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Das geheime Bild

Das geheime Bild

Titel: Das geheime Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliza Graham
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Irena in den englischer klingenden Namen Olivia verändert wurde. Ich fragte mich, in welchem Alter Olivia wohl war, als man ihr diese neue Identität verpasste. »Ob sie dachte, wir würden sie zurückweisen, wenn wir wüssten, wer sie wirklich ist?«
    Dad betrachtete erneut das Foto. »Ich hoffe nicht, dass das der Fall ist.«
    Olivias bleiches Gesicht verfolgte mich. Es war ihr schw ergefallen, auf Letchford Freunde zu finden. Gelegentlich hatte ich mitbekommen, dass sie sich nur am Rande einer Gruppe aufhielt. Am Mannschaftssport zeigte sie wenig Interesse, wie ihre Hausvorsteherin mir mitgeteilt hatte, obwohl sie keine schlechte Turnerin war. »Sie befindet sich auf einer anderen Wellenlänge. Sie meidet Geselligkeit und zeigt wenig Interesse an Kleidung. Sie ist immer in ein Buch vertieft. Gott sei Dank hat sie eine Rolle im Theaterstück. Das bringt ihr enorm viel.«
    Jetzt sehnte ich mich danach, mich einzumischen, das keimende Selbstvertrauen zu fördern, das wir in diesem Trimester gesehen hatten. Ich würde sie mit in meine Wohnung nehmen und ihr ein Abendessen kochen. Mit ihr über die Bücher reden, die ihr gefielen. Vielleicht könnte ich sie auch für die Buchläden von Oxford begeistern. Ich bremste mich mitten in meinen Überlegungen. Unternähme ich etwas dieser Art, würde dies eine noch größere Absonderung von den anderen Kindern mit sich bringen. Ich fürchtete bereits deren Reaktion, wenn sie erfuhren, dass sie die Enkelin des Schuldirektors war. Eine starke extrovertierte Persönlichkeit könnte mit einer solchen Enthüllung umgehen. Aber dieses Mädchen, das in der Pause am Rand der Wiese stand, während die anderen Mädchen plauderten – nun, ihr Selbstbewusstsein würde das nicht verkraften.
    Inzwischen kreiste die Maschine über Stansted. Eine Sekunde lang wünschte ich, sie würde ewig so kreisen, damit wir uns nicht dem stellen mussten, was uns unten erwartete. Plötzlich musste ich an das Haus auf dem Armeestützpunkt denken, das ich verlassen hatte. Könnte ich doch nur nach einem Arbeitstag in dieses kleine Rechteck aus roten Ziegeln zurückkehren, wo Hugh, der Heimaturlaub hatte, gleich durch die Tür kommen würde, um rasch Hallo zu sagen, bevor er zum Tennis- oder Squashspiel mit einem Freund aufbrach. In der Zwischenzeit würde ich Gemüse schneiden und den Tisch für das Abendessen decken, das er bei seiner Rückkehr zubereiten würde.
    Ich klammerte mich an meine Armlehnen. Dad sah mich an. »Rechnest wohl mit einer unsanften Landung?«

33
    E s war fast elf Uhr abends, als wir Letchford erreichten. Somit hatten wir keine Gelegenheit, mit jemandem über unsere Enthüllungen in Böhmen zu sprechen; ich hatte für mich beschlossen, diesen Teil der Republik Tschechien mit seinem alten Namen zu bezeichnen. Als wir in den Hof einfuhren, murmelte Dad ein paar Dankesworte dafür, dass ich ihn begleitet hatte. Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Ich schleppte meine Tasche hoch in meine Wohnung. Um Samson bei Simon abzuholen, war es schon fast zu spät, aber ich hatte Sehnsucht nach dem Hund, dem sauberen, erdigen Geruch seines Fells, seiner begeisterten und unkomplizierten Begrüßung. Simon war eine Nachteule. Ich würde ihn anrufen.
    »Meredith?« Er klang leicht verwirrt. Vermutlich war er mit der Unterrichtsplanung für die nächste Hälfte des Trimesters beschäftigt. Ich fragte ihn, ob ich den Hund noch bei ihm abholen könne. Eine Pause. »Natürlich. Ich richte seine Sachen her.«
    »Ich könnte auch bis morgen früh warten, wenn es dir jetzt zu spät ist?«
    »Nein, ganz im Ernst, es ist gut. Bis gleich.«
    Er begrüßte mich an der Tür mit einer Tragetasche voller Hundefutter und Samsons Decke. »Er war ganz brav.« Samson kam aus der Tür geschossen, ganz feuchte Schnauze und wild rotierender Schwanz. »Dein Ersatzschlüssel ist auch in der Tüte.«
    Ich setzte gerade an, mich bei Simon dafür zu bedanken, dass er auf die Schnelle eingesprungen war, aber er unterbrach mich. »Hey, Cordingley, du hast mir einen Gefallen getan. Dieser Junge und ich, wir haben schöne ausgedehnte Wanderungen gemacht.«
    »Du hast was gut bei mir.« Ich reichte ihm eine Flasche Famous Grouse, die ich am Prager Flughafen im Duty-free-Laden gekauft hatte, legte den Hund an die Leine und winkte ihm zum Abschied zu. Kurz bevor die Tür sich hinter mir schloss, glaubte ich, ihn noch etwas sagen zu hören, aber als ich mich umdrehte, war die Tür bereits zu.
    Vermutlich hatte ich meinen

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