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Das geheime Bild

Das geheime Bild

Titel: Das geheime Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliza Graham
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wollte sie noch wegen Emily befragen, aber ihr Augenausdruck sagte mir, dass das Thema abgeschlossen war.
    »Sie arbeiten sehr hart, Sofia.« Ich fragte mich, ob sie jemals einen freien Tag oder Abend hatte. Und all das Geld, das sie verdiente, oder das meiste davon floss in Form von Olivias Schulgebühren hierher. Ich ließ einen schuldbewussten Blick durch die gebohnerte Eingangshalle wandern.
    Sie sah mich mit schmalen Augen an. »Und?«
    »Ich wollte Sie damit nicht beleidigen.« Meine Wangen brannten. »Das dürfen Sie nicht glauben.«
    »Sie finden wohl, es sei niedere Arbeit, oder?«
    Ich konnte ihr nicht in die Augen schauen.
    »Sie haben recht«, sagte sie leise. »Es ist nicht das, wofür ich ausgebildet wurde. Natürlich würde ich lieber in einem Labor oder in einem Krankenhaus arbeiten, anstatt mir darüber Gedanken machen zu müssen, ob Flecken auf dem Edelstahlherd sind oder ob der Champagner für die Party gekühlt ist.« Sie schüttelte den Kopf. »Sie glauben doch wohl nicht, dass ich es gut finde, den Leuten ins Gesicht zu lachen, die ich verachte, und so zu tun, als fände ich sie faszinierend?«
    Auf die letzte Bemerkung reagierte ich wohl ein wenig verdutzt.
    Sie atmete aus. »Es tut mir leid, entschuldigen Sie mich, ich weiß, dass Sie nichts Schlechtes über mich gesagt haben. Es ist nur so … hart.«
    Jetzt fielen mir die dunklen Schatten unter ihrem Make-up besonders auf.
    »Können wir Ihnen irgendwie helfen?«, fragte ich sie. »Ein Stipendium? Sie können sich noch immer bewerben. Diese Enthüllung hat keinen Einfluss darauf.«
    »Das sehe ich anders.« Sie klang erschöpft. »Es sähe nach einer Sonderbehandlung aus.«
    »Was macht Olivia an Weihnachten?«, fragte ich. »Vielleicht wäre das eine gute Gelegenheit, ihr zu sagen, wer wir sind.«
    »Vielleicht. Gut möglich, dass sie an Weihnachten bei Maria in Prag ist.« Ein kurzes Lächeln, dann kehrte die Traurigkeit in ihre Augen zurück. »Sie werden dort glücklich miteinander sein.«
    »Weihnachten in Prag muss zauberhaft sein.« Ich stellte mir Märkte und Kerzen vor, Schnee, der auf den Barockbauten glänzte. »Können Sie selbst denn auch nach Hause fahren?«
    »Mrs. Smirnova möchte an Heiligabend eine große Party geben.«
    Ich berührte sie am Arm. »Ihnen steht Freizeit zu, Sofia. Lassen Sie sich nicht so ausnutzen.« Ich musste an Olivia und ihre Schnitte am Arm denken. Sollte ich darüber mit Sofia sprechen? Gut möglich, dass Dad es ihr bereits gesagt hatte, als er sie angerufen und gebeten hatte, zu uns zu kommen. Oder Cathy könnte nach Olivias Sturz Kontakt zu ihr aufgenommen haben. Ich bewegte mich hier auf gefährlichem Boden. »Sie müssen mehr Zeit mit Olivia verbringen«, sagte ich dann.
    »Sie brauchte mich, und ich habe sie im Stich gelassen.« Sie schluckte. »Ihre Arme … als ich sie sah …« Sie wandte sich ab.
    »Sie scheint mit dem Ritzen aufgehört zu haben.«
    »Sie verspricht, es nicht wieder zu tun. Sie trägt ein Band.« Sie tat, als würde sie etwas gegen ihr linkes Handgelenk schnalzen lassen.
    »Ich habe ein Auge auf sie«, versprach ich. »Mein Vater ebenso. Und ihre Hausvorsteherin. Außerdem die Schulkrankenschwester. Machen Sie sich keine Sorgen.« Ich fühlte mich selbstsicherer und berührte sie wieder am Arm.
    Ihre Augen wurden feucht. »Sie sind sehr freundlich, Mrs. Cordingley.«
    »Meredith.«
    »Meredith.« Sie sprach es langsam aus. »Ich wünschte, ich hätte nicht …«
    Ich wartete darauf, dass sie den Satz zu Ende führte, aber sie schüttelte den Kopf. »Ich muss jetzt gehen. Richten Sie Olivia aus, dass ich sie auf ihrem Mobiltelefon anrufen werde. Und grüßen Sie sie ganz lieb von mir. Ich werde Sie und Ihren Vater am Ende des Trimesters anrufen, damit wir besprechen können, wie wir es ihr sagen.«

36
    D ann können wir Olivia also nicht sagen, wer sie ist, sondern alles bleibt in der Schwebe«, fasste Clara die Situation zusammen. Sie hatte mich auf meinem Mobiltelefon angerufen, sobald sie ihr Gespräch mit Dad beendet hatte.
    »Wir müssen tun, was Sofia sagt. Sie ist Olivias gesetzlicher Vormund.«
    »Mag sein.« Ihr Zweifel drang knisternd über die ganze Entfernung bis zu mir vor. »Irgendwas passt da nicht zusammen, Merry.«
    »Ich weiß.« Ich hatte es mir selbst nicht eingestehen können, aber ich wusste, dass Clara recht hatte. Wie meistens. Ich überlegte, ob ich ihr erzählen sollte, dass ich am Anfang des Trimesters Sofia zusammen mit Emily gesehen hatte. Aber

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