Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Titel: Das gefrorene Licht. Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
Vom Netzwerk:
in ein Sanatorium. Schwer zu sagen, ob das etwas geändert hätte. Ich weiß nicht viel über Tuberkulose. Eigentlich gar nichts. Ich weiß nur, dass Großvater sie so gut wie möglich behandelt hat; er war Arzt. Aber es hat leider nicht gereicht.«
    Dóra beugte sich ein wenig vor. »Ich weiß, dass euch die nächste Frage vielleicht unangenehm ist, aber ich muss sie stellen.« Sie machte eine kurze Pause. Die Geschwister saßen wie angewurzelt da. »Ich habe von einem Inzestfall auf dem Hof gehört; Bjarni soll seine Tochter missbraucht haben. Kann das stimmen?«
    »Nein«, sagte Elín mit harter Stimme. »Das ist Quatsch und zeigt nur, wie wenig hier früher los war. Die Leute hatten nichts anderes zu tun, als sich Lügengeschichten über ehrenhafte Leute auszudenken, vor allem über Tote, die sich nicht mehr vor Verleumdungen schützen konnten.« Elín verstummte, das Gesicht gerötet. Sie hatte das offenbar nicht zum ersten Mal gehört.
    »Wie kannst du so sicher sein?«, fragte Dóra vorsichtig. »Deine Mutter war doch wahrscheinlich zu jung, um davon erzählen zu können, und du hast selbst gesagt, du hättest deinen Großvater nicht gekannt.«
    Elín starrte Dóra wütend an. »Mutter hat die Geschichte so vehement abgestritten, dass ich nicht daran zweifle, dass sie frei erfunden ist.« Sie kniff die Lippen zusammen. »Außerdem sehe ich keinen Sinn in diesem Gespräch. Wenn du keine klügeren Fragen hast, sollten wir es hier und jetzt beenden.«
    »Entschuldige bitte«, sagte Dóra sanft. »Ich muss nicht weiter über dieses Thema sprechen.« Verzweifelt versuchte sie, sich etwas anderes einfallen zu lassen, bevor sie hinausgeschmissen würde. »Wisst ihr, warum die Brüder sich überworfen haben?«, fragte sie schnell, »soweit ich weiß, haben sie jahrelang nicht miteinander geredet.«
    Elín war noch zu erregt, um antworten zu können, daher ergriff Börkur das Wort. »Es ging um die Ehefrauen. Sie gerieten aneinander, und anschließend auch die Brüder. Ich glaube, niemand weiß genau, worum es bei dem Streit zwischen Großmutter und ihrer Schwägerin ging, aber er war ernst genug, dass sich die Brüder selbst nach dem Tod der Frauen nicht mehr richtig verstanden haben. Die Familie ist allerdings bekannt dafür, starrköpfig und nachtragend zu sein.«
    Elín griff ein. »Mutter hat mir erzählt, Großmutter Kristrún hätte ein Kind verloren und in ihrer Verzweiflung ihrer Schwägerin Aðalheiður die Schuld daran gegeben. Diese Anschuldigung war vollkommen unbegründet, das Kind war krank und starb, und Großmutters psychischer Zustand verschlechterte sich zunehmend. Bjarni nahm es Großvater übel, dass seine Frau beschuldigt wurde, und sie stritten sich heftig, versöhnten sich jedoch vor Bjarnis Tod wieder. Soweit ich weiß, hat sich Großvater gut um Bjarni gekümmert, ihn gepflegt, als er krank war und andere sich aus Angst vor der Ansteckungsgefahr nicht in seine Nähe getraut haben.«
    Dóra nickte. »Wisst ihr etwas über einen Brand auf einem der Höfe?«, fragte sie, die Zeichnung von dem brennenden Haus vor Augen, die auf dem Schreibtisch im Kinderzimmer in Kreppa gelegen hatte.
    »Ein Brand?«, fragten die Geschwister im Chor. Elín schüttelte den Kopf. »Nein, davon habe ich noch nie etwas gehört. Die Häuser sind unverändert.«
    Dóra nickte. »Habt ihr im Zusammenhang mit den Höfen schon mal den Namen Kristín gehört?«
    »Ich kenne keine Kristín«, sagte Börkur, der sich von der Frage nicht aus der Ruhe bringen ließ. »In der Nachbarschaft muss es bestimmt ein paar Kristíns gegeben haben. Daran kann ich mich aber nicht erinnern.« Elín schüttelte nur den Kopf.
    Dóra gab sich bei ihrer nächsten Frage große Mühe, denn sie vermutete, dass es die letzte war. »Wisst ihr, ob einer der Brüder oder beide während des Krieges etwas mit den Nationalisten zu tun hatten?«
    »Nationalisten?«, wiederholte Börkur mit rotem Gesicht. »Meinst du etwa Nazis?«
    »Ja.«
    »Jetzt reicht’s«, rief Elín, schlug fest mit den Händen auf die Stuhllehnen und erhob sich. »Ich habe keine Lust, meine Zeit mit diesem Unsinn zu vergeuden.«
    Dóra stand ebenfalls auf. »Nur noch eine letzte Frage. Ihr habt bestimmt von der Frau gehört, die Ende letzter Woche in der Nähe des Hotels ermordet wurde. Es wurde ein weiterer Mord begangen. Aller Wahrscheinlichkeit nach gestern Abend. Wart ihr ... hier in der Gegend?«
    Die Geschwister sahen sich sehr ähnlich. Durch den wütenden Gesichtsausdruck,

Weitere Kostenlose Bücher