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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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landeten, wo sie von den Abwässern davongetrieben wurden. Fast wäre ich ihnen gefolgt.
    Mein Besuch beim Schneider hatte länger gedauert als erwartet, so daß ich zu spät im Haus der Berthiers eintraf. Als ich die Empfangsräume betrat, war ich überrascht, daß trotz der so kurzfristigen Benachrichtigung sich so viele Gäste eingefunden hatten. Anscheinend ist der Dichter Stanislowski ein Anhänger Baudelaires und gilt als vielversprechend. Der Mann war höchst sonderbar aus-staffiert, halb Montmartre apache, halb Zigeunerprinz, hatte langes schwarzes Haar, das aus seiner blassen Stirn zurückgekämmt war, längliche Gesichtszüge und traurige Augen. Er sah ziemlich jämmerlich und ungesund aus, was natürlich zu seiner Aura modischer Spiritualität beitrug. Er unterstrich das Ganze noch mit einer übertrieben pathetischen Haltung, die auf tiefes Leid schließen ließ, das mit Worten nicht zu beschreiben war. Die Bürde der Kreativität lastete schwer auf seinen schmalen Schultern.
    Ich sah in ihm wenig mehr als einen Zirkusclown, obwohl man mir sagte, daß es für Tante Sophie ein großer Coup gewesen war, ihn in ihren Salon zu locken, da er sonst nur selten einwilligt, außerhalb des Zirkels seiner Bewunderer, die sich im Hinterzimmer eines obskuren Cafés um ihn versammeln, Lesungen durchzuführen. Viele Leute drängten sich um ihn, weil sie hofften, von Madame Berthier der Berühmtheit vorgestellt zu werden. Die meiste Zeit hörte er den Leuten einfach nur zu, und ich nehme an, daß der Hauptgrund für diesen einleitenden Teil der Veranstaltung darin bestand, sich den Künstler aus der Nähe ansehen zu können, genauso wie man sich vielleicht ein Tier im Zoo ansieht: Dieser Subversive, dieser Dekadente, dieser Apostel des Bösen konnte in einem komfortablen Salon besichtigt werden, nicht viel anders, als wenn man ungestraft durch die Gitterstäbe eines Käfigs dem Tiger in die Augen starrt. Wie aufregend für die versammelte Gesellschaft, diesen Mann in ihrer Mitte zu haben, dessen Ruf von seiner Aufforderung herrührt, gerade die Werte und Einrichtungen niederzureißen, auf denen ihr Komfort aufgebaut ist!
    Stanislowski war ein Zauberer, der dafür bezahlt wird, auf einer mondänen Gesellschaft aufzutreten: Seine Aufgabe ist es, zu erschrecken und zu schockieren, aber nur bis zu einem genau festgelegten Grad.
    Aristide Berthier begrüßte mich sehr herzlich, und ich habe den Eindruck, daß er sich bei diesen Empfängen wie ein Außenseiter vorkommt. Die treibende Kraft, die hinter den sozialen Ambitionen der Familie steht, sind Tante Sophie und Nicole, und Aristide hält sich am Rande des Geschehens, nickt mit abwesender Miene Leuten zu, die er begrüßen sollte, während er in seinem Kopf neue Finanzschemata ausbrütet. Aus irgendeinem Grund hat er an mir Gefallen gefunden. Ich glaube, das kommt von der Zuneigung, die er meiner Mutter entgegengebracht hat.
    »Da ist er endlich!« rief er, als er mich sah.
    Ich war überrascht und blickte verstohlen um mich, um festzustellen, wen er sonst noch hätte meinen können, aber er kam geradewegs auf mich zu, ergriff meine Hand und legte seine andere Hand mit einer väterlichen Geste auf meine Schulter.
    »Mein Junge, heute abend werden wir Ihre Dienste ganz besonders benötigen.«
    Wie so oft merkte ich gar nicht, daß die Bemerkung nicht ernst gemeint war, und erwartete schon irgendeinen Tumult, eine Dame etwa, die in Ohnmacht gefallen war, weil ihre übereifrige Zofe ihr Korsett zu fest geschnürt hatte.
    »Haben Sie schon mal eine solche Hysterie erlebt?« fragte Aristide vergnügt und deutete auf die hektischen Aktivitäten rund um den Dichter.
    »Der Bursche ist ein Poseur, würde ich sagen.«
    »Aber er gefällt den Damen«, seufzte Aristide.
    »Und das allein zählt«, warf Lothar ein, der plötzlich neben mir auftauchte.
    »Guten Abend«, sagte er und schüttelte meinem Onkel die Hand, sehr respektvoll, was, wie ich wußte, gar nicht seiner Natur entsprach. »Ich habe noch nie einen solchen Aufmarsch erlebt, um Gedichte anzuhören.«
    »Er ist die Sensation der Saison, heißt es. Alle sind hier, um sehen und gesehen zu werden.«
    Lothar drehte sich um, als wollte er die Menschenmenge näher mustern, beugte sich aber dicht zu Aristide. »Übrigens vielen Dank für Ihren Rat in bezug auf die abendländischen Handelsgesellschaften«, murmelte er.
    Aristide strahlte. »Haben Sie einen guten Ritt gemacht?«
    »Einen verdammt guten Galopp!«
    Beide

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