Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
einmal ernsthaft über die Bedingungen unserer Zusammenarbeit sprechen. Ich habe mehr als fünfzehn Jahre darangesetzt, um meine Medizinschule auf den Weg zu bringen. Und ich werde nicht zulassen, dass du dies alles nur für deine Ideen wegwirfst.«
Nach diesen Worten drehte er ihm den Rücken zu und ging zum Tisch zurück. Obwohl er aufgebracht war, lächelte er den Gästen links und rechts zu und tauschte mit ihnen heitere Bemerkungen über die Musik und die Akrobaten aus, die sie in der Pause erfreuten. Mondino beneidete seinen Onkel um diese Gabe, sich in Gesellschaft angemessen benehmen zu können, ein Talent, über das er nur in geringem Maße verfügte. Es war kein Zufall gewesen, dass die acht Weisen der Welfen gerade ihn ausgewählt hatten und nicht seinen Onkel oder seinen Vater, als sie im Jahr 1299 die Liste mit den zweihundert Ghibellinen zusammenstellten, die sie in die Verbannung schicken wollten.
Wegen seiner Ideen hatte man Mondino auf drei Jahre nach Faenza verbannt. Während dieser Zeit hatten sein Vater und sein Onkel für die Familie gesorgt. Um die Strafe zu bezahlen und zurückkehren zu dürfen, hatte Mondino alles aufgewandt, was er besaß, und selbst das hatte noch nicht genügt. In den letzten Jahren war es ihm leidlich gelungen, sich erneut ein bescheidenes kleines Vermögen aufzubauen, weil er ein guter Arzt war; und ausgerechnet jetzt musste Gerardo kommen und ihn erneut in Schwierigkeiten bringen.
Nein, nicht einmal das stimmte. Gerardo war gekommen und hatte ihn um Hilfe gebeten, aber er hätte sie ihm verweigern
können. Liuzzo an seiner Stelle hätte die Wachen gerufen und der Gerechtigkeit ihren Lauf gelassen.
Und ganz bestimmt hätte sich Liuzzo nicht von dem Traum verführen lassen, hinter das Geheimnis zu kommen, wie man Blut in Eisen verwandelte.
Mondino verließ mit schweren Schritten den Raum, bevor die Pause zwischen den Gängen endete und jemandem seine Abwesenheit auffiel. Er wollte sich weder verabschieden noch Erklärungen abgeben müssen. Es war besser so. Sein Onkel würde ihn schon entschuldigen.
Kaum dass er das Haus verlassen hatte, trat er in einen Pferdehaufen, weil Mondino so in Gedanken versunken war, dass er nicht darauf achtete, wohin er seine Füße setzte. Er musste stehen bleiben und seinen Lederschuh mit einem Stöckchen säubern. Liuzzos Worte gingen ihm nicht aus dem Kopf.
Er hatte ihn belügen müssen, da er ihm keinesfalls die Wahrheit offenbaren konnte. Jetzt, da eine zweite Leiche aufgetaucht war, wuchs die Gefahr noch, in die er sich und seine Familie gebracht hatte, indem er Gerardo geholfen hatte. Er wusste, dass Liuzzo ihn hart kritisiert hätte, wenn er ihm alles erzählt hätte. Er hätte ihm an den Kopf geworfen, dass er ein unverantwortlicher, impulsiver Dummkopf sei, wie schon in der Vergangenheit. Und das hätte Mondino diesmal nicht ertragen können.
Vor allem, weil er mittlerweile selbst dachte, dass es stimmte.
Das Gespräch begann, sich in die falsche Richtung zu entwickeln. Uberto da Rimini hatte sich die Mühe gemacht, durch unsichere und sumpfige Gebiete bis nach Argenta zu reisen, um sich mit einer wichtigen Bitte an den Erzbischof von Ravenna, Rinaldo da Concorezzo, zu wenden. Er war sicher, dass er die nötigen Argumente zur Hand hatte, um ihn zu überzeugen. Stattdessen hatte der kirchliche Würdenträger sofort sein Vorgehen
wegen des Brandes vom vergangenen Donnerstag kritisiert, das keinen Leichnam zutage gefördert hatte.
»Monsignore, verzeiht meinen Eifer«, sagte Uberto mit zusammengebissenen Zähnen und bemühte sich krampfhaft, möglichst demütig zu blicken. »Aber die Person, die uns dies mitgeteilt hat, hat sich bisher stets als verlässlich erwiesen.«
»Das bezweifele ich nicht«, erwiderte der Erzbischof. »Doch es bleibt bestehen, dass Ihr keine Beweise gefunden habt.«
Genau diese Mentalität eines Winkeladvokaten hatte Rinaldos Karriere in der Kurie begünstigt. Doch Uberto konnte nicht begreifen, wie der Papst einen so schwachen Menschen damit beauftragen konnte, den Prozess gegen die Tempelritter in Norditalien zu leiten, eine Aufgabe, die ganz andere Leute erfordert hätte. Personen, die in Ausnahmesituationen schon einmal bereit waren, die Normen des üblichen Handelns zu überschreiten. Leute wie ihn zum Beispiel.
»Wir haben keine Beweise gefunden, weil sich noch jemand in der Wohnung aufgehalten hat. Anstatt die Tür zu öffnen, hat die Person Feuer gelegt und ist mit der Leiche über die
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