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Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Titel: Das Gegenteil von Schokolade - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirijam Muentefering
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Anscheinend haben viele ihrer Kollegen in Angst und Erleichterung hier ihre Nachrichten für die anderen Leidtragenden hinterlassen.
    Ich denke an die Undefinierbarkeit einer bestimmten Augenfarbe.
    So was ist mir noch nie passiert.
    Vielleicht nur ein ganz klitzekleines bisschen, als ich damals Michelins Freundin Frederike kennen gelernt habe. Da haben sich auch vor meinen Augen so bunte Spiralen gedreht, weil ich sie einfach … ja, ich mochte sie. Und ich glaube, das ist gar nicht mal so selten. Frauen fühlen sich ständig auch von anderen Frauen angezogen. Sie registrieren es nur nicht so als dieses gewisse Gefühl. Vielmehr bewerten sie es als schlichte Sympathie oder als Ausdruck von Gemeinsamkeit. Dabei ist es doch völlig normal, dass Frauen so was auch für Frauen empfinden. Das hat gar nichts zu bedeuten. Bei Frederike war es nur ein bisschen kribbeliger, weil ich wusste, dass sie lesbisch ist. Das war alles. Und natürlich hatte sie eine Freundin, Karolin. Und außerdem waren Lothar und ich da ja noch …
    Aber diese Frau. Diese Antonie. Taucht einfach so auf meinem Berg auf, mitten in einer wunderbaren Herbstdepression, und guckt mich an. Das tut sie sowieso in erster Linie, habe ich jetzt im Nachhinein den Eindruck. Mich angucken. Irgendwie anders als andere Frauen gucken. Vielleicht irritiert mich das einfach. Oder vielleicht ist es auch ihre Art, alles schneller zu tun, als ich es tun würde. Sie wirkt einfach so, als hätte jemand ihren Plattenspieler auf 75 gestellt. Ich seufze. Sicherlich kennt im Zeitalter der CD s kaum noch jemand die verschiedenen Einstellmöglichkeiten eines Plattenspielers.
    Von hinten durch die Toreinfahrt nähern sich eilige Schritte.
    »Na, dann bis irgendwann morgens auf dem Berg«, flötet Antonie, wahrscheinlich gut gelaunt vom Feierabend. Ihre Stimme ist mir schon beinahe vertraut, vom Aufrufen der Tierbesitzer und dem Geplänkel über vor Angst geschüttelte Patienten.
    »Ja, bis dann«, erwidere ich etwas lahm.
    In Gedanken noch bei jemandem verblieben zu sein und dann ihn plötzlich vor Augen zu haben, unerwartet noch einmal, das gibt mir immer das Gefühl, bei etwas ertappt worden zu sein.
    Loulou fühlt sich von Antonies schnellem Schritt offenbar eher angesprochen als von meinem nachdenklichen Schleichen. Sie legt ein bisschen Tempo zu und trabt Antonie hinterher.
    »Loulou!«, rufe ich und beide drehen sich um.
    Als Antonie jetzt bemerkt, dass sie Begleitung bekommen hat, grinst sie und bleibt stehen, um auf mich zu warten.
    Es sind nur ein paar Meter.
    Nur ein paar Meter, die ich zu ihr hingehe und die sie mir entgegensieht. Augenfarbe absolut unergründlich. Und erst recht dann nicht zu erkennen, wenn ich mich nicht traue, richtig hinzuschauen.
    »Was habt ihr jetzt vor, ihr beiden?!« Sie lächelt mich an. Einfach so. Als würden wir uns schon lange kennen. Als hätte sie nicht gerade noch drinnen einen weißen Kittel getragen. Und als wäre es nicht auszuschließen, dass wir zufällig den gleichen Weg haben, den wir gemeinsam tun könnten.
    Ich weiß nicht. Irgendwie ist sie mir unheimlich. Obwohl nichts Morbides an ihr ist. Eher im Gegenteil. Sie ist eine sehr helle Erscheinung. Nicht nur weil sie blond ist und eine beigefarbene Jacke und hellblaue Jeans trägt. Sondern weil sie irgendwie strahlt. Sie ist anders als die Menschen, die ich sonst so kenne. Als würde sie einer anderen Art angehören.
    »Wir?«, piepse ich und räuspere mich. »Ich glaube, wir werden uns jetzt etwas ganz Ungesundes antun und zum Griechen gehen, um da eine Riesenportion Fritierfett mit Mayo zu verdrücken.«
    Ihr Gesicht leuchtet auf. Kaum zu glauben, dass darin gerade noch eine ärgerliche Stirnfalte Platz gehabt hat, die sie der verspäteten Britta gezeigt hat.
    »Super Idee! Ich hab zu Hause bestimmt nichts im Kühlschrank. Ich glaube, das mach ich auch.«
    Also gehen wir zu dritt weiter. In ihrem Tempo, versteht sich.
    Ich glaube, ich habe verpasst, dass sie gefragt hat, ob sie sich uns anschließen darf. Oder ich hab verpasst, dass ich sie eingeladen habe, das zu tun. Oder ich habe nichts verpasst, und sie biegt gleich abrupt ab in eine Grillstube, mir noch einmal kurz zuwinkend. Aber Letzteres passiert nicht. Wir eilen nebeneinander her, Loulou zwischen uns, als hätten wir das schon viele Male getan.
    »Sie kommt häufig zu spät«, erklärt Antonie mir da plötzlich ungefragt. »Ich bin nicht pingelig. Aber was zu viel ist, ist zu viel.«
    Da kann ich nichts Gegenteiliges

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