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Das geheime Bild

Das geheime Bild

Titel: Das geheime Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliza Graham
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es Zeit zum Aufbruch war. Clara und Marcus übernachteten im Gästezimmer von Dads Wohnung im Haupthaus. Marcus war gerade damit fertig geworden, für Sam die Luftmatratze in meinem eigenen Gästezimmer aufzublasen, Rory schlief auf dem Sofabett.
    »Dein Vater weiß im Grunde, dass man sich deswegen keine Sorgen zu machen braucht.« Die vielen Liter Luft, die Marcus in das große aufblasbare Bett gepumpt hatte, waren seiner Stimme noch immer anzumerken. »Hinter dieser Puppengeschichte stecken nur herumalbernde Kinder.«
    Clara schnaubte. »Ich wünsche mir, dass er sich beruhigt.« Ihre Züge entspannten sich. Sie erinnerte mich wieder an die große Schwester, mit der ich aufgewachsen bin. »Was meinst du, Meredith? Sollten wir uns Sorgen machen? Ich kann mir nicht erklären, warum ihm die Geschichte so sehr zusetzt.«
    Ich zuckte mit den Achseln. Natürlich hätte ich erwähnen können, dass sie selbst auch merkwürdig auf die Nachricht von der Puppe reagiert hatte. Aber ich unterließ es. »Vielleicht sind wir alle noch etwas nervös. Nach Mum.« Ein paar Sekunden lang traute ich mich nicht weiterzusprechen. »Ich bin es jedenfalls.«
    Sie verlagerte ihre Sitzposition auf meinem kleinen Sofa, um näher an mich heranzurücken. Ihre Wärme war tröstlich. Am liebsten hätte ich mich noch enger an meine Schwester gekuschelt, aber ich hielt mich zurück. »Es wäre besser gewesen, wenn er diese verdammte Puppe weggeräumt hätte«, sagte ich. Die Schachtel stand auf Dads Schreibtisch, obwohl die Theaterabteilung das Kostüm zurückverlangt hatte.
    Marcus rutschte unruhig in seinem Sessel umher. »Es ist schon spät. Die Jungs sollten vielleicht schlafen gehen.«
    Ich sprang auf. »Natürlich. Ich bringe sie euch am Morgen rüber, wenn sie gefrühstückt haben.«
    »Ah.« Clara sah mich nachsichtig an. »Das traditionelle Tante-Meredith-Frühstück.«
    »Die Eier liegen bereit. Pfannkuchen und Milchshakes, meine beiden Erfolgsrezepte.« Ich hielt inne, weil ich an den Ahornsirup dachte, der zu den Pfannkuchen gehörte, ein Geschenk von einem kanadischen Offizier, mit dem Hugh sich auf einem Kurs der Defence Academy befreundet hatte. Ich fragte mich, ob Hugh sich noch immer am Samstagmorgen gern etwas Besonderes zubereitete, hoffte aber, dass mein Gesicht diesen Gedanken nicht verriet. Allem Anschein nach verbrachte mein Mann jede Minute in der Physiotherapie oder im Fitnessstudio, um seine verkümmerten Muskeln aufzubauen. Vermutlich achtete er bei seiner Ernährung darauf, aus jedem Bissen das Maximum herauszuholen.
    Meine Schwester schüttelte in gespielter Verzweiflung den Kopf. »Nur gut, dass sie bei mir für den Rest der Woche Porridge bekommen.«
    Marcus packte mich am Arm, während meine Schwester den Jungs letzte Anweisungen erteilte. »Du musst auf dich achten, Meredith.«
    Ich sah ihn scharf an. Doch seine Augen sahen mich voller Güte an. »Es hört sich jetzt albern an, aber vielleicht verstehe ich, warum Dad die Puppe so zusetzt. Und …«
    »Und?« Er sah mich an.
    »Nichts.«
    Er ließ seinen Blick unverwandt auf mir ruhen.
    »Vielleicht ist meine Besorgnis deswegen größer, als ich mir eingestehen will. Es ist … ich … ich vermisse sie wohl beide. Ich meine insbesondere Mum.« Die Worte überschlugen sich. »Hugh ist ja offensichtlich nicht wirklich tot.« Ein schrilles Lachen meinerseits. »Und wer weiß, was noch geschieht. Vielleicht wird er … nun …« Ich hatte zu viel gesagt und Marcus in Verlegenheit gebracht. Aber er streckte seinen Arm aus und drückte mich. Es war seltsam, mich wieder von einem Männerkörper umarmt zu fühlen, auch wenn es der meines Schwagers war. Ein Männerkörper, der sämtliche Gliedmaßen hatte. Ganz war. Ich hätte diese Umarmung gern verlängert, nur des Gefühls wegen, gehalten zu werden.
    »Harte Zeiten«, sagte er mitfühlend. »Du wirst das durchstehen, Meredith.« Er ließ mich los.
    Da fiel mir ein, dass ich ihn gar nicht nach seinem Job gefragt hatte. »Wie sieht die Welt im Sachenrecht aus?«
    »Sagen wir es so, im Moment tut sich da nicht viel«, erwiderte er leise.
    Ich dachte an das große Haus in Clapham, die teure Privatschule für die Jungs. »Tut mir leid.«
    Achselzuckend meinte er: »Wir werden’s überstehen.«

7
    S onntagstee. Was vom Sommer noch übrig geblieben war, hatte seine Koffer gepackt und war abgereist. Der Himmel im Grau der Schuluniformen hätte auch zum Dezember gepasst.
    Selbst Samson schnüffelte erst vorsichtig in die Luft,

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