Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
hatte man in den Überresten der Wohnung nichts gefunden.
»Wem gehört dieses Haus?«, fragte Rinaldo.
»Einem Wollhändler, der über jeden Verdacht erhaben ist, Monsignore«, antwortete Uberto. »Aber er hatte die Wohnung im obersten Stockwerk an einen Medizinstudenten vermietet, einen gewissen Francesco Salimbene aus Imola. Wir vermuten, dass es sich um einen Templer handelt.«
»Ihr vermutet es? Steht sein Name denn nicht in den von Euch beschlagnahmten Listen?«
»Offensichtlich handelt es sich um einen falschen Namen, Monsignore«, sagte Uberto. »Außerdem könnte er auch ein Fremder sein, dann würde er in den Listen von Bolognas Komturei nicht aufgeführt.« Er atmete tief durch und fügte hinzu: »Aber vielleicht kennt ihn ja einer der verhafteten Templer. Und dies ist der Grund für meinen Besuch.«
»Wirklich? Werdet deutlicher, Vater.«
Uberto war überzeugt, in der Stimme des Kirchenfürsten einen Hauch Ironie ausgemacht zu haben, doch als er ihm forschend ins Gesicht blickte, konnte er wieder seine Augen im Gegenlicht nicht erkennen. Konnte es sein, dass ein Erzbischof der Kirche Christi sich über einen Mönch der Inquisition lustig machte?
»Ich bin gekommen, um demütig eine Bitte an Euch zu richten, derentwegen ich mich schon früher an Euch gewandt habe und der Ihr bisher Eure Zustimmung versagt habt. Möglicherweise werdet Ihr aber …«
»Sagt mir jetzt nicht, dass Ihr den weiten Weg nur deshalb gemacht habt, um wieder von mir zu verlangen, ich sollte die Folter zulassen!«, polterte Rinaldo aufgebracht. »Was bringt
Euch zu der Annahme, dass ich zustimmen könnte, wenn ich Euch doch schon einmal erklärt habe, dass ich ganz und gar gegen diese Verhörmethode bin?«
Nun, da der Erzbischof sein gutmütiges Verhalten abgelegt hatte, war seinen Worten die ganze Autorität seines Amtes anzuhören. Uberto da Rimini glaubte dennoch fest daran, dass er über die richtigen Argumente verfügte, um ihn zu überzeugen.
»Monsignore, der Prozess wird in weniger als einem Monat abgeschlossen sein, und bis jetzt ist noch kein Beweis gegen die Templer ans Licht gekommen. Ich bin überzeugt, unser Papst, Clemens V. …«
»Wagt es nicht, mit Eurem kleinen Geist den Willen des Stellvertreters Christi auf Erden auszulegen!«, donnerte Rinaldo, wandte sich vom Fenster ab und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. »Solange ich für diesen Prozess verantwortlich bin, werde ich niemals zulassen, dass man mit Folter Geständnisse erpresst. Ihr habt die Reise hierher vergeblich gemacht, Vater Uberto. Geht jetzt und vergesst Eure Buße nicht. Ich werde mir vom Prior berichten lassen, ob Ihr sie hinter Euch gebracht habt.«
Nach diesen Worten wandte er ihm den Rücken zu und nahm endlich auf einem der bequemen Stühle im Saal Platz.
»Es wird alles nach Eurem Willen geschehen, Monsignore«, sagte Uberto mit zusammengebissenen Zähnen. Dann verneigte er sich leicht und ging. Nachdem er den Raum verlassen hatte, schloss er die Tür hinter sich.
Hastig lief er die Treppe hinunter, rief im Vorübergehen einen Novizen zu sich und befahl ihm, die beiden Soldaten seiner Eskorte zu holen, die sicher in der Küche herumlungerten. Als die beiden Männer erschienen, war er schon im Sattel. Sie stellten ihm lieber keine Fragen und saßen ebenfalls auf.
Kurz darauf verließ die kleine Gesellschaft die Burg durch
das Tor und machte sich in leichtem Trab auf den Rückweg nach Bologna.
Die Sonne war hinter einer grauen Wolkendecke verschwunden, die genau zu Ubertos düsterer Laune passte. Dieses Gespräch war ein vollkommener Fehlschlag gewesen.
Nur ein Gedanke hob seine Laune ein wenig: Vielleicht konnte Guido Arlotti, der Mann, den er damit beauftragt hatte, Nachforschungen über Mondino anzustellen, etwas Interessantes herausfinden, wenn er die Totengräber befragte. Falls er konkrete Beweise gegen den Arzt bekäme, würde er ihn verhaften lassen und ihn mit allen Mitteln dazu bringen, ihm den Aufenthaltsort dieses Tempelritters zu verraten, der sich als Student ausgab. Dann würde er den Erzbischof eben vor vollendete Tatsachen stellen.
Uberto war kein Dummkopf, obwohl Rinaldo sich darauf versteifte, ihn wie einen solchen zu behandeln. Er wusste genau, dass man Beweise brauchte, um jemanden anzuklagen. Doch Beweise offenbarten sich nur dem, der wusste, wie er danach suchen sollte, dachte er und zog hart an den Zügeln, um sein Pferd daran zu hindern, dass es am Straßenrand graste.
Gerardo lag auf dem
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