Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
dass das, was ich getan habe, unverzeihlich ist, und ich begehre auch von niemandem Vergebung.
Bald werde ich in meinem Grab liegen, beschützt von dem, der Bologna beschützt. Wir sind einander begegnet, als der Verlauf unserer Lebenswege nicht mehr zu ändern war. Gott ist nicht gerecht, einigen gibt er mit vollen Händen und anderen nimmt er alles.
Aber ich möchte wenigstens ausschließen, dass Du für ein Verbrechen verurteilt wirst, das Du nicht begangen hast.
Lies meine Geschichte, mehr verlange ich nicht von Dir.
Fiamma
Diese Worte hatten sich in Gerardos Kopf eingebrannt. Er hatte nur diesen Brief lesen können, bevor ihn die Sbirren ergriffen hatten, um ihn zum Inquisitor zu bringen. Sobald er erschöpft, mit Schmerzen und einem ausgekugelten linken Arm in seine Zelle zurückkehrte, galt sein erster Gedanke jedoch dem Rest, den er dringend lesen wollte.
Im Dunkeln steckte er die Hand unter das feuchte Stroh und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als er feststellte, dass das Tagebuch noch an seinem Platz war. Er fand auch die Öllampe, musste allerdings erst wieder ausruhen, weil ihn selbst diese leichten Aufgaben übermäßig erschöpft hatten. Als er sich erholt hatte, erkundete er auf allen vieren die gesamte Zelle, tastete den Boden ab und fuhr mit den Händen sogar an den Wänden und der Decke entlang, auf der Suche nach etwas, das er als Feuerstein benutzen konnte.
In einem Winkel fühlte er eine Ritze, schob die Fingernägel darunter und presste, bis es ihm gelang, einen Splitter des Ziegelsteins abzubrechen.
Arme und Schultern schmerzten ihn so sehr, dass es ihm unmöglich
war, den Splitter kräftig genug über den Boden zu ziehen, um eine Flamme zu erzeugen. Nach einigen vergeblichen Versuchen ließ sich Gerardo ermattet bäuchlings auf den eiskalten Boden fallen.
Trotz des Verhörs und der Aussicht, am nächsten Tag wieder gefoltert zu werden, drehten sich seine Gedanken ausschließlich um Fiammas Brief. Die Tatsache, dass sie ihm so vertraulich geschrieben hatte, löste in ihm ein schwer zu erklärendes Gefühl aus. Doch die Bedeutung dieser Sätze hatte ihm Angst eingejagt. Was konnte sie so Furchtbares getan haben, dass sie es für unverzeihlich hielt? Warum war sie so sicher, dass sie bald im Grab enden würde? Und worauf spielte sie an, wenn sie von einem Verbrechen schrieb, das er nicht begangen hatte? Auf Angelo da Piczano? Doch woher wusste sie das? Die Antworten auf diese Fragen mussten sich in dem Heft befinden, aber um es zu lesen, brauchte er Licht.
Gerardo versuchte vergeblich aufzustehen. Die Ruhe und die Feuchtigkeit schienen seine Glieder noch weiter versteift zu haben. Schließlich schlief er auf dem Boden ein, auf einer Seite zusammengerollt wie ein Hund, den Kopf auf einem Arm abgelegt.
FÜNFZEHN
A ls sich Bilder von Rainerio auf dem Totenbett in seinen Halbschlaf mischten, riss Mondino schuldbewusst die Augen auf. Wie hatte er nur seinen Vater vergessen können?
Er stand hastig auf, zog sich leise an und verließ das Zimmer, ohne den Mut zu haben, Adia zu wecken. Vielleicht würden sie einander nie wiedersehen - doch in diesem Moment fühlte er sich nicht stark genug für einen schmerzlichen Abschied.
Draußen war es noch dunkel, aber in den unteren Räumen war der Gastwirt bereits auf den Beinen und verteilte schniefend, hustend und spuckend mit einer Heugabel sauberes Stroh auf dem Boden. Trotz der Hitze hatte er sich wohl eine Erkältung zugezogen. Mondino brummte einen Gruß, ohne ihn anzusehen, zahlte das Essen vom vergangenen Abend und trat auf die Straße hinaus. Am Hafen bestieg er das erste Boot, das er fand, akzeptierte den Wucherpreis des Schiffers, ohne Zeit mit Verhandeln zu vergeuden, und ertrug nur ungeduldig die langsame Fahrt stromaufwärts auf dem Boot, das von einem Maulesel auf dem Treidelpfad längs des Ufers gezogen wurde. Als er in Bologna ankam, war die Sonne gerade aufgegangen und ließ die roten Ziegel der Stadt aufleuchten. Er stieg aus, sobald sie die Circla erreicht hatten, und vor den großen Salzlagern fand er sofort jemanden, der ihn auf einem Eselskarren mitnahm. Kurz darauf betrat er sein Heim verstohlen wie ein Dieb und flehte Gott inständig an, dass sein Vater inzwischen nicht gestorben war, ohne dass er ihn noch einmal hätte wiedersehen können.
Uberto war früh aufgestanden, weil er von Guido die letzten Neuigkeiten erfahren wollte, bevor der Erzbischof ihn den ganzen Tag mit Beschlag belegen würde, um noch einmal
Weitere Kostenlose Bücher