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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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hochgewachsen, doch von wuchtiger Gestalt mit breiten Schultern und kräftigen Armen.
    »Das ist Stephan von Blois«, stellte er den jungen Mann
vor, der den Platz zu seiner Rechten einnahm. Dann wandte er sich mit einer großartigen Geste an den jungen Stephan von Blois. »Lasst mich Euch mit dem Burggrafen bekannt machen, Stephan. Dem Burggrafen von … von … Wie hieß Euer Städtchen noch gleich?«, fragte er mit einem raschen Seitenblick auf Bandolf. »Wurmlingen? Wurm?«
    Mit dem stummen Wunsch, Tidread möge der Blitz treffen, half der Burggraf ihm auf die Sprünge. »Worms.«
    »Worms.« Tidread lächelte. »Natürlich. Verzeiht.«
    Bandolf zuckte mit den Schultern. » Wie könnte ich es einem Mann verübeln, dass er offenkundig noch nicht weit herumgekommen ist?«
    Tidreads Lächeln verschwand. Er schnaubte, und Bandolf wandte sich mit stiller Genugtuung an Stephan von Blois. Grüßend nickte er ihm zu. »Was führt Euch in den Harudengau?«
    Der junge Mann schien sich das Geschnäuf geholt zu haben. Seine Augen tränten, und er schnaufte schwer durch seine rote Nase. »Verwandtschaft und Geschäfte, Burggraf«, nuschelte er, nieste und schnäuzte sich in den Ärmel seiner Tunika.
    Neben Tidreads Grobschlächtigkeit wirkte der Sohn des Grafen von Blois-Champagne geradezu weibisch zart. Wohl hatte er ansprechende Züge, doch hätte sein schmales Gesicht einnehmender gewirkt, wäre es weniger bleich und der Ausdruck weniger verdrossen gewesen. Das dunkle Haupthaar trug er nach neuester Mode gestutzt, sein schlanker Leib steckte in einer Tunika, die reichlicher mit Stickereien übersät war, als Bandolf je bei einem Männergewand gesehen hatte, und er verströmte einen süßlichen Geruch nach Lavendel und Schweiß. Heilige Jungfrau, der junge Schnösel parfümierte sich! Bandolf unterdrückte ein Grinsen.

    »Bringt noch einen Krug Met, Weib!«, bellte Tidread quer durch die Halle. »Der Mann wird durstig sein. Wie ich höre, steht es mit der Verpflegung auf seinem Steinhaufen nicht zum Besten.« Mit einer nachlässigen Handbewegung forderte er den Burggrafen auf, sich zu setzen.
    Kaum hatte Bandolf sich auf die schmale Bank gezwängt, Stephan von Blois gegenüber, als eine Frau, augenscheinlich jünger noch als der Welsche, aus einer schattigen Ecke hinter dem Herdfeuer auftauchte und einen Krug auf den Tisch stellte.
    »Melisend von Souburg. Mein Weib«, erklärte Tidread beiläufig, doch Bandolf hörte die stolze Befriedigung in seiner Stimme.
    Zur Begrüßung neigte die junge Frau den Kopf. Sie warf dem Burggrafen einen raschen, neugierigen Blick zu und hatte sich schon wieder umgedreht, bevor Bandolf ihren Gruß erwidern konnte.
    Mehr als den flüchtigen Eindruck ihres weizenfarbenen Haars, das sie zu einem losen Kranz geflochten wie eine Krone auf ihrem Kopf trug, und eines zum Kinn hin spitz zulaufenden Gesichts, das mit Sommersprossen übersät war, hatte er nicht von ihr gesehen.
    »Hat Seine Gnaden, der König, noch eine Hufe aus meinem Besitz übersehen, von der er glaubt, dass sie ihm gehört? Oder was sonst führt Euch zu mir?«, erkundigte sich Tidread mit hohntriefender Stimme, beugte sich vor und starrte den Burggrafen durchdringend an.
    Unwillkürlich rückte Bandolf von ihm ab. Die Nase rümpfend, unterdrückte er ein Seufzen. Wie sollte er just diesen Sachsen für sein Anliegen gewinnen? Ihre erste Begegnung hatte unter keinem glücklichen Stern gestanden, waren der Buchenburg doch jene Gebiete aus König Heinrichs Krongut zugefallen, die Tidread zu seinem Herrschaftsgebiet
gezählt hatte. Der Herr von Krähenburg hatte den Burggrafen denn auch zwischen Tür und Angel abgefertigt.
    Um Zeit zu gewinnen, kramte Bandolf umständlich seinen Becher aus dem Beutel, der an seinem Schwertgurt hing, und schenkte sich aus dem Krug ein. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Tidread ihn mit gerunzelter Stirn betrachtete, während Stephan von Blois sich augenscheinlich erschöpft an die Wand hinter sich lehnte.
    »Es geht um eine Angelegenheit, die das Privileg eines Burgherrn betrifft. Eures ebenso wie meines«, sagte Bandolf endlich.
    »Das wäre?«
    Der Burggraf räusperte sich. »Sind Euch die jüngsten Ereignisse im Kloster Sankt Mauritius zu Ohren gekommen? «
    Ein zischender Laut lenkte seine Aufmerksamkeit auf Stephan von Blois. Der junge Welsche riss Mund und Augen auf. Seine rote Nase zuckte. Dann nieste er und nieste, während sich seine Speicheltröpfchen über die Tischplatte

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