Das gefrorene Licht. Island-Krimi
Matthias ignorierte er. »In Ordnung«, meinte er griesgrämig. »Ich rede kurz mit euch, aber nicht hier. Draußen im Pferdestall ist eine kleine Kaffeestube. Da können wir uns hinsetzen.« Er ging wieder in den Flur, zog seine Schuhe an und rief laut: »Rósa! Ich bin draußen!« Dann schloss er wortlos die Tür hinter sich, obwohl seine Frau etwas zurückrief, was Dóra nicht verstehen konnte. Schweigend ging er los.
»Dieser Pferdestall ...« rief Dóra ihm hinterher, während er vor ihnen her zu einem neueren wellblechverkleideten Gebäude marschierte, » ... ist das der Stall, in dem Eiríkurs Leiche gefunden wurde?« Bergur antwortete nicht. Dóra warf Matthias einen Blick zu und signalisierte ihm, dass es nicht besonders gut lief. Sie wedelte mit der Hand vor ihrem Mund herum und zeigte dann auf Matthias. Sie wollte ihn dazu bringen, sich am Gespräch zu beteiligen. Er schüttelte nur den Kopf.
Sie folgten Bergur zu einer mächtigen Tür, die er mit großer Anstrengung öffnete. »Kommt rein«, sagte er.
»Danke«, sagte Dóra und musste über Matthias’ Gesichtsausdruck lachen. Der Gestank des Pferdemists traf ihn wie ein Donnerschlag. »Gut, dieser Pferdegeruch«, sagte sie zu ihm, ohne dass Bergur sie hören konnte, und blinzelte. Matthias hatte die Lippen so fest zusammengepresst, dass ein Lächeln nicht mehr möglich war. In der Kaffeestube entspannte sich sein Gesicht ein wenig.
»Ihr könnt euch da hinsetzen«, sagte Bergur und zeigte auf drei gepolsterte, um einen alten Küchentisch gruppierte Stühle. Er lehnte sich an einen kleinen Waschtisch mit einer schmutzigen Kaffeemaschine und einer Kiste Gewehrpatronen.
»Vielen Dank«, sagte Dóra und nahm Platz. Sie sah, dass Bergur angewidert beobachtete, wie Matthias sich erst auf den Stuhl setzte, nachdem er mit der flachen Hand darübergewischt hatte. »Ich weiß nicht, ob du mich eben gehört hast«, sagte Dóra, »aber ist das der Pferdestall, in dem Eiríkurs Leiche gefunden wurde?«
Bergur nickte. »Ja.«
»Und du hast ihn gefunden, oder?«, fragte Dóra. Wieder nickte er schweigend. »Und du hast auch Birnas Leiche entdeckt. Seltsam«, fügte sie hinzu und machte ein verwundertes Gesicht.
Bergur antwortete nicht direkt, sondern starrte sie intensiv unter seinen schwarzen, dichten Augenbrauen an, bis Dóra seinem Blick ausweichen musste. Endlich ergriff er das Wort. »Willst du damit irgendwas andeuten?«, fragte er trocken. »Falls das so ist, kann ich dir nur sagen, was ich auch der Polizei gesagt habe – ich habe nichts mit diesen Todesfällen zu tun.«
»Mordfälle«, korrigierte ihn Dóra. »Sie wurden beide ermordet. Wie dem auch sei, wir wissen, dass du mit Birna eine Affäre hattest. War zwischen euch noch alles okay?«
Bergur errötete leicht. Dóra war sich nicht sicher, ob aus Wut oder aus Scham darüber, mit Unbekannten über seinen Ehebruch zu sprechen. Seine Stimme ließ eher auf Letzteres schließen. »Es lief gut«, sagte er und presste die Lippen zusammen.
»Wusste deine Frau davon? Wie heißt sie nochmal?«, sagte Dóra und fügte dann hinzu: »Ach ja, Rósa. Wusste Rósa davon?«
Seine Röte verstärkte sich. »Nein«, antwortete Bergur. »Sie wusste es nicht und ist immer noch nicht dahintergekommen, glaube ich. Jedenfalls hat sie es von mir nicht erfahren.«
»Es war also nichts Ernstes?«, fragte Dóra. »Ich frage nur, weil du es vor deiner Frau verheimlicht hast.«
»Hätte mehr draus werden können«, antwortete Bergur nervös. »Ich wollte mich von Rósa trennen. Es war nur noch eine Frage der Zeit.«
»Verstehe«, sagte Dóra. »Dann ist es jetzt vielleicht nicht mehr nötig, mit ihr darüber zu reden, oder wie?«
»Das geht dich nichts an«, antwortete Bergur mit feuerrotem Gesicht.
»Nein, natürlich nicht«, sagte Dóra. Sie setzte sich auf ihrem Stuhl zurecht, der dabei fast zusammenbrach. »Ich habe heute etwas über Birna gehört, das mir merkwürdig vorkommt.« Sie verstummte, so als überlege sie, ob sie Bergur etwas anvertrauen konnte.
»Was denn?«, fragte Bergur neugierig.
»Ach, vielleicht ist es nur dummes Zeug«, sagte Dóra und musterte ihre Fingernägel. Dann sah sie auf und schaute Bergur direkt in die Augen. »An dem Tag, an dem Birna ermordet wurde, hatte sie mit zwei Männern Geschlechtsverkehr. Mit dir, nehme ich an, und mit einem anderen. Vielleicht mit dem Mörder – vielleicht auch nicht. Ist es möglich, dass euer Verhältnis in ihren Augen nur ein Zeitvertreib war?«
Bergur
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