Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Titel: Das Gegenteil von Schokolade - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirijam Muentefering
Vom Netzwerk:
ihrer Hand meiner Hand entgegen ist so widerstrebend, dass es mich nicht wundert, als sie sie plötzlich doch zurückzieht.
    »Ich kann ja auch ein bisschen Werbung machen. In der Praxis seh ich jeden Tag viele Leute, die sich auch für so was interessieren würden.« Und schon passiert es, und sie überfliegt den Text.
    Ich schaue panisch Hilfe suchend zur Theke hinüber, wo gerade unsere Teller auf die Glasplatte gestellt werden, fertig zum Servieren.
    »Da kommt unser Essen!«, versuche ich sie abzulenken . Doch sie nickt nur knapp, ohne sich in ihrer Lektüre stören zu lassen. Auf ihrem Gesicht ist nichts außer freundlichem Interesse zu erkennen. Gleich wird sie aufschauen, mich auf eine merkwürdige und für mich ganz ungewohnte Art mustern und dann rasch ihr Essen hinunterschlingen, bevor sie sich unter einem Vorwand schnell verabschiedet.
    Aber stattdessen legt sie den Flyer erst zur Seite, als der freundlich grinsende Grieche an unserem Tisch erscheint und unsere Teller und ihr Getränk vor uns abstellt.
    »Mmmmh, ich hab aber auch einen Kohldampf«, posaunt sie dann und stürzt sich auf ihre Pommes. »Ach so … guten Appetit!« Und zwinkert mir zu. Ich muss schlucken, obwohl ich noch keinen Bissen im Mund habe.
    »Und was machst du so?«, möchte sie von mir wissen.
    Mich fürchten, denke ich. Wenn ich aber doch nur wüsste, wovor genau.
    »Ich bin Fernsehjournalistin«, antworte ich schlicht. Und sie reagiert genauso wie alle: reißt die Augen auf und sieht beeindruckt aus. Das Wort ›Fernsehen‹ haut wirklich so gut wie jeden Normalbürger vom Hocker. Als wäre man automatisch ein besserer Mensch, ein interessantes Individuum, oder würde zu einer intelligenteren, mächtigen Spezies gehören.
    »Nichts Besonderes«, schiebe ich daher hinterher. Auch wenn ich diese Blicke kenne, ist mir ihrer einfach ein bisschen zu intensiv. »Ich arbeite für verschiedene Magazine, ganz unterschiedliche Sachen. Meistens kleine Beiträge von ein paar Minuten. Keine wirklich großen Fische, weißt du.«
    Ich glaube, Antonie weiß nicht. Denn sie sieht mich immer noch auf diese gewisse Art an, die mein Blut hektischer fließen lässt.
    »Erzähl doch mal! Wie sieht das denn aus, wenn du so einen Beitrag machst. Ich hab ja keine Ahnung davon. Wenn du es wissen willst, kann ich dir dann auch erzählen, was genau passiert, wenn man eine Hündin kastriert.«
    Wir lachen uns an.
    Und ich erzähle ihr ein bisschen. Nur das Gröbste. Wie meine Arbeit aussieht, was das Schöne und was das Leidvolle daran ist – denn das gibt es ja bestimmt in jedem Beruf, aber ganz besonders beim Fernsehen.
    »Es gibt nun mal die Pflicht und die Kür. Und das Wichtige ist, dass man an der Pflicht auch ein bisschen Spaß entwickelt«, schließe ich meinen kleinen Monolog und pikse ein weiteres Stück Gurke auf die Gabel.
    »Meine Ex hat das auch immer gesagt«, erzählt Antonie ganz nebensächlich, und ich habe auf einen Schlag so ein merkwürdiges Klingeln in meinen Ohren.
    »Deine …?«
    »Meine Ex.« Sie sieht nur kurz von ihrem Teller auf und mustert mich knapp und abschätzend. Dann widmet sie sich wieder ihren verbliebenen Pommes, die wahrscheinlich in Bälde in einem Sturzbach aus Jägersoße von ihrem Teller rutschen werden.
    Was so ein ›e‹ am Ende eines Wortes doch ausmacht.
    Dieser eine Buchstabe verändert so einiges. Zum Beispiel wird es mir plötzlich ziemlich heiß , und ich sehe zwischen den Resten auf meinem leckeren Gyros-Teller lauter kleine violette und grüne Punkte. So als hätte ich lange in die Sonne geguckt und mir dann kräftig die Augen gerieben.
    Ich blinzele ein bisschen und lege die Gabel beiseite.
    Wenn ich jetzt den Rest noch aufesse, werde ich daran wahrscheinlich ersticken. Denn an dem merkwürdigen Kloß in meinem Hals wird kein Bissen vorbeikommen.
    Also krame ich die Packung Kaugummi aus meiner Tasche und stecke mir drei auf einmal in den Mund. Vorsichtshalber. Damit mir nicht eine voreilige Bemerkung einfach so von der Zunge fällt.
    Du bist also …? oder Was für ein Zufall! oder Das hätte ich ja nicht gedacht! bieten sich da besonders an, um mich gründlich zu blamieren.
    Au weia, plötzlich stellt sich mir die Situation hier ganz neu dar. Ich, allein mit einer wildfremden Tierarzthelferin, angehende Tierärztin und auf alle Fälle zumindest phasenweise lesbisch lebenden Frau, die mich beinahe unentwegt aus ihren seetiefen Augen interessiert betrachtet und deren Stimme – jetzt bin ich mir ganz

Weitere Kostenlose Bücher