónas’ angebliches Sperma das Einzige, wofür ihr noch keine Erklärung habt?«
»Es gibt noch mehr«, sagte þórólfur. »Wir sollten uns nochmal über die SMS unterhalten, die von deinem Handy geschickt wurde, Jónas. Kannst du uns das etwas näher erläutern als beim letzten Mal? Zum Beispiel, wo du an dem fraglichen Abend zwischen neun und zehn gewesen bist?«
Jónas drehte sich verzweifelt zu Dóra. Sie nickte ihm aufmunternd zu und zwinkerte kurz. »Ich kann die SMS nicht näher erläutern. Ich hab sie nicht geschickt, also muss jemand mein Handy geklaut und es dafür benutzt haben. Ich bin gegen sieben spazieren gegangen und hab das Handy hiergelassen. In der Zwischenzeit muss es jemand gestohlen haben.«
»Gestohlen, hm«, sagte þórólfur spöttisch. »Gestohlen und wieder zurückgegeben, was?«
»Ja«, sagte Jónas nachdrücklich. »Ich hab es nicht immer bei mir, lasse es hier und da liegen, es ist also gar nicht schwer.« Angespannt massierte er seine Schläfe. »Im Hotel waren jede Menge Leute, wir hatten eine Séance. So gut wie jeder hätte es tun können.«
»Seltsam, dass du das gerade jetzt erwähnst«, sagte þórólfur nachdenklich. »Wir haben uns nämlich just mit dieser Veranstaltung näher beschäftigt. Wie du gesagt hast, war es hier proppenvoll, aber trotzdem kann sich niemand daran erinnern, dich an dem fraglichen Abend gesehen zu haben. Wohin ging denn dein Spaziergang? Runter zum Strand?«
»Nein!«, sagte Jónas laut und schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte. »Ich bin einfach durch die Gegend gewandert, erst den Zufahrtsweg hoch, um zu kontrollieren, wie weit sie mit dem Abwasserkanal waren, und dann bin ich vielleicht noch eine Stunde spazieren gegangen. Als ich zurückkam, war ich kurz in meinem Büro und bin dann in meine Wohnung gegangen. Es hat mich bestimmt jemand im Hotel gesehen. Ich hab mich nicht versteckt. War um kurz vor zehn wieder hier. Die Séance war noch nicht zu Ende, wenn ich mich recht erinnere.«
»Es will dich aber trotzdem niemand gesehen haben. Weder drinnen noch draußen. Um halb zehn gab es eine Pause, ungefähr bis zehn. In der Pause spazierten die Teilnehmer überall herum, gingen nach draußen zum Rauchen, holten sich Kaffee, aber niemand hat dich gesehen. Obwohl du genau zu der Zeit wiedergekommen bist«, sagte þórólfur. »Aber jetzt etwas anderes. Gestern Abend wurde eine zweite Leiche in einem Pferdestall ganz hier in der Nähe gefunden. Kannst du mir sagen, wo du am gestrigen Sonntag gegen Abend warst?«
»Ich? Ich war in Reykjavík«, antwortete Jónas.
»Wann bist du dahin gefahren?«
»Ich bin gegen zwei Uhr losgefahren.« Jónas’ Stimme zitterte ein wenig.
»Du bist doch bestimmt durch den Tunnel gefahren, oder?«
»Ja«, sagte Jónas, bevor
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