Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
Ergebnis wenigstens sechs oder sieben Leute braucht, die man auf Märkte und Tavernen ansetzt.«
Uberto konnte dafür nicht das Geld des Klosters benutzen. Dem Verwalter wäre dies aufgefallen, und er hätte es sofort dem Prior berichtet. Andererseits konnte Uberto jedoch auch nicht auf die Sondervermögen der Inquisition zurückgreifen, da Rinaldo da Concorezzo jeden Posten bis zum letzten Soldo nachprüfen würde. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als diese Ausgaben aus seinem eigenen Vermögen zu bestreiten.
»Streck du das Nötige vor«, sagte er deshalb zu Guido. »Ich werde dich bezahlen, sobald der Erzbischof abgereist ist.«
Als der ehemalige Mönch auf diese Worte hin das Gesicht verzog, schnürte es ihm vor Zorn die Eingeweide zusammen. Er wusste genau, was sein Gegenüber sagen wollte.
»Vater, leider verfüge ich nicht über so viel Geld«, jammerte
Guido dann auch prompt. »Wenn es nur um mich ginge, würde ich ja gern warten, aber die anderen Männer, die das Volk aufhetzen sollen, müssen sofort bezahlt werden. Außerdem müssen sie mit genügend Geld ausgestattet werden, damit sie eine Lokalrunde ausgeben können, um eine günstige Stimmung zu schaffen für das, was sie sagen.«
Während Uberto die Lippen zu einem schmalen Strich zusammenpresste, starrte er Guido lange an, doch der hielt seinem Blick stand. Der Inquisitor war empört. Dieser Mann, der von Intrigen lebte, unter Mördern und Dirnen, wagte es, ihn herauszufordern. Er hatte gespürt, dass Uberto beim Erzbischof in Ungnade gefallen war, und war deshalb nicht mehr bereit, ein Risiko einzugehen, falls er nicht sofort dafür bezahlt wurde. Der Inquisitor spürte plötzlich einen unbändigen Drang nach Rache, aber es gelang ihm, sich zu beherrschen. Nicht Guido war sein Feind, sondern die anderen, seine Vorgesetzten und seine Untergebenen, die sich gegen ihn verschworen hatten. Sie mussten aufgehalten werden, und Guido war der Einzige, auf den er dafür zurückgreifen konnte.
»Komm mit«, sagte er schließlich und machte sich auf den Weg zu seiner Zelle.
Als sie an der Tür waren, ließ er ihn eintreten, holte eine mit Münzen prall gefüllte Börse aus weichem Leder unter dem Strohlager hervor und warf sie ihm verächtlich hin. Arlotti fing sie im Flug auf, wog sie kurz in den Händen und ließ sie dann unter seiner Tunika verschwinden.
»Dort drinnen sind ausreichend florentinische Gulden und Bolognini, um alles zu bezahlen« sagte Uberto. »Sieh nur zu, dass du gute Arbeit machst.«
»Ihr werdet zufrieden sein, Vater«, antwortete der ehemalige Mönch mit einem verschlagenen Lächeln. Dann fügte er beinahe besorgt hinzu: »Bei solchen Gelegenheiten gibt es aber immer ein paar Tote. Frauen werden in den Gassen
vergewaltigt und getötet, Kinder zertrampelt, es kommt zu Messerstechereien … Ist die Meute erst einmal losgelassen, ist sie nicht mehr zu kontrollieren. Das solltet Ihr wissen, bevor Ihr eine Entscheidung trefft.«
»Ich weiß, und ich bedaure es«, erwiderte Uberto. Ein Schauder lief ihm über den Rücken bei dem Gedanken an das, was er gerade in die Wege leitete. »Doch hier geht es darum, den christlichen Glauben gegen einen Mörder zu verteidigen, der nicht gezögert hat, seine Seele im Tausch für irgendwelche schändlichen Vergünstigungen zu verkaufen, und gegen einen Prälaten, der zu schwach für das Amt ist, das er bekleidet. Leider ist dieses Opfer notwendig.«
»Wenn es ein Opfer für den Glauben ist, bin ich einverstanden«, sagte Guido. »Aber wenn alles vorbei ist, will ich unverzüglich den Generalablass, den Ihr mir versprochen habt. Ich muss von allen Sünden freigesprochen werden, die ich beim Erfüllen Eurer Befehle begangen habe.«
»Keine Sorge, du wirst ihn schon erhalten«, antwortete Uberto. »Jetzt geh, lass uns keine Zeit verschwenden.«
Guido Arlotti verließ ohne eine Antwort den Raum. Uberto wollte ihm schon folgen, aber aus einem plötzlichen Impuls heraus warf er sich auf die Knie und begann inbrünstig zu beten. Guido würde seinen Ablass bekommen, aber wer würde ihn lossprechen? Er bat Gott mehrmals um Verzeihung für das, was er plante, für die Menschen, die seinetwegen sterben würden und für die Lügen, die er aussprechen müsste. Nur die Gewissheit, auf der Seite des Rechts zu stehen, gab ihm die Kraft, diesen Weg weiterzuverfolgen. Sicher, er wollte damit auch sich selbst retten, aber einzig und allein, weil er wusste, dass er der Kirche bei der Verteidigung des Glaubens
Weitere Kostenlose Bücher