Das gefrorene Licht. Island-Krimi
organische Substanz in Birnas Vagina gefunden worden war – sie wurde als
A. barbadensis Mill., A. vulgaris Lam.
bezeichnet. Dóra notierte den Begriff. Vielleicht kannte Matthias ihn, aber sie machte sich keine großen Hoffnungen. Vermutlich handelte es sich um etwas, das Birna sich selbst eingeführt hatte – aber zu welchem Zweck?
Matthias saß an der Bar und trank Bier. Dóra legte die Akte auf den Tresen und setzte sich neben ihn. »Sind die Kinder noch zu dritt?«
»Na ja, so gerade«, antwortete Matthias. »Dein Sohn und deine Tochter waren ziemlich grün im Gesicht, als sie von dem Strandspaziergang zurückkamen. Das schwangere Mädchen war die Einzige, die gesund aussah. Ich hab ihnen an der Bar eine Cola spendiert. Sie sind damit aufs Zimmer gegangen und wollten sich einen Film angucken.«
»Ich meinte, ob noch ein Kind dazugekommen ist«, erklärte Dóra, winkte dem Kellner und bestellte ein Glas Wasser.
»Nein, du bist immer noch nicht Oma geworden, also genieß das Leben«, entgegnete Matthias. Er stieß mit seinem Bier gegen ihr Wasserglas. »Hast du was gefunden?«, fragte er und zeigte mit dem Glas auf die Mappe, bevor er einen Schluck trank.
»Nein, nicht wirklich. Beiden Leichen wurden Nadeln in die Fußsohlen gesteckt, und an Eiríkur war ein Fuchs festgebunden. Aus dem Obduktionsbericht des Tiers geht hervor, dass es schon länger tot war. Mit einem Gewehr erschossen. Leider keine Erklärung, was es mit dem Fuchs auf sich hat.«
»Hast du denn noch nichts von der charmanten Bella gehört?«, fragte Matthias.
»Mist, die hab ich total vergessen.« Dóra kramte ihr Handy hervor und wählte eilig die Nummer der Kanzlei.
»Hallo«, ertönte Bellas Stimme am anderen Ende der Leitung. Kein
Anwaltskanzlei Innenstadt, guten Tag
oder etwas Ähnliches, das dem Anrufer zu erkennen gab, dass er mit einer seriösen Kanzlei und nicht mit einem Privatanschluss verbunden war.
»Hallo Bella, hier ist Dóra. Hast du etwas über Füchse und Pferde rausgekriegt?«
»Hä?«, klang es dümmlich aus dem Hörer. »Ach das.« Sie verstummte. Dóra meinte, ein saugendes Geräusch und ein anschließendes hektisches Pusten zu hören.
»Bella, rauchst du etwa im Büro?«, fragte Dóra gereizt. »Du weißt doch, dass das verboten ist.«
»Nee«, antwortete Bella, »spinnst du?« Dóra war sich sicher, das Knistern brennenden Tabaks zu hören. War es möglich, dass das Mädchen auf Pfeife umgestiegen war? »Also, die Pferdeleute, mit denen ich gesprochen hab, hatten noch nie was von einem solchen Zusammenhang gehört. Ich hab dann noch einen befreundeten Jäger gefragt, und der hat gesagt, Pferde könnten vor Angst durchdrehen, wenn sie einen Fuchskadaver wittern. Vor allem, wenn er aufgeschlitzt ist.«
»Ist das nur in Jägerkreisen bekannt?«, fragte Dóra gespannt. »Wissen Pferdekenner das nicht, oder glaubst du, diejenigen, mit denen du gesprochen hast, haben einfach keine Ahnung?«
»Keine Ahnung von Füchsen?«, fragte Bella ironisch. »Was weiß denn ich. Ich denke, im Allgemeinen wissen die so was nicht. Wann begegnet man denn verdammt nochmal einem Fuchs?«
»Danke, Bella, du kannst dir für den Rest des Tages freinehmen.« Das war nicht übermäßig großzügig in Anbetracht der Tatsache, dass die Abwesenheit der Sekretärin keine Veränderung des Arbeitsalltags darstellen würde. Dóra legte auf und wiederholte das Gespräch für Matthias.
»Dann hat der Mörder den Fuchs also an Eiríkur festgebunden, um das Pferd verrückt zu machen. Damit der Mann nicht nur schwere Verletzungen davontragen, sondern ganz bestimmt sterben würde.« Matthias hob die Brauen. »Vollkommen kaltblütig.«
»Reiter wissen angeblich im Allgemeinen nicht, wie Pferde auf einen Fuchskadaver reagieren«, ergänzte Dóra gedankenversunken, »Jäger schon eher.« Sie überlegte und fügte dann hinzu: »Ob Bergur Jäger ist? Er hat Eiderenten-Brutplätze.« Sie sah Matthias in die Augen. »In der Kaffeestube im Pferdestall stand doch eine Kiste mit Munition!«
Matthias starrte ihr ebenfalls direkt in die Augen. »Kann es sein, dass RER eigentlich BER sein sollte, oder besser gesagt BERGUR , aber Eiríkur es in der Situation nicht besser hingekriegt hat?« Matthias holte sein Handy und rief das Bild auf, das er von dem Gekritzel an der Wand gemacht hatte. Es dauerte eine Weile, bis er das Foto vergrößert und die Buchstaben in die Mitte des Displays geschoben hatte. »Unfassbar«, sagte er nach ausgiebigem Studieren des
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