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Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Titel: Das Gegenteil von Schokolade - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirijam Muentefering
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werde.
    Lothar kennt mein Faible für Rätsel und Geheimnisse nur zu gut. Er ist irritiert, mich so ratlos zu sehen, und verschlingt die Finger ineinander.
    »Überleg doch mal! Sie muss irgendwoher gewusst haben, wo du dich mit Loulou regelmäßig herumtreibst. Denn es kann ja kein Zufall gewesen sein. Vielleicht hast du in einem eurer Gespräche mal etwas erwähnt? Irgendeinen Anhaltspunkt, der sie zum Berg geführt hat? Irgendetwas?«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Nein, das ganz sicher nicht. Als ich Antonie das erste Mal am Berg begegnet bin, da hatten wir uns noch gar keine Telegramme geschickt. Ich kannte ihren Namen nur aus dem Chat.«
    Lothar knabbert an seiner Unterlippe. »Na, dann stimmt meine Vermutung vielleicht ja doch nicht?«
    »Doch, ich bin ganz sicher, dass du Recht hast.«
    »Und wann hast du sie dann wieder getroffen, in Person?«
    »Das war an dem Morgen …« Ich halte inne. »An dem Morgen, nachdem ich zum ersten Mal ein Telegramm von ihr bekommen habe. Ich weiß noch, ein paar Mädels aus dem Chat hatten sich mächtig in der Wolle wegen einer Eifersuchtsgeschichte. Und Silbermondauge … ich meine Emma … oder vielleicht sollte ich gleich Antonie sagen? … sie jedenfalls hat sich eingemischt und einen weisen Ratschlag gegeben. Meine Güte, alle haben sich auf diese Geschichte gestürzt wie die Geier …« Wieder breche ich ab.
    »Warte mal!«, murmele ich und greife nach Lothars Hand. Er sieht mich gespannt an.
    »Ja! Das ist es! Mein erster oder zweiter Versuch, mich am Chat-Gespräch zu beteiligen! Der ging damals deswegen in die Hosen, weil ich einer von ihnen erzählen wollte, wo ich mit Loulou regelmäßig spazieren gehe. Und alle anderen im Chat stürzten sich auf diese Information wie die ausgehungerten Raubkatzen und drohten, mir bei meinen Gängen aufzulauern. Das muss sie gelesen haben. Und mir war sie zu dem Zeitpunkt noch nicht aufgefallen. Das ist die Lösung! Natürlich!«
    »Ha!«, macht Lothar, angesteckt von meinem Triumph der Entlarvung. »Genau! So kam es dann zu eurer ersten Begegnung, bei der sie dich einfach nur im Vorbeigehen unter die Lupe nahm. Und weil du ihr wohl gefallen hast, läuft sie dir schon ein paar Tage später wieder über den Weg und spricht dich kurz an. Hat sie nicht so getan, als käme ihr Loulou bekannt vor?«
    Meine befellte Freundin blickt fragend zu uns hoch, als sie ihren Namen hört.
    »Ja, hat sie! Dabei war ich es, die sie kannte … wenn auch noch nicht in natura.«
    »Das ist ja ein Ding!« Lothar bringt es auf den Punkt. »Jetzt fehlt uns nur noch der Hinweis aufs Motiv.« So spricht wohl nur einer, der sechs Jahre mit einer Krimibesessenen verbracht hat.
    Ich starre stumm vor mich hin. Ein sonderbares Gefühl des Betrogenseins macht sich breit in mir. Im Grunde ist es doch egal, warum sie es getan hat. Die Tatsache, dass es so gelaufen ist, verbietet doch schon alles Weitere zwischen uns. Und dieser Gedanke bohrt sich wie eine Faust in meinen Magen. Mir wird ein bisschen übel.
    Antonies Duft ist eine plastische Erinnerung in mir. Der verschleierte Blick und die Weichheit ihrer Lippen, die Wärme ihres Körpers. Es ist mir so nah wie gerade erst erlebt. Und jetzt glaube ich, dass eine Wiederholung niemals mehr möglich ist.
    Was ist das jetzt für ein Ziepen und Zerren an mir, das meine Augen schon wieder mit Tränen füllt?
    »Geht dir das nah?«, fragt Lothar vorsichtig.
    Ich nicke nur und denke: Näher geht’s nicht.

    Ich widerstehe der Versuchung, in den Chat zu gehen.
    Die Nacht verbringe ich auf dem Sofa, gemeinsam mit Loulou. Ich will nachdenken. Ganz in Ruhe nachdenken, was ich jetzt tun soll.
    Lothar wollte mir keinen Rat geben.
    »Bloß nicht!«, hat er gelächelt. »Hinterher befolgst du ihn noch, und wenn es schief geht damit, bin ich schuld.«
    Also habe ich hier Stellung bezogen, um in Ruhe zu überlegen, wie jetzt zu handeln ist.
    Ich gehe im Kopf alles durch.
    Die einfachste Lösung wäre, weiterhin so zu tun, als habe ich das Spiel nicht durchschaut, und abzuwarten, bis sie von sich aus damit herausrückt. Diese Taktik hätte den Vorteil, dass ich erfahren würde, wann es ihr zu heiß würde und wie sie sich aus der Affäre ziehen würde. Ich wüsste anschließend, ob sie sich mit einem Trick herausziehen oder aber mir reinen Wein einschenken würde. Deswegen überlege ich wirklich lange, ob ich es so machen soll.
    Doch nach und nach dämmert mir, dass ich das nicht kann. Ich werde Antonie nicht mit unschuldigem Gesicht

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