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Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Titel: Das gefrorene Licht. Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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man auch ganz bestimmt nicht hinausschauen konnte. Ein noch feuchter Säugling, der sich in ein blutiges Tuch gehüllt mit einem Arm über den Erdboden zog, schien auf einmal kein so irrealer Anblick mehr zu sein, obwohl sie Matthias damit aufgezogen hatte. Dóra schlüpfte wieder zu ihrer Tochter ins Bett, entschlossen, keinem Menschen davon zu erzählen. Sie musste sich das alles eingebildet haben. Durch das geschlossene Fenster hörte sie undeutlich, wie das erbärmliche Heulen aufs Neue einsetzte.

30 . KAPITEL
    DIENSTAG , 13 . JUNI 2006
    Der Richter saß in einer dunklen Robe mit Samtvolants da und sah Dóra durchdringend an. Seine Hände waren vor dem Mund gefaltet, sodass er ihr ebenso gut die Zunge hätte herausstrecken oder gelangweilt das Gesicht verziehen können. »Die Verteidigung möge bitte fortfahren«, sagte er mit tiefer Stimme. »Das ist bemerkenswert.«
    Dóra lächelte ihm höflich zu. »Wie ich bereits sagte, bin ich völlig zufällig auf dieses Indiz gestoßen und habe die Polizei sofort darüber informiert. Ich stimme nicht mit der Ansicht der Ermittlungsbehörden überein, dass ich sie vor Ablösen des Fotos hätte kontaktieren sollen. Dessen Bedeutung für die Ermittlungen konnte ich erst einschätzen, nachdem ich das Motiv gesehen hatte. Dafür musste ich es ablösen. Ich habe penibel darauf geachtet, nichts unnötig zu beschädigen, und das Foto lediglich mit einer Pinzette berührt.«
    »Wie im CSI
Miami
?«, fragte der Richter und nahm die Hände vom Gesicht. Er lächelte Dóra zu.
    »Ja, kann man sagen.« Sie erwiderte sein Lächeln.
    Der Richter wandte sich an den Bezirksanwalt, der die Untersuchungshaft beantragt hatte. »Die Behörden scheinen noch nicht ausreichend in dem Fall ermittelt zu haben. Anstatt den Argumenten der Verteidigung zu widersprechen, wäre es angebracht, ihr für die Unterstützung zu danken. Es ist gänzlich unklar, ob das betreffende Foto sonst überhaupt den Behörden in die Hände gefallen wäre.«
    Der Bezirksanwalt bat darum, auf die Sache eingehen zu dürfen und stand auf. »In der Tat begrüßen wir das Auftauchen dieses Beweismittels, und selbstverständlich wird die neue Sachlage untersucht. Die Kriminalpolizei hat trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit gestern Abend umgehend einen Beamten zum Hotel geschickt, und das Foto wird in diesem Augenblick begutachtet.« Er räusperte sich. »Wir sehen jedoch keinen Anlass, warum der Antrag auf Untersuchungshaft allein aus diesem Grund abgelehnt werden sollte. Der Angeklagte hat seine Position keineswegs ausreichend dargestellt und ist immer noch der Hauptverdächtige dieser entsetzlichen Taten. Das Foto allein ändert daran nichts.«
    »Was hat die Gegenseite dazu zu sagen?«, fragte der Richter.
    »Das Foto ist bei weitem nicht das einzige Indiz. Baldvin Baldvinssons Auto fuhr am Sonntag um 17 : 51 Uhr durch den Hvalfjörður-Tunnel. Das heißt, er war früh genug in Snæfellsnes, um den zweiten Mord begehen zu können, auch wenn er sich meines Wissens nicht an diese Fahrt erinnern kann. Die Polizei verfügt bestimmt über eine ebensolche Liste des Tunnelverkehrs von dem Tag, an dem Birna ermordet wurde, und nach meinen Informationen befand sich besagter Baldvin an jenem Tag ebenfalls vor Ort. Er nahm gegen Abend an einer spiritistischen Sitzung teil, die er in der Pause wieder verließ, was bedeutet, dass er ausreichend Gelegenheit hatte, Birna zu töten. Des Weiteren verfügt die Polizei gewiss über den E-Mail-Verkehr zwischen Baldvin und Birna, den ich bisher noch nicht einsehen durfte, was übrigens – bis auf eine Aufstellung über die Tunneldurchfahrten am Sonntag, die die Polizei mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat – auch für weitere Beweismittel gilt.« Dóra sah aus dem Augenwinkel, wie þórólfur auf seinem Stuhl im Gerichtssaal herumrutschte. Augenscheinlich konnte er es nicht erwarten, diese Verdrehung der Tatsachen richtigzustellen, aber die einzige Möglichkeit bestünde darin, zuzugeben, dass er die Liste schlicht und ergreifend auf dem Tisch im Hotel vergessen hatte. Daher hielt er sich zurück. Dóra fuhr fort: »Des Weiteren weise ich darauf hin, dass das Opfer im Stall möglicherweise die gängige Abkürzung für Reykjavík, REK , auf die Wand schreiben wollte, wobei es ihm aber nicht gelang, den letzten Buchstaben korrekt einzuritzen. Aus dem K kann versehentlich ein R geworden sein. Dabei sollte man berücksichtigen, dass im selben Augenblick ein wilder Hengst auf ihn

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