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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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Unterhaltung miteinbezogen und reagierte, indem sie ein Kichern unterdrückte, das wie ein Schluckauf klang. Ich saß in der Mitte dieses Gedankenaustauschs und fühlte mich doch fremd, spürte Untertöne, war überzeugt, daß Lothar in Wahrheit nur auf eine heimliche Vertrautheit mit Nicole anspielen wollte. Dann, wie um zu zeigen, daß er mich in ihren fröhlichen Kreis miteinschloß, legte er mir seine Hand auf eine Weise aufs Knie, die mir entschiedenes Unbehagen bereitete.
    Schließlich kam Stanislowski angeschlurft. Das Geplauder versiegte, und im Raum machte sich Stille breit. Er stand da, mit der einen Hand auf dem Klavier und in der anderen ein paar Blätter Papier, die er auf dem Rücken hielt; den Kopf hatte er nach unten gebeugt. Zuerst glaubte ich, er spräche mit sich selbst, würde undeutlich etwas vor sich hin murmeln, ohne Anzeichen dafür, daß es an seine Zuhörer gerichtet war, aber anscheinend machte das einen Teil des Reizes aus, den sein Vortrag ausübte. Allmählich gewann seine Stimme an Volumen, obwohl es mir noch immer schwerfiel, den abgehackten Sätzen, die er in unsere Richtung schleuderte, einen Sinn zu entnehmen. Aber Nicole drückte aufgeregt meinen Arm, und als ich mich zu ihr umwandte, entdeckte ich eine unglaubliche Intensität in ihrem Gesicht; ihre Lippen waren leicht geöffnet und feucht, ihre Wangen von einer hektischen Röte überzogen, alles an ihr war auf den Sinn gerichtet, der sich hinter dem Klang seiner Wörter verbarg. Ich will nicht leugnen, daß er Talent hatte, dieser verlassen wirkende Mann. Als ich mich zurücklehnte und seine Worte auf mich einwirken ließ, zogen sie mich in einen melancholischen luxuriösen Bann, und in einem dieser eindringlichen Augenblicke wagte ich es, Nicoles Hand zu ergreifen, und ich fühlte, wie sie den Druck meiner Finger schnell erwiderte.
    Ich hatte die magische Kraft der Wörter vergessen. Es war nur eine Illusion, mehr nicht, und doch war die Verzauberung, die Nicole und mich in einem gemeinsamen Bewußtsein verband, ganz real. Ich kann mich nicht entziehen.
    Ich werde es nicht zurückweisen. Der Dichter sprach von Verfall, der mitten im Leben vorhanden ist, von dem Wurm im Keim, von der Sinnlichkeit einer erblühten Rose, offen und weich und so reif, daß sie zerfällt, wenn man sie berührt, von den zu Boden fallenden Blütenblättern, dem nackten Stengel und den künftigen Samen. Ich weiß nicht, wie er es schaffte, daß wir seine dekadente perverse Kunstfertigkeit ertrugen. Wir waren seine Objekte, genauso wie Professor Charcot die Gefühle seiner hysterischen Patientinnen manipuliert.
    Ich spürte ein Zittern, das durch meinen Körper lief, als ich mich dem Strom der Eindrücke überließ, die der Dichter weckte, und ich sah Tränen der Sehnsucht in Nicoles Augen, die sie nicht vor mir verbarg. Ich würde diese Liebe erfüllen, wenn ich konnte. Wenn ich sie überzeugen konnte, daß ich ihrer würdig war.

    5

    31.MAI 1866

    ar ich mit Nicole zusammen, vergaß ich Stacia. Anscheinend ist im W Herzen eines Mannes nicht gleichzeitig Platz für das Heilige und das Weltliche. Und ich erbärmlicher Schuft habe es zugelassen, daß sie so schnell aus meinen Gedanken verschwand. Mir ist klar, daß sie sich in einer mißlichen Lage befindet. Als ich heute morgen im Salpêtrière auf die Station kam, fiel mir die Stille auf. Das gewohnte muntere Geplapper der speziellen Patientinnen von Charcot auf der Treppe war verstummt. Es waren nur wenige da, und die paar, die beim Treppengeländer herumhingen, wirkten bedrückt.
    Aber das fiel mir erst später auf, weil ich die ganze Zeit nur an Nicole denken konnte. Oben in der Station war es ungewöhnlich still. Vor einem Bett in der Ecke waren Trennwände aufgestellt, eine auffällige Abweichung von der Routine, die gewöhnlich darauf hinwies, daß eine der alten Frauen im Sterben lag. Noch auffälliger war, daß Madame Verdun, die sonst wenig mit der oberen Station zu tun hatte, geschäftig hinter dem abgeschirmten Teil hervorkam und an mir vorbeiging, als wäre ich gar nicht vorhanden. Allerdings schenkte sie uns jungen Ärzten auch sonst kaum Beachtung, so daß ich ihr Benehmen nicht persönlich nahm. Wie es hieß, hatte sie einmal ein Arzt, der sie zuerst mit vagen Heiratsversprechungen hingehalten hatte, später sitzengelassen.
    Man vergißt die schönen Dinge des normalen Lebens, wenn man eine Weile in einem Armenhospital verbracht hat. Es scheint, als würde man Würde, Individualität und

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