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Das geheime Bild

Das geheime Bild

Titel: Das geheime Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliza Graham
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und sah nach. Aber da waren sie nicht. Also wusste ich, dass man sie mir aus der Küche entwendet hatte. Ich dachte, einer von den Jugendlichen habe sich einen Scherz erlaubt.«
    »Haben Sie jemanden in die Küche kommen sehen, während Sie arbeiteten?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Aber Sie haben ja gesehen, wie es hier zugeht, wenn wir kochen und servieren. Verrückt. Hier könnte die Queen hereinspaziert kommen und sich eine Banane nehmen, ohne dass sie mir auffallen würde. Lehrer kommen herein, um Obststückchen oder Joghurts mitgehen zu lassen. Auch die Kinder.« Sie ging zum Spülstein. Ein Spüllappen lag im Wasser. Sie wrang ihn aus und hängte ihn so ordentlich über die Hähne, dass die Enden akkurat ausgerichtet waren. Es war beruhigend zu beobachten, wie sie die Küche in Ordnung brachte. Es erinnerte mich an meine Kindheit, wenn ich bei meiner Mutter in der Küche unserer Wohnung gesessen und auf Papier gemalt hatte, während sie das Abendessen kochte. Eigentlich sollte ich Tracey dafür schelten, die Kleider ungefragt mitgenommen zu haben. Und ich sollte weitere Fragen stellen, aber ich konnte mich nicht dazu durchringen.
    »Sie haben eine ziemlich schwere Zeit hinter sich, nicht wahr?«, bemerkte sie.
    Das war keine Frage. Eine Sekunde lang drohten meine Gefühle, mich zu überwältigen. Ich schluckte. Traceys Ton war unmöglich zu deuten. Es hätte der Ausdruck von Besorgnis oder auch von Überraschung sein können.
    »Ja«, murmelte ich nach einer Pause. »Es war nicht leicht.«
    Sie hantierte kurz mit den Reinigungsmitteln, vielleicht, um mir Zeit zu geben. »Es tut mir leid, dass ich das Kleid und das Mützchen, ohne zu fragen, mitgenommen habe. Ich ging davon aus, dass die Theaterabteilung es nicht erlauben würde. Und das Baby sah unglaublich süß darin aus.«
    »Das glaube ich gern. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.« Es war schließlich ohne Belang.
    Sie richtete ihren Blick auf die weißen Plastikschlappen, die sie in der Küche trug. »Es ist nicht mehr dasselbe ohne sie.«
    Ich brauchte nicht zu fragen, wen sie meinte. »Nein«, sagte ich, »das ist es nicht.«
    »Wenn ich neue Gerichte plane, dann möchte ich sie manchmal fragen, was sie davon hält. Susan hat mich bei meinen Ideen immer ermutigt.« Sie schielte kurz in meine Richtung, als sie meine Mutter bei ihrem Vornamen nannte, als fürchtete sie, einen Schritt zu weit gegangen zu sein.
    Eine Weile standen wir schweigend da. Dann murmelte ich einen Abschiedsgruß und ging zum Haupteingang zurück, wobei ich den Kindern auswich, die jetzt teils trödelnd, teils hastend zu ihrer zweiten Unterrichtsstunde unterwegs waren, aber alle weitaus selbstsicherer und zielgerichteter wirkten, als ich das in diesem Alter je war.
    Ich selbst war hier nie Schülerin gewesen. Dad hatte es für klüger gehalten, Clara und mich auf eine Tagesschule für Mädchen in Oxford zu schicken, nachdem wir die Grundschule im Dorf abgeschlossen hatten. Als die anderen Mädchen herausfanden, wo unsere Eltern lebten, konnten sie es kaum glauben. »Euer Dad ist Direktor von Letchford, und ihr geht nicht dort auf die Schule? Warum nicht?« Manchmal verübelte ich es ihm, dass Schüler meines Alters über die sonnigen Rasenflächen spazierten oder zur Mittagszeit Blütenblätter im Brunnen treiben ließen, während ich in der Verbannung war. Aber vermutlich hatte Dad recht. Schule und Zuhause sollte man trennen.
    Inzwischen empfand ich Letchford viel weniger als mein Zuhause. Mit dem Tod meiner Mutter im vergangenen August war mir etwas davon genommen worden. Um mich zu beruhigen, ließ ich meinen Blick über die goldfarbenen Steine des Gebäudes wandern – denn wenn man in einem Gebäude lebte und arbeitete, das so viele Hundert Jahre alt war und in dem die Menschen trotz ihrer Schicksalsschläge weitergemacht haben, hatte es eine beruhigende Wirkung. Wie oft waren wohl Boten ans Tor gekommen und hatten die Nachricht überbracht, dass ein Ehemann oder Sohn, der als Soldat diente, im Kampf umgekommen war? Die Familie hatte die Nachricht entgegengenommen, still getrauert und dann weitergemacht. Aber an diesem Morgen verweigerte sich mir diese Kraftquelle, obwohl die Sonne durch die Wolken gebrochen war und die Mauern und die noch verbliebenen Blätter auf den Bäumen des Geländes vergoldete. Wieder streifte ich den Rosmarin, aber diesmal vermischte sich sein Duft in meinem Magen mit etwas Bitterem: der Sehnsucht nach meinem Ehemann, der Angst, die ich immer

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