Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman

Titel: Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfredo Colitto
Vom Netzwerk:
dass diese Frau, die so hässlich war wie die Sünde und behaart wie ein Tier, zu einem ihrer Stammkunden ging, um ihm zu gestehen, dass sie ihn verraten hatte. Was hätte sie denn davon? Es war wesentlich wahrscheinlicher, dass sie beschlossen hatte, unbemerkt zu verschwinden. Vermutlich war sie bereits irgendwo an einem sicheren Ort, um jenes Geld auszugeben, das sie mit ihrem schändlichen Handel verdient hatte, und vielleicht, was Gott verhindern möge, ihn von neuem zu beginnen.
    Endlich öffnete sich das Fensterchen wieder, und in der Öffnung erschien das bartlose Gesicht des Novizen. »Leider geht es Bruder Francesco nicht gut«, sagte er. »Er schläft, und mir wurde gesagt, dass er nicht geweckt werden dürfe.«
    »Was ist denn mit ihm?«
    »Nichts Außergewöhnliches«, erwiderte der junge Mann, »sein Hodenbruch hat ihm heute Nacht wieder starke Schmerzen bereitet. Man hat ihn deshalb in die Krankenstation gebracht, wo unser Apotheker ihm einen Schlaftrunk verabreicht hat.« Er lächelte Gerardo entschuldigend an. »Deshalb habe ich Euch so lange warten lassen. Ich habe ihn nirgendwo gefunden.«
    »Das verstehe ich«, meinte Gerardo. »Ich werde an einem der nächsten Tage wiederkommen.«
    »Soll ich ihm sagen, dass Ihr nach ihm gefragt habt, wenn er aufwacht?«
    Gerardo versuchte seinen Worten einen festen Klang zu verleihen. »Nein danke. Er soll sich besser in Frieden erholen, wenn er kann.«

    Das Gasthaus lag direkt hinter der Basilika Santo Stefano, in einer kurzen, dunklen, schlammigen Gasse. Mondino zeigte mit unbewegtem Gesicht dem Soldaten, der auf einer Türstufe saß, seine Erlaubnis vor.
    »Ich muss die Leiche des Deutschen sehen«, sagte er. »Befehl des Capitano del Popolo.«
    Alles war einfacher gewesen als gedacht. Er war zum Palazzo des Podestà gegangen, wo er einen befreundeten Richter gefunden hatte, der ihn sofort zu Pantaleone Buzacarini, dem Capitano del Popolo, geführt hatte, ohne dass er erst im Vorzimmer warten musste. Mondino hatte erklärt, dass es ihm für seine anatomischen Studien nützlich sei, wenn er diesen seltsamen Toten sehen könnte, und der Capitano, ein Ghibelline wie er, hatte ihm auf der Stelle die Genehmigung erteilt. »Wir können uns nicht mit der Inquisition anlegen«, hatte er gesagt. »Deshalb werden wir keine Untersuchungen von Amts wegen über diesen Fall anstellen, solange sie uns nicht darum bitten. Aber ein Arzt ist kein Richter, und gegen wissenschaftliche Neugier können sie nichts sagen.«
    Es war klar, was er damit meinte: Ihm waren die Hände gebunden, aber es freute ihn, wenn ein weltlicher Bürger sich dort einmal umsah. Und so hatte er ihm eine Erlaubnis ausgestellt, sie unterschrieben und mit zweierlei Siegeln versehen: seinem persönlichen und dem des Volkes mit einem Brustbild des heiligen Petrus.
    Der Soldat tat nicht einmal so, als könne er das Dokument lesen, aber er sah sich beide Siegel sorgfältig an. Schließlich meinte er zufrieden: »Meinetwegen geht hinein. Aber Ihr müsst erst noch die beiden Mönche überzeugen, die das Zimmer bewachen.«
    »Weißt du, wie der Tote heißt?«, fragte Mondino.
    »Wilhelm von Trier, hat man mir gesagt.«
    »Wie hat man herausgefunden, dass er Tempelritter ist?«

    Der Mann zuckte die Achseln. »Ich glaube, er trug einen Brief bei sich. Der Wirt kann Latein, und als er ihn in seinem Gepäck gefunden hat, ist er schnurstracks zu den Mönchen gelaufen.«
    Mondino nickte und ging die Holztreppe in den ersten Stock hinauf. Er begriff sofort, um welches Zimmer es sich handelte, weil zwei blutjunge, ziemlich verängstigt wirkende Dominikaner vor der Tür standen. Sie sagten ihm, dass sie den Befehl hätten, niemanden vorbeizulassen, aber Mondino tat so, als hätten sie nichts gesagt, drückte die Tür auf und betrat den Raum. Die beiden Mönchlein zögerten einen Augenblick zu lang, was Mondino nutzte, um die Tür hinter sich zu schließen und den Riegel vorzulegen. Dann holte er eine mit getrockneten Lavendelblüten gespickte halbe Orange aus der Tasche, die er benutzte, um den Gestank nach Krankheit und Tod zu bekämpfen, und drückte sie unter seine Nase, ohne auf die Schreie der beiden jungen Männer zu achten, die ihm befahlen, er solle sofort den Raum verlassen.
    Liuzzos Beschreibung hatte ihn nicht auf das vorbereitet, was er jetzt vor sich sah. Er hatte erwartet, etwas in der Art vorzufinden wie das, was er bereits kannte. Natürlich gab es Ähnlichkeiten - aber diesmal war der Mörder wesentlich

Weitere Kostenlose Bücher