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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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erfahrenen Jägern passieren, aber trotzdem war es merkwürdig, da er sich bei zwei anderen Gelegenheiten als Meisterschütze erwiesen hatte. Zuerst in der Schlucht, in der ich zu Beginn des Monats so dicht an eine Damhirschkuh herangekommen war. An diesem Areal schienen sie besonders interessiert – sie wirkten geradezu aufgekratzt. Rado erörterte mit Arpad die Topographie, als handelte es sich darum, ein Schlachtfeld auszukundschaften. Sie fachsimpelten gerade über Schußlinien, als Rado plötzlich nach der Mauser verlangte, zu unserer Verblüffung fünf Schuß mit erstaunlicher Geschwindigkeit abfeuerte und dabei mehrere junge Schößlinge auf der Talsohle mit Stumpf und Stiel umlegte. Unnötig zu sagen, daß die Demonstration unserem Vorhaben, das Wild behutsam auf die Talöffnung zuzutreiben, nicht gerade dienlich war.
    »Sagten Sie nicht, Graf Aponyis Ländereien liegen dort drüben?« fragte er mich und deutete auf den Berggipfel über uns.
    Ich stimmte zu, obwohl ich mich nicht erinnern konnte, ihm irgend etwas Derartiges gesagt zu haben, und mich wunderte, wie er wohl zu dieser Information kam. Möglicherweise hatte er in Budapest schon ausführliche Karten von dem Gebiet studiert.
    Er wollte in der Richtung jagen, die uns dicht an die Grenze zu Aponyis Besitz geführt hatte. Ich erklärte ihm, daß der Graf und ich wegen der Eisenbahn nicht gerade in nachbarlichem Einvernehmen stünden und es daher tunlichst vermieden, auf das Land des anderen vorzudringen.
    »Wohin führt denn dieser Pfad?« fragte Rado Jakob.
    »Er führt um den Berg, Herr Oberst«, sagte Jakob.
    »Rund herum?«
    »Bis zu Graf Aponyis Tal.«
    »Glaubst du, daß wir in der Richtung auf Wild stoßen werden?« wandte Rado sich an Arpad, der nur grinsend mit dem Kopf nickte, als verstünde sich das von selbst.
    Der zweite Zwischenfall ereignete sich gegen Ende des Tages, auf dem Rückweg, als Oberst Rado plötzlich aus beträchtlicher Entfernung ein Reh erlegte. Keiner von uns hatte das Tier auch nur gesehen, und ich gratulierte ihm.
    Die meisten Jäger wären über den Blattschuß erfreut gewesen, da auf solche Distanz schon mehr Glück als Geschicklichkeit im Spiel war, aber Rado tat so gleichgültig, als sei es nur eine belanglose Ablenkung von dem Hauptgeschäft des Tages.
    Dies war heute sein letzter Abend; morgen früh reist er wieder ab. Ich ließ Brod den Cognac und die Zigarren ins Billardzimmer bringen. Es ist ein bißchen verlottert, aber ich dachte mir, Rado würde an den Jagdtrophäen und der Sammlung alter Waffen an den Wänden seine Freude haben. Es war ein wahrhaft barbarisches Gestachel von Lanzen, Speeren und Piken, die nebeneinander aufgereiht standen oder zierlich über Kreuz mit alten Helmen in der Mitte; an der einen Wand waren Schwerter und Dolche wie Sonnenstrahlen um eine Maske angeordnet. Es war eine jener Situationen, in denen einem zum erstenmal etwas auffällt, das man von jeher kennt, aber noch nie richtig beachtet hat, bis man einen Fremden in das Zimmer einlädt. Oberst Rado zeigte an jedem Stück ein gewissenhaftes Interesse.
    »Das kommt mir aber nicht wie eine Maske vor, alter Knabe«, sagte er und beugte sich noch dichter über das verhutzelte Antlitz, an dem alle Schwertspitzen zusammenliefen. »Wissen Sie was? Ich glaube, das Gesicht hier hat wirklich mal irgendeinem Burschen gehört!«
    Ich trat näher heran, um über seine Schulter zu blicken. »Also, da hol mich doch der Teufel«, murmelte ich.
    »Sieht aus wie ein Mitbringsel aus Borneo. Eine kleine Reiseerinnerung von einem Ihrer Vorfahren.«
    »Das glaube ich kaum. Meine Verwandten sind nie viel gereist. Eine Art Familientradition.«
    »Dann muß es eine Kriegstrophäe sein. Genau besehen hat der Knabe auch eher etwas Orientalisches an sich. Finden Sie nicht?«
    »Doch, ja, kann sein.«

    »Wahrscheinlich ein Muselmann, den Ihr Urgroßvater erledigt hat.« Er wandte sich der Schwertersammlung zu. »Darf ich?« fragte er und nahm eins herunter. Liebevoll drehte er es in den Händen, wie ein chinesischer Mandarin vielleicht eine Jadevase begutachten würde. »Dieser Bursche hat unter Napoleon gegen die Habsburger gekämpft. Die Klinge wurde in Regensburg geschmiedet.« Er wog es prüfend in der Hand. »Wunderbares Stück Arbeit.«
    »Sie sehen aus, als würden Sie es gern einmal ausprobieren.«
    »Fechten Sie?« fragte Rado.
    »Nein«, sagte ich schnell.
    Widerstrebend hängte er das Schwert an seinen Platz zurück und nippte an seinem Cognac,

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