Das Geheimlabor
Menschen verhielten. Hätte er in Hollands Schuhen gesteckt, wäre er um jeden Preis aus San Francisco verschwunden. Ein Flugzeug war unwahrscheinlich. Laut Jack Zuckerman hatte Holland nur ein schmales Budget. Eine Kreditkarte kam jedenfalls nicht in Frage. Somit schied ein Leihwagen aus. Was blieb? Entweder per Anhalter fahren oder den Bus nehmen.
Polowski tippte auf den Bus.
Seine letzte Information bestätigte diese Ahnung. An Zuckermans abgehörtem Telefon hatte er einen Anruf von CathyWeaver belauscht. Sie hatte eine Übergabe an einer Stelle arrangiert, die er zuerst nicht identifizieren konnte. Er hatte eine frustrierende Stunde damit verbracht, sich im Büro umzuhören, bis er jemanden fand, der nicht nur Zuckermans vergessenswerten Film „Cretinoid“ gesehen hatte, sondern auch wusste, wo die letzte Szene gedreht worden war. Im Mission District, hatte ihm endlich ein filmverrückter Mitarbeiter aus dem Archiv verraten. Das Ungeheuer kam durch den Kanaldeckel genau an der Ecke von Fifth und Mission Street und schlürfte ein oder zwei Obdachlose in sich hinein, ehe der Held es mit einem in einer Kiste verpackten Klavier zerquetschte, Polowski hatte sich den Rest nicht mehr angehört, sondern war zu seinem Wagen gerannt.
Doch da war es schon zu spät gewesen. Holland und die Frau waren weg, und Zuckerman war verschwunden. Polowski war die Mission Street entlanggefahren, die Fenster hochgekurbelt, die Türen verschlossen, und hatte sich gefragt, wann die örtliche Polizei endlich die verdammten Straßen säubern würde.
Dann hatte er sich an den Busbahnhof nur ein paar Querstraßen weiter erinnert.
Jetzt stand er im Bahnhof und kam zu dem Schluss, er habe seine Zeit verschwendet. Alle diese Steckbriefe starrten ihm entgegen. Und ein Cop stand am Kaffeeautomaten und trank heimlich aus einem Pappbecher.
Polowski schlenderte zu dem Cop. „FBI“, sagte er und zeigte seine Dienstmarke.
Der Cop – kaum mehr als ein Junge – straffte sich sofort. „Streifenpolizist O’Hanley, Sir.“
„War viel los?“
„Ah ... Sie meinen heute?“
„Ja. Hier.“
„Nein, Sir.“ O’Hanley seufzte und deutete auf die Steckbriefe.
„Überwachung. Soll ein Spion sein.“
„Ach, tatsächlich?“ Polowski blickte sich um. „Jemanden gesehen, der wie er aussieht?“
„Niemanden. Ich habe Minute für Minute aufgepasst.“
Polowski zweifelte nicht daran. O’Hanley war einer von den Jungen, die auf Verlangen die Stiefel des Captains mit einer Zahnbürste putzen und gute Arbeit liefern würden.
Polowski holte ein Foto von Cathy Weaver hervor, das Jack Zuckerman nach langem Zureden dem FBI gespendet hatte. „Der Mann könnte mit dieser Frau unterwegs sein.“
O’Hanley runzelte die Stirn. „Die sieht aus wie ... nein, das kann sie nicht sein.“
„Wer?“
„Also, da war vor ungefähr einer Stunde eine Frau, ziemlich abgerissen. So ein Lausebengel ist gegen sie gerannt. Hat sie fast umgehauen. Sie sah wie dieses Mädchen hier aus, nur in viel schlechterer Verfassung.“
„War sie allein?“
„Sie hatte einen alten Kerl bei sich. Schätze, ihr Vater.“
Plötzlich war Polowski ganz Ohr. „Wie sah der alte Mann aus?“
„Richtig alt. Vielleicht siebzig. Buschiger Bart, viele weiße Haare.“
„Wie groß?“
„Ziemlich groß. Über einsachtzig ...“ O’Hanleys Stimme verklang, als sein Blick sich auf den Steckbrief richtete. Victor Holland war einsneunzig. O’Hanleys Gesicht wurde plötzlich weiß. „Oh, Himmel ...“
„War er das?“
„Ich ... ich bin nicht sicher ...“
„Kommen Sie schon!“
„Ich weiß es wirklich nicht. Warten Sie. Die Frau hat einen Make-up-Koffer fallen lassen. Ich habe ihn dort an dem Schalter abgegeben ...“
Ein kurzes Vorzeigen der FBI-Dienstmarke reichte, dass der Angestellte im Fundbüro den Koffer aushändigte. Sobald Polowski das Ding öffnete, wusste er, dass er einen Volltreffer gelandet hatte. Der Koffer war mit Theater-Make-up angefüllt. In den Deckel war eingraviert: Eigentum von Jack Zuckerman Productions.
Er knallte den Deckel zu. „Wohin sind sie gefahren?“
„Sie ... ah ... sie sind in einen Bus dort drüben gestiegen. Um sieben Uhr.“
Polowski blickte auf den Fahrplan. Um sieben Uhr war Nummer vierzehn nach Palo Alto abgefahren.
Er brauchte zehn Minuten, um den Bahnhofsmanager von Palo Alto an den Apparat zu bekommen, weitere fünf Minuten, um den Mann zu überzeugen, dass es sich bei dem Anruf um keinen Scherz handelte.
„Die
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