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Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Versuch zu verstehen, was er mit seiner Bemerkung gemeint hatte. Doch in diesem Augenblick wandte er sich ebenfalls um, sodass sie einander plötzlich ins Gesicht sahen und sich so nah waren, dass ihre Nasen sich fast berührten. Er hatte eine wirklich große Nase. Lilly trat einen Schritt zurück und überließ ihm das Teleskop.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Wir sind hier, aber doch nicht hier«, sagte er leise, wandte sich von ihr weg und blickte in Richtung Westen, am Milk Hill vorbei zu der Hügelkette, die in der Ferne verschwamm, auf den schmalen Kanal, der das Tal durchschnitt, und den Horizont dahinter. Er schaute nicht durch das Teleskop, sondern hatte eine Hand darauf gelegt; in die andere Hand stützte er sein Kinn.
    Sie fragte ebenso ruhig wie er: »Was sehen Sie?«
    Er starrte weiter stumm in die Ferne. Dann holte er langsam tief Luft. »Morgen. Den nächsten Tag. Das nächste Jahr.«
    Sie betrachtete ihn einige Augenblicke und fragte dann leise: »Werden Sie uns verlassen, Mr Shuttleworth?«
    Er atmete abermals tief ein und schien erst jetzt wieder richtig zu sich zu kommen. »Warum sollte ich? Ich habe meine Arbeit hier. Ich habe mich hier niedergelassen. Mir gefällt das Leben in Bedsley Priors. Es ist genau das, was ich wollte.«
    Trotzdem sah er weiter in die Ferne und sie spürte, dass sie ihn nur zu gut verstand.
    Sie verstand, dass er mit diesen Sätzen sich selbst ebenso überzeugen wollte wie sie. Sie erkannte, dass er eine Wahrheit ausgesprochen hatte, die er im Moment noch gar nicht begriff.
    Adam Graves fühlte eine leichte Unruhe, als er Miss Haswell und Mr Shuttleworth in so vertrautem Gespräch beieinander sah. Er hielt den Mann zwar für ungefährlich, war aber trotzdem gegen ihn eingenommen, weil er Miss Haswell so mit Beschlag belegte. Ganz sicher würde er nicht so aufdringlich sein, zu den beiden hinzugehen, aber er konnte auch nicht mehr einfach sitzen bleiben, ganz gleich, wie vernünftig man mit diesem Baylor reden konnte. Er stand auf, um sich die Beine zu vertreten. Außerdem brauchte er dringend eine Atempause von dem durchdringenden Geplapper Lady Marlows und Miss Robbins', zweier sehr hübscher, aber doch etwas lauter Geschöpfe.
    Als er sich von der Gruppe entfernte, rief jemand hinter ihm her: »Graves!«
    Er blickte sich um und sah Roderick Marlow, der ein wenig schwankend aufstand und auf ihn zukam. Er erreichte ihn, ging aber an ihm vorbei und stieg die steile Anhöhe zu der alten Begräbnisstätte auf dem Walker's Hill hinauf.
    Von dort rief er herunter: »Wissen Sie, wie man diese Stätte nennt?« Er wartete gar nicht erst auf eine Antwort: »Adam's Grave. Wussten Sie das?«
    »Ich habe es gehört, ja.«
    »Kommen Sie doch zu mir hoch, alter Junge.«
    Graves war auf der Hut. »Warum?«
    »Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    Graves runzelte die Stirn, kletterte aber trotzdem hinauf, wobei er mit seinen glatten Sohlen mehrmals auf dem grasbedeckten Abhang ausrutschte.
    Oben legte ihm Roderick Marlow einen schweren Arm um die Schulter und lachte. »Adam Graves auf Adam's Grave. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, oder? Passen Sie auf, dass Sie nicht fallen.« Marlow schlang seinen Arm noch fester um Adams Hals; jetzt hatte er ihn schon fast im Schwitzkasten. »Ich frage mich, was Miss Haswell in Ihnen sieht.« Er beugte sich ganz dicht zu ihm, bis sie fast mit den Nasen aneinanderstießen. »Sie sind mir ein Rätsel.«
    Wie viele Flaschen Claret hat der Mann getrunken? , fragte sich Adam.
    »Sie sind ihr sehr ergeben, nicht wahr?«, fragte Marlow.
    Adam machte sich empört frei. »Und Sie sind offenbar dem Claret ergeben.«
    »Ja, das bin ich tatsächlich. Ich habe ihn mir selbst verschrieben. Aus rein medizinischen Gründen, versichere ich Ihnen.« Marlow starrte ihn an. » Lieben Sie Miss Haswell?«
    So eine Frechheit ! »Das geht Sie nichts an.« Er war wütend, aber auch verblüfft. Empfand Marlow etwa auch etwas für Miss Haswell? Wo doch alle seine Patienten ihm unentwegt erzählten, wie sehr er sich nach der früheren Miss Powell verzehrte? Trotzdem machte Marlows Frage ihn nachdenklich. Liebte er selbst Miss Haswell wirklich? Er glaubte es. Immerhin hoffte er, sie zu heiraten, sobald er sich etabliert hatte.
    Graves sah, dass Lady Marlow zum Fuß der Anhöhe kam. Geziert rief sie zu ihnen hinauf: »Worüber um alles in der Welt unterhalten Sie beide sich?«
    »Nicht über dich, Cassandra«, schnappte Marlow, »das kann ich dir versichern.«
    Graves trat

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