Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
befriedigen?
    Einen Augenblick wartete er, doch als sie schwieg, verbeugte er sich. »Erlaubt mir, dass ich mich verabschiede.«
    Melisend lächelte versöhnlich. »Natürlich, Burggraf. Ich wollte Euch gewiss nicht aufhalten.«
    Unwillkürlich erwiderte er ihr Lächeln, dann wandte er sich zum Gehen.
    Bandolf hatte sich schon einige Schritte entfernt, als er plötzlich ihre leise Stimme in seinem Rücken hörte. »Und was wird aus Eurem Schreiber, wenn mein Gatte sein Versprechen nicht hält?«
    Verblüfft drehte er sich wieder um.
     
    Mein Gatte tut niemals etwas, das ihm nicht zum Vorteil gereicht.
    Mit einem Ächzen fuhr der Burggraf aus seinem unruhigen Schlaf. Er streckte die Hand aus, tastete nach Matthäas warmem Körper, noch ehe er die Augen aufgeschlagen hatte, und wie jedes Mal überflutete ihn die Enttäuschung, den Platz neben sich leer zu finden.
    Er gähnte, rieb sich die Augen und setzte sich auf. In der Halle war es dunkel. Das Herdfeuer war bereits zur Hälfte heruntergebrannt, und die schwelenden Holzscheite verbreiteten ein schummriges Licht, das nicht weiter trug als bis zu Bruder Fridegist, der zwei Armeslängen von ihm entfernt schnarchte.
    Obwohl das Feuer kaum noch Wärme abgab, war es in der Halle so warm und stickig, dass Bandolf es mühsam
fand zu atmen, und das Kribbeln in seinen Gliedern verriet ihm, dass es zwecklos war, die Augen wieder zu schließen.
    Schwerfällig stand er auf. Mit Hilfe eines Kienspans zündete er eine Talglampe am Herdfeuer an, spülte den faden Geschmack in seinem Mund mit dem ebenso faden Met aus einem Krug hinunter, der noch auf der Tafel stand, und tappte zur Wendeltreppe hinüber. Er hoffte, die frische Nachtluft auf dem Ausguck würde helfen, dass seine vom Schlaf umnebelten Gedanken wieder klarer wurden.
    Oben angekommen, fand er den Reisigen, der Wache halten sollte, in friedlichem Schlaf mit dem Rücken an die Brüstung gelehnt.
    »Verdammnis«, knurrte er halblaut und war versucht, den Mann mit einem unsanften Tritt in die Seite zu wecken. Doch dann ließ er es bleiben. Er würde dem säumigen Kerl die Leviten lesen, wenn er wieder ging.
    Mit einem tiefen Atemzug beugte sich der Burggraf über die Brüstung und warf einen Blick in den sternenklaren Nachthimmel. Müßig fragte er sich, ob Matthäa wohl dieselben Sterne sehen würde, stünde sie jetzt im Hof seines Hauses in Worms und würde hinaufschauen. Unwirsch schüttelte er den Kopf. Sein Weib würde jetzt hoffentlich in ihrer Bettstatt schlummern, und sie täte gut daran, dachte er. Wie häufig in letzter Zeit schlich sich in sein Sehnen nach seinem Zuhause und Matthäa auch die besorgte Frage, ob es ihr und seinem Sohn, den sie unter ihrem Herzen trug, denn gut ginge.
    Ein Lächeln glitt über sein breites bärtiges Gesicht. Er war so selig über die Nachricht gewesen, dass er schnurstracks seinen Beutel geleert und die Stiftskirchen von Worms mit großzügigen Spenden beglückt hatte. Doch unter all seine Freude mischte sich seither auch stets die unterschwellige Angst, etwas Unvorhergesehenes könnte geschehen,
um sein Glück zu trüben und ihm Matthäa und seinen Sohn zu nehmen.
    Der Burggraf seufzte. An Herz Jesu, zu Anfang des Monats, hatte er die letzte Nachricht von seiner Gattin bekommen, überbracht von einem Boten, den sie eigens beauftragt hatte. Alle seien wohlauf, hatte es geheißen. Doch inzwischen war wieder etliche Zeit ins Land gegangen, und er konnte nur hoffen, dass die Heilerin tat, was sie versprochen hatte, und mehr als nur ein Auge auf Matthäa und sein ungeborenes Kind haben würde.
    Der Ruf einer Eule durchbrach die nächtliche Stille, und kaum war der tiefe Ton verklungen, hörte Bandolf den schwachen Nachhall der Glocke von Sankt Mauritius.
    ›Matutin‹, dachte er unwillkürlich. Für die Prim war es noch zu dunkel. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er nach Norden, wo irgendwo in diesem tiefdunklen Schatten, mit dem sich der Wald vom Nachthimmel abhob, sein junger Schreiber verängstigt in einer Zelle eingesperrt vor sich hindämmerte.
    Was, zum Teufel, war nur passiert?
    Seit er die Krähenburg verlassen hatte, ging ihm die Frage nicht mehr aus dem Kopf, und das, was die junge, sprunghafte Melisend dazu zu sagen wusste, hatte nicht zu seiner Beruhigung beigetragen.
    Was aus seinem Schreiber würde, wenn Tidread sein Versprechen nicht halten würde, hatte sie gefragt, und als er wissen wollte, was sie damit meinte, geantwortet: »Mein Gatte tut niemals etwas, das

Weitere Kostenlose Bücher