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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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hastigen Schluck aus dem Becher und fuhr fort: »Dann sprachen die Männer von der Burggräfin. Ich vermute, dass man sie in irgendeiner alten Kapelle gefangen hält. Früher oder später würde jemand entdecken, dass die alte Kapelle benutzt würde, meinte der
Welsche, und dass es immer schwerer werde, sie ruhig zu halten. Man müsse sich der Burggräfin entledigen, es sei zu gefährlich, sie länger am Leben zu lassen. Ragnold, der Anführer, schien die Ansicht des Welschen zu teilen, während ein anderer Mann, den sie den Falken nannten, dagegen sprach. Er meinte, die Burggräfin wäre ihnen lebend nützlicher.«
    Für einen Augenblick versuchte Joschua abzuwägen, wer von den beiden Männern die Oberhand behalten würde. Der Falke schien sich Ragnolds Entscheidungen unterzuordnen. Dennoch …
    Zweifelnd biss sich Joschua auf die Lippe.
    »Und dann?«, drängte Rifka, als er nicht weitersprach.
    Joschua stöhnte auf. »Irgendetwas, vielleicht ein unbedachtes Geräusch von uns, muss den Welschen auf unser Versteck aufmerksam gemacht haben. Ich weiß nicht, was es war. Er hat sich an uns herangeschlichen. Ich versuchte, die Heilerin zu warnen, aber es war zu spät. Ich konnte mich noch in Sicherheit bringen, aber sie kauerte mit dem Rücken zu ihm, und ehe sie begriff, was ich ihr bedeuten wollte, hatte er sie schon gepackt. Die Männer wollten wissen, ob jemand bei ihr wäre, aber sie sagte, sie sei allein. Der Welsche glaubte ihr nicht, knurrte, sie würde lügen, und trat sie nieder. Und während sie darüber stritten, was nun mit ihr werden solle, konnte ich fliehen. Wenn ihr etwas geschieht …« Joschua schluckte.
    »Du darfst dir keinen Vorwurf machen. Du hättest nichts für sie tun können«, sagte Rifka mit leiser, eindringlicher Stimme. »Es wäre niemandem von Nutzen gewesen, hätten sie dich auch gefangen. Keiner hätte erfahren, was da vor sich geht.«
    »Ich weiß. Dennoch fühle ich mich verantwortlich.« Mit einem Seufzen stand er auf. »Rabbi Jacob muss erfahren,
was geschehen ist, und den Kämmerer so rasch wie möglich davon überzeugen, dass es jetzt zu handeln gilt!«
    »Du hast recht.« Auch Rifka erhob sich. »Ich werde dich begleiten.«

KAPITEL 15
    Unterdessen in Sachsen …
     
    U nbestimmbare Laute drangen in Bandolfs wirre Träume. In seinem schmerzgepeinigten Schädel formten sich vage Gedanken: die Höhle. Regen. Und diese Kälte …
    Aber jetzt war es heiß. Heilige Maria Muttergottes, wieso war es nur so heiß? Die gottverdammte Hitze schien ihn so fest zu umschlingen, als stecke er in heißem Sand fest und würde langsam gegart. Wo, zum Teufel, war er? Noch immer in der Höhle? Aber warum war es so dunkel? Hatte er die Lampe verloren?
    Ein rasselndes Geräusch entfloh seiner Brust, als Bandolf sich mühsam durch die dunkle Hitze vorwärtskämpfte.
    Aus den Lauten formte sich eine Stimme, die aus der Ferne auf ihn zutrieb.
    »Was seid Ihr für ein sturer Mensch! So bleibt doch endlich liegen. Wie soll das Fieber aus Eurem Leib weichen, wenn Ihr Euch so sträubt?«
    Die Worte ergaben keinen Sinn. Wer war das?
    »Matthäa?«, murmelte er. Ihm war so, als müsste er den Sinn der Worte ergründen, doch die Gedanken entglitten ihm so rasch, wie sie gekommen waren, und die Hitze, die ihn umschlang, zog ihn unerbittlich zurück in dunkle Tiefen.

KAPITEL 16
    Sachsen, 4. Juli im Jahre des Herrn 1066
     
    M it geschlossenen Augen lehnte der Burggraf an der Brüstung des Ausgucks und genoss die Wärme der Mittagssonne auf seinem Gesicht. In der luftigen Höhe des Bergfrieds war es angenehm still. Seit die kleine Glocke des Baumeisters die Arbeiter zum Mittagsmahl gerufen hatte, war der Lärm von Hammer und Meißel auf dem Burghof nach und nach verklungen.
    Beim Gedanken an die Mahlzeit, der er just den Rücken gekehrt hatte, öffnete Bandolf die Augen und zog eine Grimasse. Seine sauertöpfische Magd schien sich selbst übertroffen zu haben, und beim Anblick des knusprig am Spieß gebratenen Hasen, den sie ihm kredenzt hatte, war ihm das Wasser im Mund zusammengelaufen. Trotzdem schien der würzige Duft seine schleimgefüllte Nase auf unerklärliche Weise zu beleidigen. Und während sich Bruder Fridegists Stimme wie ein Stachel in seinen Schädel bohrte, hatten all die Gerüche nach Fett, sauren Bohnen, abgestandener Luft, modrigen Binsen und dem Schweiß der Leiber, einschließlich seines eigenen, seinem ohnehin kaum vorhandenen Appetit den Garaus gemacht.
    Ingilds beleidigten Blick schnöde

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