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Das geheime Bild

Das geheime Bild

Titel: Das geheime Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliza Graham
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Schule aus war. Im ganzen Haus hatte es nach Terpentinersatz und Farbe gerochen. Am nächsten Morgen war Mum wiederhergestellt.
    Ich hatte nach wie vor das Gefühl, beobachtet zu werden. Ein Zweig knackte, und ich schrak zusammen. »Lass uns umkehren«, sagte ich zu dem Hund.
    Nun sei kein Weichei , hörte ich meinen Ehemann frotzeln.
    »Sei still«, wies ich ihn lautlos zurecht. »Ich will deine Stimme nicht mehr in meinem Kopf hören.«
    Wie gern hätte ich jetzt die fernen und beruhigenden Rufe einer Hockeystunde draußen auf dem Spielfeld vernommen.
    Als ich das Eisentor erreichte, das zum Rosengarten führte, winselte Samson erneut und drehte sich um. Dieses Mal spürte ich, wie sich auch bei mir die Nackenhaare aufstellten. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich eine schmale Gestalt, die hinter einem Busch hervorkam.
    »Was machst du da?«, fragte ich scharf. »Dieser Bereich ist für euch verboten.« Erst Emily und jetzt eine Schülerin. Nirgendwo konnte man allein sein.
    »Tut mir leid, Mrs. Cordingley«, sagte das Mädchen leise und mit gesenktem Kopf. Sein Name wollte mir nicht einfallen. Es war in einer der zweiten Klassen, die ich nicht unterrichtete. »Ich wusste nicht, wie ich Sie sonst allein sprechen kann.«
    »Du solltest im Unterricht sein.«
    »Ich fühlte mich nicht wohl. Ich ging raus, um frische Luft zu schnappen.«
    »Weswegen wolltest du mich sprechen?« Ich hatte noch immer einen barschen Ton. Ihre erste Ansprechpartnerin wäre Cathy gewesen, die Schulkrankenschwester.
    »Dieses Baby.« Sie korrigierte sich. »Die Reborn-Puppe. Die, die man in Mr. Radcliffes Unterrichtsraum gefunden hat.«
    »Du weißt etwas darüber? Warum hast du das nicht früher gesagt?«
    Sie ließ den Kopf hängen. »Vielleicht hätte ich es tun sollen. Aber ich hörte, dass sie ein weißes Kleid und eine Mütze trug.« Die Nachricht hatte sich rasch verbreitet. »Ich habe diese Kleidungsstücke schon einmal gesehen.«
    »Spielst du in dem Stück mit?«
    » Hexenjagd? Ja, ich habe eine kleine Rolle.«
    »Dann hast du also die Kostüme im Theatertrakt hängen sehen, als du dort Unterricht hattest«, sagte ich ungeduldig. Mein leerer Magen grummelte und erinnerte mich daran, dass ich trotz all der voll beladenen, von der Küche in den Saal geschleppten Tabletts selbst noch nicht gefrühstückt hatte. Eine Schale Porridge hätte jetzt gutgetan, aber für mehr als einen Kaffee auf die Schnelle würde die Zeit nicht reichen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich sah die Kleider in Tracey Johnsons Tasche. In der Küche.«
    »Was?«
    Sie errötete. »Ich weiß, dass uns der Zutritt dort nicht erlaubt ist, aber ich darf nur glutenfreies Brot essen.«
    Sie zog an den Ärmeln ihres formlosen Schulpullovers. Ich fragte mich, wie man es schaffte, ein Kleidungsstück der Schuluniform schon so zeitig im Schuljahr derart auszubeulen. Sie sah jedenfalls tatsächlich aus wie ein Kind, das eine besondere Diät benötigte. Ich hätte nicht so vorschnell urteilen dürfen.
    »Manchmal vergessen sie, es rauszustellen. Dann hole ich es mir rasch selbst, wenn sie zu beschäftigt sind.«
    Sie hatte sehr große haselnussbraune Augen. Ich hätte sie für das unerlaubte Betreten der verbotenen Küchenzone schelten sollen, brachte es aber nicht übers Herz. Das Mädchen hatte sich schließlich nur eine Scheibe Brot aus der Speisekammer holen wollen, während alle anderen zu beschäftigt waren, um ihr zu helfen.
    »Tracey bringt täglich ihren Korb mit. Die Kleider des Babys lagen zusammengefaltet obendrauf. In einer durchsichtigen Tüte.«
    »Wann war das?«
    »Am letzten Dienstag.«
    Am Tag bevor die Reborn-Puppe in Simons Raum entdeckt worden war.
    »Danke, dass du mir das gesagt hast.«
    Sie nickte und machte offenbar Anstalten, sich seitlich an der Mauer vorbeizudrücken.
    »Warte, nur noch eine Frage … Warum bist du zu mir gekommen und nicht zu der für dein Haus zuständigen Lehrerin oder einem Tutor?«
    Achselzuckend legte sie eine Hand auf ihren Mund. Ihre Nägel waren allesamt abgebissen.
    »Ist schon in Ordnung, du hast das Richtige getan.« Ich versuchte, mit gleichmäßiger Stimme zu sprechen und nur mäßiges Interesse zu zeigen. »Ich bin nur neugierig.«
    Sie senkte ihren Blick auf ihre abgewetzten Sportschuhe. »Weiß nicht. Sie scheinen irgendwie …«
    »Was?«
    »Anders zu sein.« Sie hob ihren Blick. »Nicht wie die anderen Lehrer.«
    Anders vielleicht, weil das mit Hugh und mit meiner Mutter passiert war. Vermutlich stand es mir im

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