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Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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wird alles um mich herum schwarz und eine Viertelstunde später wache ich auf und sehe, dass Mama oder dein Vater auf mich herunterblicken.«
    »Wie furchtbar«, murmelte Lilly, aber sie konnte nicht aufhören, auf das lange, scharfe Messer in den weißen Fingern ihrer Freundin zu starren. Sie sagte leise: »Ich bete für dich, Mary.«
    Mary zuckte zusammen. »Wofür?«
    Lilly prallte förmlich zurück. »Nun, dass du gesund wirst … geheilt, meine ich.«
    Mary zuckte die Achseln. »Du hast doch gehört, was Dr. Graves gesagt hat. Es gibt keine Heilung. Und Wiltshire hatte bereits sein Wunder.« Sie grinste. »Wir dürfen nicht gierig werden.«
    Sie schnitt den Lauch fertig und sah Lilly dann ernst an. »Wenn du für mich betest, dann bete, dass ich dieses Kreuz fröhlich trage. Dass ich ein Segen bin für meine Mutter und … für alle.«
    »Das bist du jetzt schon.«
    Mary quittierte die Antwort mit einem Nicken. »Ich habe einmal gehört, wie Dr. Foster zu Mama gesagt hat, sie sollte mich in eine Anstalt stecken. Er hat es nur ein einziges Mal gesagt. Seither ist er hier nicht mehr gern gesehen.«
    »Deine Mutter hatte recht«, sagte Lilly hitzig. »Du gehörst nicht in eine Anstalt – du gehörst hierher, zu den Menschen, die dich lieben.«
    »Ich weiß, aber …« Mary legte das Messer hin und wischte sich die Hände an einem Handtuch ab. »Manchmal denke ich, es würde mir helfen, wenn ich mit jemandem reden könnte, der weiß, wie es ist. Habe ich die gleichen Erfahrungen oder andere? Bin ich wirklich so seltsam, wie ich mir vorkomme?«
    Lilly sah, dass sie dringend in den Laden zurück musste, und stand auf. »Das kann ich dir beantworten«, sagte sie verschmitzt. »Du bist äußerst seltsam, Mary Helen Mimpurse.«
    Mary grinste und strich sich mit dem Handtuch über ihren Rock.

37

    In allem müssen wir auf den höchsten Lenker aller irdischen
Dinge und auf die Gerechtigkeit unserer Sache vertrauen.
    Admiral Horatio Nelson
    Später am selben Tag bereitete Lilly in der Labor-Küche einen starken Kamillenabsud zu, den sie als Haarspülung und, mit einer anderen Verpackung und Etikettierung, als Spülung gegen Zahnschmerzen und Zahnfleischentzündung verkauften. Sie hörte Charlie im Laden werkeln. Wahrscheinlich spielte er wieder mit dem Meerschweinchen.
    »Charlie!«, rief sie und nahm den Deckel von dem großen Topf, der auf dem Herd stand, um nachzusehen, ob das Wasser schon kochte. »Vergiss nicht, Mrs Kilgrove ihre Tabletten zu bringen. Sie liegen auf der Theke.«
    »Ja, Lilly.« Einen Augenblick später rief Charlie: »Meerschweinchen mögen Kamille, oder?«
    »Was?«
    »Das Meerschweinchen. Mag es Kamille?«
    Sie legte den Deckel zurück und rief: »Ja.«
    Heute Morgen hatte sie ein Fläschchen mit Kamillentabletten für Mrs Kilgrove zubereitet. Sie beruhigten ihren Magen und halfen ihr einzuschlafen. Die meisten Menschen tranken in diesem Fall einen Tee, doch Mrs Kilgrove mochte den Geschmack nicht. »Riecht wie Tabak, schmeckt wie Viehfutter«, pflegte sie sich zu beschweren. Lilly fragte die alte Frau nicht, woher sie das wusste.
    »Darf ich ihm ein paar geben?«, rief Charlie.
    »Ja. Aber nur ein paar. Aus der Schublade.«
    Da sie die letzte getrocknete Kamille verwendete hatte, die sie vorrätig hatten, hatten sie und Charlie früh am Morgen frische Kamillenblüten geerntet. Ihr Rücken tat ihr immer noch weh.
    Lilly schaute nach dem Feuer. Sie legte noch ein paar Kohlen auf, damit das Wasser weiter siedete. Jetzt musste sie die winzigen Blüten eine halbe Stunde ziehen lassen.
    Sie würde gerade noch rechtzeitig fertig werden, um den Herd Mrs Fowler zu überlassen, damit diese das Abendessen zubereiten konnte. Sie war so froh, dass die gute Frau wieder für sie arbeitete. Sie kochte nicht nur, sondern erledigte auch die Wäsche und putzte im Wohnbereich.
    Während der Sud zog, breitete Lilly die übrigen Blüten auf einem Leintuch aus. Dann trug sie die erste Portion drei Treppen hoch auf den warmen Kräuter-Trockenboden, wo die Pflanzen ohne direkte Sonneneinwirkung trocknen konnten. Später würde sie die getrockneten Blüten dann in fest verschließbare Gefäße füllen.
    Als sie wieder herunterkam, hörte sie die Ladenglocke läuten. Sie wischte sich die Hände an der Schürze ab und ging in den Ladenraum. Seltsamerweise war er leer. Das war doch wohl nicht Charlie gewesen, der gerade erst gegangen war? Sie hatte gedacht, er sei schon seit zehn Minuten weg. Sie überlegte – nein, sie

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