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Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
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Henry.
    »Etwas Gras und hohe Bäume und den Himmel. Und dann habe ich aus Versehen in die Sonne gesehen. Aber ein großer Felsen war da auch noch. Lass uns das Sichtfenster wieder aufsetzen. Ich will wissen, was es sonst noch zu sehen gibt.«

    »Lass mich zuerst noch mal reinschauen.«
    Was Henry sah, war grün und stand auf dem Kopf. Er sah hohes Gras, das sich um das Ende des Rohrs herum sanft wiegte. Darunter befand sich die graue, mit Moos bewachsene Oberfläche von etwas, das ein großer Fels zu sein schien. Noch ein wenig unterhalb sah man die Wipfel von sehr hohen Bäumen, vor allem aber einen sehr blauen Himmel. Und an diesem blauen Himmel stand eine einzige Wolke.
    Henry hob das Sichtfenster ein wenig an und versuchte, den Felsen genauer ins Visier zu bekommen. Er brauchte nicht lange, um ihn wiederzuerkennen. Und nachdem er ihn wiedererkannt hatte, sah er, dass an seinem linken Ende etwas lag, das aussah wie Knochen. Ein Schädel, die Nase nach oben gerichtet, lehnte an der grauen Wand des Felsbrockens. Darunter breitete sich gelb und elfenbeinfarben durchsetztes Moos aus. Henry konnte nicht allzu gut sehen, aber er erkannte eine lange Schnauze und den Teil einer Augenhöhle und die Zahnreihe eines Oberkiefers mit großen Reißzähnen. Zuerst dachte er: Wolf. Dann: Hund. Und schließlich: Schwarzer Hund. Henry setzte sich rasch auf.
    Er hatte seinen Traum beinahe schon wieder vergessen, aber der Gedanke an den schwarzen Hund brachte mit einem Schlag alles zurück. Alle Bilder seines Anstiegs,
die Bäume und der Fels schwirrten durch seinen Kopf.
    »Wir sind in der Spalte des alten Baumes«, sagte er.
    »Wie bitte?«, fragte Henrietta. »Wovon redest du eigentlich?«
    »Ich habe von diesem Ort schon mal geträumt«, antwortete Henry. Und er erzählte ihr alles, vom Anfang bis zum Ende.
    »Wir sehen aus der Spalte des alten Baumes heraus, dort, wo der große schwarze Hund gescharrt hat.«
    Einen Augenblick lang saß Henrietta reglos da und schwieg. Auch Henry rührte sich nicht und fragte sich, was er denken sollte.
    »Dann lass uns jetzt mal nach Endor sehen«, schlug Henrietta vor.
    »Wie bitte?«
    »Die schwarze Tür. Lass uns jetzt mal durch sie durchsehen!«
    Henry schüttelte den Kopf. »Ich will nicht. Mir wird sonst wieder schlecht.«
    »Nein, wird es schon nicht«, antwortete Henrietta. »Du hast doch von dieser Tür nichts Schlimmes geträumt, oder? Oh, wir müssen sauber machen, wo du hingekotzt hast. Ich habe keine Lust, im Dunkeln auf dem Handtuch auszurutschen.«
    »Ich habe schon sauber gemacht«, sagte Henry. »Als
du in der Scheune warst. Aber ich habe das Klo mit dem Küchenpapier verstopft.«
    »Ist es übergelaufen?«
    »Solange ich dabei war, jedenfalls nicht.«
    Henrietta lachte. »Du hast es einfach so gelassen?«
    »Ja.«
    »Direkt neben dem Klo steht ein Pümpel. Jetzt lass uns durch die schwarze Tür sehen.«
    »Ich will nicht.«
    »Na gut, dann kannst du dich ja draußen auf den Dachboden setzen und ich sehe allein hinein.« Henrietta rutschte an die Wand heran. »Oder geh runter und mach die Verstopfung im Klo weg! Du bist ja noch schlimmer als Penny. Die ist auch nie neugierig.«
    Henry stand auf. Er sagte nichts. Alles, was er hätte sagen wollen, hätte kindisch geklungen. Er wusste genau, dass er vor der schwarzen Tür Angst hatte - und er hatte das Gefühl, dass er allen Grund dazu hatte. Aber es war ihm peinlich, dass er sich übergeben hatte, und er fühlte sich von Henrietta lächerlich gemacht. Daher öffnete er seine Zimmertür, trat mit einem leisen beleidigten Grunzen hinaus, um sich des verstopften Klos anzunehmen. Er schloss die Tür hinter sich und hoffte, dass Henrietta sich im Dunkeln ein bisschen fürchtete.
    Henry hatte noch nie einen Pümpel in der Hand gehabt. Allerdings gab es ja auch nicht viel, was er schon
mal in der Hand gehabt hatte. In langweiligen Büchern, die er von seinem Vater zu Weihnachten oder zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte, hatte er über allerlei Erfindungen und Technologien gelesen. Daher hatte er ein bisschen Ahnung vom Zulaufmechanismus in Toiletten-Spülkästen, von Abwasserreinigung und von Antiblockiersystemen bei Bremsen. Über Klopümpel hatte er allerdings noch nie etwas gelesen.
    Der Pümpel, mit dem er jetzt hantierte, war etwas unhandlich. Das rostrote Gummiteil am unteren Ende stülpte sich irgendwie immer um. Aber Henry nahm darauf einfach keine Rücksicht. Und als er schließlich die Spülung drückte, nachdem er ein

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