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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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Bruder nicht mehr erleben muss, wie ich bei seinem einzigen Kind versagt habe.« Bathilda seufzte märtyrerhaft.
    »Du hast nicht versagt, Tante«, murmelte Caroline widerstrebend.
    Ein Kellner räumte ihre leeren Teller ab, brachte ihnen lieblichen Weißwein anstelle des roten und den Servierwagen mit den Desserts. Bathilda nippte und hinterließ einen verschmierten Fleck am vergoldeten Rand des Glases. Dann wählte sie ein mit Sahne gefülltes Eclair, schnitt ein dickes Stück ab und machte den Mund weit auf, damit es hineinpasste. Ihr weißes, fleischiges Kinn faltete sich über den Spitzenkragen. Caroline beobachtete sie voller Abscheu und spürte, wie es ihr die Kehle zuschnürte.
    »Du hast mir nie das Gefühl gegeben, dass dir etwas an mir liegt«, flüsterte Caroline so leise, dass die Worte im Stimmengewirr und den Geräuschen des Essens, Trinkens, Kauens und Schluckens untergingen. Der Geruch von Braten und mit Curry gewürzter Suppe hing in der Luft.
    »Nuschle nicht so, Caroline.« Bathilda aß das Eclair auf und tupfte sich Sahnereste von den Mundwinkeln. Nicht lange. Nicht mehr lange, sagte sich Caroline. Ihre Tante war eine Festung, dachte sie zornig. Balustraden aus Manieren und Geld um eine Leere im Inneren – eine Leere, die für gewöhnlich mit üppigem Essen und Sherry gefüllt wurde. Gewiss gab es da drin kein Herz, keine Liebe, keine Wärme. Caroline spürte Trotz in sich aufflackern.
    »Mr. Massey ist ein guter Mann aus einer anständigen Familie …«, begann sie im Tonfall ruhiger Vernunft.
    »Die moralischen Qualitäten dieses Mannes spielen keine Rolle. Corin Massey wird dich zu einer gewöhnlichen Haushälterin herabwürdigen. Er wird dich niemals glücklich machen«, unterbrach Bathilda sie. »Wie könnte er auch? Er ist unter deiner Würde . Er steht weit unter dir, sowohl was sein Vermögen als auch was seine gesellschaftliche Stellung und seine Manieren angeht – in jeder Hinsicht.«
    »Du kennst ihn kaum!« Carolines Stimme wurde laut, und Bathilda warf ihr einen strengen Blick zu.
    »Darf ich dich daran erinnern, dass auch du ihn kaum kennst ? Du magst jetzt achtzehn sein und damit von mir unabhängig, aber habe ich dafür, dass ich dich großgezogen habe, nicht ein wenig Respekt verdient? Ich habe für dich gesorgt, dich unterwiesen …«
    »Du hast mich mit dem Geld versorgt, das meine Eltern mir hinterlassen haben. Du hast deine Pflicht getan«, sagte Caroline ein wenig bitter.
    »Unterbrich mich nicht, Caroline. Unser Name ist ein guter Name und wäre dir hier in New York gut zustattenge kommen. Dennoch entscheidest du dich dafür, einen … einen Bauern zu heiraten. Und allem und jedem, den du kennst, den Rücken zu kehren, um mitten im Nirgendwo zu leben. Ich habe in der Tat versagt, das steht fest. Es ist mir nicht gelungen, dir Respekt, Vernunft und Anstand beizubringen, all meinen Bemühungen zum Trotz.«
    »Aber ich kenne hier auch niemanden, Tante. Nicht richtig. Ich kenne nur dich«, entgegnete Caroline traurig. »Und Corin ist kein Bauer. Er ist Viehzüchter, und zwar ein sehr erfolgreicher. Seine Geschäfte …«
    »Seine Geschäfte ? Er hätte mit seinen Geschäften in der Wildnis bleiben sollen, wo sie hingehören, statt hierherzukommen und leicht zu beeindruckenden jungen Mädchen nachzustellen.«
    »Ich habe genug Geld.« Caroline reckte trotzig das Kinn. »Wir werden nicht arm sein.«
    »Noch hast du das Geld nicht, noch nicht. Erst in zwei Jahren. Wir werden ja sehen, wie es dir gefällt, bis dahin vom Einkommen eines Farmers zu leben. Und wir werden sehen, wie lange dein Vermögen reicht, wenn er es erst in die Hände bekommt und es an den Spieltisch trägt!«
    »Sag nicht so etwas. Er ist ein guter Mann. Er liebt mich, und … und ich liebe ihn«, verkündete Caroline hartnäckig. Er liebte sie. Sie genoss diesen Gedanken und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    Als Corin Caroline den Antrag gemacht hatte, da hatte er gesagt, er hätte sie vom ersten Augenblick an geliebt, seit sie sich auf einem Ball einen Monat zuvor begegnet waren – dem Ball der Montgomerys zum Beginn der Fastenzeit. Seit ihrem Debüt hatte Caroline die anderen Mädchen um das Vergnügen beneidet, das ihnen solche Anlässe offenbar bereiteten. Sie tanzten und sie lachten und unterhielten sich ganz ungezwungen. Caroline, die jeden Ballsaal zusammen mit Bathilda betreten musste, fand sich stets auf der Schattenseite. Immer fürchtete sie sich davor, etwas zu sagen, weil ihre Tante

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