Das gefrorene Licht. Island-Krimi
er sich wieder zu Dóra. »Ich habe einen Vorschlag«, bellte er. »Sag diesem Jónas, dass wir auf solchen Unsinn pfeifen und dass andere das auch tun werden. Ich glaube nicht, dass moderne Gerichte auf Schadenersatzforderungen wegen Spuk eingehen.« Er atmete eine Weile schwer und fügte dann hinzu: »Nach Anwälten wie dir, die solche Fälle annehmen, muss man bestimmt lange suchen.«
Dóra wusste aus eigener Erfahrung, dass derjenige, der bei einem Disput die Kontrolle verlor, am Ende der Unterlegene war. »Selbstverständlich liegt die Entscheidung bei euch«, sagte sie seelenruhig. »Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass Richter es ungern sehen, wenn man im Vorfeld nicht alles versucht hat, um die Probleme aus dem Weg zu räumen.«
Elín legte ihrem Bruder die Hand auf die Finger, die sich in die geschnitzte Stuhllehne krallten. »Ich verstehe«, sagte sie zu Dóra, ohne ihren Bruder anzuschauen. »Und wie lässt sich das auf andere Weise lösen? Hast du irgendwelche Vorschläge?« Sie schaute zu ihrem Bruder und lächelte ihn ruhig an. »Grundsätzlich sind wir für alles offen.«
»Ein Teufelsaustreiber vielleicht?«, schnaubte Börkur. »Das wäre doch was!«
Dóra überhörte seine Bemerkung und richtete sich an Elín. »Vielleicht sollten wir uns zunächst darüber unterhalten, ob ihr selbst bemerkt habt, dass es dort spukt.«
»Ja, warum nicht?«, entgegnete Elín und verstärkte den Griff um die Finger ihres Bruders ein wenig. »Das lässt sich nämlich leicht beantworten. Mir ist dort noch nie etwas Merkwürdiges aufgefallen, aber ich war auch nicht oft da. Unsere Mutter ist auf Kreppa aufgewachsen, bei Großvater Grímur. Seinem Bruder Bjarni gehörte Kirkjustétt, wo das Hotel gebaut wurde, aber er ist früh verstorben. Falls es irgendwelche Geschichten über die Höfe gibt, müssen sie uns nicht unbedingt zu Ohren gekommen sein.«
»Und du?«, fragte Dóra Börkur. »Hast du etwas bemerkt oder von einem Spuk auf einem der beiden Höfe oder auf dem Grundstück gehört?«
Er schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Dafür gibt es keinen Anlass. Ich gebe nichts auf solchen Quatsch.« Verdrossen fügte er hinzu: »Außerdem war ich noch seltener da als Elín.«
Dóra wandte sich wieder an die Schwester. »Wie kommt es denn, dass die Höfe so gut erhalten sind? Ich habe Kirkjustétt zwar nicht gesehen, bevor das Hotel gebaut wurde, aber wir haben uns Kreppa angeschaut, und ich nehme an, dass das Haus in Kirkjustétt in einem ähnlichen Zustand war.«
»Ja, das stimmt«, antwortete Elín ruhig. »Wir haben die Häuser instand halten lassen. Dieses Haus hier ist in Familienbesitz, seit mein Urgroßvater es gebaut hat. Wir übernachten immer hier, wenn es uns nach Snæfellsnes zieht. Es ist viel größer und nicht so abgelegen wie die beiden Höfe. Mein Bruder und ich sind nicht sehr oft hier und teilen es uns.«
»Und warum habt ihr euch auch um die Höfe gekümmert? War das nicht unnötige Arbeit?«
»Tja«, entgegnete Elín. »Unsere Mutter hat großen Wert darauf gelegt, als sie noch gesund und kräftig war. Sie wollte nichts verändern und im Alter wieder aufs Land ziehen. Sie wollte alles mehr oder weniger so vorfinden, wie es einmal war. Aber dazu ist es nie gekommen. Für ältere Menschen gibt es hier im Vergleich zur Stadt kaum Betreuungsmöglichkeiten.« Sie warf den Kopf in den Nacken. »Als Mutter krank wurde, haben wir uns trotzdem weiter um die Häuser gekümmert, weil unsere Kinder mit der Zeit jeweils einen der Höfe bekommen sollten, wenn sie irgendwann mit ihren eigenen Familien herkommen würden.«
»Aber warum habt ihr denn dann verkauft?«, fragte Dóra. »Ihr haltet die Höfe jahrzehntelang für eure Kinder instand, und wenn sie erwachsen sind, verkauft ihr einfach?«
Elín meinte teilnahmslos: »Tja, so ist es nun mal. Ich habe nur diese eine Tochter, und Börkur hat zwei Söhne. Die beiden interessieren sich nicht für Snæfellsnes, daher war es Unsinn, das Grundstück zu behalten.«
»Und deine Tochter Bertha?«, fragte Dóra. »Ich habe sie ja hier getroffen. Sie kommt bestimmt öfter her.«
»Bertha ist oft hier, das stimmt. Börkur und ich haben uns darauf geeinigt, dass ich ihm seinen Teil dieses Hauses abkaufe.« Elín lächelte auf dieselbe kalte Weise. »Deswegen ist es für mich und meine Tochter überflüssig, noch zwei weitere Häuser hier in Snæfellsnes zu besitzen. Als Kapitalanlage reichen uns die vielen Ländereien der Familie. Allerdings werden
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