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Das geheime Bild

Das geheime Bild

Titel: Das geheime Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliza Graham
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Gesicht geschrieben und grenzte mich aus den Reihen der anderen Erwachsenen aus.
    »Ich gehe jetzt wieder zurück.« Sie nickte zum Abschied.
    Ich sah ihr hinterher, als sie davonrannte. Meiner Erinnerung gelang es, einen Namen für sie herauszufischen. Olivia Fenton. Ihre Klassenlehrerin war Deidre. Deidre hatte erwähnt, in ihrer Klasse ein übernervöses Mädchen zu haben, für das es Stress bedeutete, sich dem Internatsleben anzupassen. Es war dauerhaft als Internatsschülerin bei uns, was, wie Deidre meinte, vielleicht sogar gut sei, da seine Familie offenbar die meiste Zeit nicht im Lande sei. Das Unbehagen, das mir der Gedanke an die Internatsschüler gelegentlich bereitete, empfand ich auch jetzt, obwohl Letchford doch offensichtlich ein so gutes Beispiel moderner Internatserziehung war. Einige der Jüngeren waren dennoch einfach unglücklich, fern von zu Hause zu sein, und Olivia könnte dazugehören. Sicherlich tat Deidre ihr Bestes, ebenso wie ihre Hausvorsteherin, aber Olivias Eltern konnten sie dennoch nicht ersetzen.
    Vielleicht hatte Olivia allerdings gar keine Eltern mehr, überlegte ich. Das könnte der Grund dafür sein, weshalb sie einen Vormund hatte.
    Tracey würde nach dem Frühstück aufräumen. Ich könnte sie noch erwischen, bevor sie sich auf den Heimweg machte. Da sie fürs Frühstück eingeteilt gewesen war, würde sie zur Mittagszeit zurückkehren, weil der Dienstplan für die Mahlzeiten für drei oder vier Tage gleich blieb.
    Ich brachte den Hund in die Wohnung zurück und zog mir meine von mir so genannte Lehrerinnenuniform an: eine schwarze, gut geschnittene Hose und eine schicke pflaumenfarbene Seidenbluse mit einem stahlgrauen Tanktop darunter. Du kannst meine Arbeit jederzeit kritisieren . Wieder hörte ich Hughs Stimme in meinem Kopf. Ihm hatte ich immer gefallen in meiner Arbeitskleidung. Und auch in bequemer Wochenendkleidung. Und vor allem wenn ich überhaupt keine Kleider anhatte. Vielleicht würde nie wieder jemand meinen nackten Körper betrachten. Außer dem Hund, wenn er in mein Schlafzimmer platzte, weil er mich zum Spaziergang antreiben wollte.
    Ich ging zum Schulgebäude. Ein Rosmarinbusch streifte mein Bein. Er verströmte seinen kräftigen Duft. Rosmarin fürs Erinnern. Ich hatte Zweige von Letchford-Rosmarin in meinem Hochzeitsstrauß gehabt. Wie vor mir meine Mutter in ihrem.
    Tracey trug noch ihre weiße Arbeitskleidung und machte Inventur vom Inhalt eines der großen Kühlschränke. Auf dem Tisch lag ein Notizblock. Meine Mutter hatte immer behauptet, Tracey sei eine der gründlichsten Mitarbeiterinnen. Mitarbeiterin. Mum hatte es nie für unter ihrer Würde erachtet, Tracey Beachtung zu schenken.
    »Kann ich Sie kurz sprechen?«
    Sie wandte sich mir zu. »Einen Moment noch.« Zwei Liter Halbfett, schrieb sie auf ihren Notizblock. »Wenn ich das nicht sofort aufschreibe, vergesse ich, wo ich gewesen bin.« Sie klappte den Block zu. »Geht es um den Herd? Er funktioniert wieder, seit der Elektriker da war. Offenbar war der Stromkreis überlastet.«
    »Es geht nicht um den Herd. Es geht um das vorgebliche Baby im Schrank: die Reborn-Puppe.«
    »Oh.« Das Wort verriet nichts.
    »Ich wollte Sie zu dem Kleid befragen, das sie anhatte.«
    Sie blickte auf den Block.
    »Jemand muss es aus dem Theatergebäude entwendet haben. Und das ist abends abgeschlossen. Auch, wenn dort kein Unterricht stattfindet.«
    »Diese Kleine aus der zweiten Klasse.« Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie sich für ihre Achtlosigkeit tadeln. »Olivia wie-heißt-sie-noch-mal. Die hat scharfe Augen.«
    Ich sagte nichts.
    »Ich habe mir die Kleider nur übers Wochenende ausgeliehen«, verteidigte sie sich. »Das Baby meiner Schwester wurde am Sonntag vor einer Woche getauft, und sie hatte nichts, was sie ihm hätte anziehen können. Als wir fertig waren, habe ich das Kleid und das Mützchen gewaschen, gebügelt und sogar mit Sprühstärke behandelt.«
    »Dann haben Sie die Kleider also wieder hierher zurückgebracht?«
    »Um sie heimlich – ich meine, um sie später ins Theatergebäude zurückzubringen.«
    »Aber dazu kam es nicht?«
    Sie sah mich mit kalten Augen an. »Jemand hat sie aus meiner Tasche entwendet, während ich mit dem Mittagessen beschäftigt war.«
    »Wann?«
    »Am Tag, bevor man diese Puppe im Schrank fand. Müsste der Dienstag gewesen sein. Mir fiel auf, dass die Kleider weg waren. Anfangs dachte ich, ich hätte doch vergessen, sie in meinen Korb zu legen. Ich ging nach Hause

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